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BallettTester*innen »Endstation Sehnsucht«

Als BallettTester*innen durften Sophie, Judith und Sammy unsere Wiederaufnahme bereits in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen sie von ihren Erlebnissen und Eindrücken.

In der Staatsoper durfte ich das erste Mal bei einer Hauptprobe eines professionellen Ballettstückes zuschauen. Das Stück von Tennessee Williams kannte ich vorher nicht, weshalb ich umso aufgeregter war, die Geschichte auf mich zukommen zu lassen. Wir werden in den Saal geführt und dürfen gemeinsam mit den Fotografen, Technikern und John Neumeier selbst Platz nehmen. Die Stimmung ist ganz anders als bei einer ausverkauften Vorstellung. Irgendwie entspannter, aber deshalb auch umso spannender. Und dann geht der Vorhang auf. Die starken Emotionen von Blanche kommen mit jeder Szene mehr und mehr zum Vorschein. Besonders ihre Wut am Tage ihrer Hochzeit sowie ihr großer Schmerz im 2. Akt, am Höhepunkt des Geschehens, gehen einem sehr unter die Haut. Mit einer Mischung aus klassischem und modernem Ballett wird ihr Charakter und ihre Geschichte verkörpert, was mir sehr gefiel.

Anna Laudere als Blanche DuBois © Kiran West

Der Ausdruck ihrer inneren Gefühle wird nochmal verstärkt durch das Zusammenspiel aus Musik und Stille. Die Musik baut sich immer mehr auf, bis sie zu einem ohrenbetäubenden Klang wird und im nächsten Moment herrscht Schweigen. An einigen Höhepunkten hört man nur einen Schuss, der so laut ist, dass man nicht anders kann, als sich zu erschrecken. Je weiter das Stück voranschreitet, desto mehr gehen Realität und Illusion ineinander über. Das Bühnenbild schmilzt dahin und fällt in sich zusammen, was die Situation des Geschehens und der Charaktere sehr gut widerspiegelt und zu einem eindrücklichen Bild führt. Bühnenbild und Requisite sind nicht nur im Hintergrund des Stücks, sondern werden wichtige Teile der Geschichte, wodurch ein emotionales Gesamtbild entsteht. Das Ende ist eher simpel, aber ergreifend. Die Erzählung macht einen Bogen und schließt wieder an den Anfang an, auf den man nun mit anderen Augen schaut. Man versteht jetzt die Umstände von Blanches Situation und ihre Vergangenheit, doch die Zukunft bleibt offen. Insgesamt ein zutiefst ergreifendes und emotionales Erlebnis.

Sophie, 21 Jahre

»Endstation Sehnsucht« ist ein sehr emotionales Ballettstück. Beginnend in der Irrenanstalt lernt man Blanche kennen. Sie so zu Beginn und am Ende zu sehen, ist für den Zuschauer sehr schockierend. Hingegen die Hochzeit in Belle Rêve verzaubert den Zuschauer: Für diesen Moment taucht man in eine andere, sehr pompöse und friedliche Welt ein. Die festliche Kleidung und die harmonische Stimmung auf dem Ball imponieren sehr. Besonders beeindruckend wirkte der Auftritt von ihrem Mann Allan Gray. Eine wirklich romantische Hochzeit und doch nimmt der Hochzeitstag ein tragisches Ende.

Charlotte Larzelere als Blanches Schwester Stella © Silvano Ballone

Der Tod ist plötzlich allgegenwärtig und das beachtliche Familienanwesen wird verloren. Die tatsächlich fallenden Schüsse sowie die Sirene haben die Dramatik des Stücks nochmals verstärkt. Im zweiten Teil ist der Wechsel der Kulisse sowie insbesondere der Musik sehr auffällig. Hier ist es den Darsteller*innen gelungen, die intimen Momente, die Gewalt und die damit einhergehenden Emotionen aufzuzeigen. Die Szene an den Straßenbahnschienen vermittelt dem Zuschauer das Gefühl, zur damaligen Zeit in New Orleans zu sein.

Blanche DuBois (Ida Praetorius) bei ihrer Ankunft in New Orleans © Kiran West

Mit der erneuten Darstellung der Irrenanstalt, schlicht durch das eine Bett als Hauptrequisite, endet das Drama. Hier zeigt die Hauptdarstellerin erneut auf beeindruckende Weise, wohin sie das Drama schließlich brachte. John Neumeier ist mit seinen Künstler*innen eine erfolgreiche Wiederaufnahme des Stücks gelungen!

Judith, 30 Jahre

John Neumeier, einer der renommiertesten Ballettchoreografen unserer Zeit, hat wieder sein Können mit »Endstation Sehnsucht« unter Beweis gestellt. Dieses Ballett, das auf Tennessee Williams‘ gleichnamigem Theaterstück basiert und von Sergej Prokofjews und Alfred Schnittkes Musik begleitet wird, entführt das Publikum in eine Welt der zerrissenen Träume, der Leidenschaft und des emotionalen Aufruhrs.

Matias Oberlin als Stanley Kowalski mit Anna Laudere als Blanche DuBois © Kiran West

Die Hauptdarsteller waren sehr gut. Die Primaballerina verkörperte Blanche DuBois mit einer tiefen Emotionalität und einer kraftvollen Bühnenpräsenz. Ihr Tanz war anmutig und gleichzeitig zutiefst ausdrucksstark. Der männliche Hauptdarsteller brachte Stanley Kowalskis animalische Energie und Brutalität in jeder Bewegung zum Ausdruck. Die Chemie zwischen den beiden Hauptfiguren war spürbar.

Die eindringliche Musik verlieh der Handlung eine emotionale Tiefe. Die schweren, melancholischen Melodien schufen eine bedrückt-angespannte Atmosphäre, die die emotionalen Nuancen der Handlung unterstrich. Ich schätze dieses Ballett wegen seiner emotionalen Unverfälschtheit. Es hinterlässt Eindruck.

Sammy, 20 Jahre