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BallettTester*innen »Odyssee«

Als BallettTester*innen durften Linn, Fabien und Dionissios unsere Wiederaufnahme bereits in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen sie von ihren Erlebnissen und Eindrücken.

Am 23.02.24 durfte ich mir die Hauptprobe zu »Odyssee«, inszeniert von John Neumeier und nach dem Epos des Homer, ansehen. Zu Anfang des Stückes sah man unten auf der Bühne Odysseus mit seinem Sohn Telemachos und oben auf den Kulissen des Bühnenbilds die griechischen Götter auf dem Olymp. Ich habe eine Weile gebraucht, um in die Handlung hineinzukommen, auch da sie von Odysseus in der Rückblende erzählt wird. Als ich jedoch verstanden hatte, was gerade passierte, wurde ich vollständig in den Bann gezogen. Die Tänze waren unfassbar beeindruckend und brachten, im Zusammenspiel mit der Musik und dem Licht, die Atmosphäre der Geschehnisse perfekt rüber. Die Musik war besonders und es gab einen Sänger, welcher an einigen Stellen auf Griechisch sang. Auch die Kostüme fand ich wirklich toll. Sie waren sehr unterschiedlich, von wunderschön bis fast schon bizarr war alles dabei. Besonders beeindruckt hat mich das Kostüm des Meeres, das aus Kleidern mit sehr langen Schleppen bestand. Wenn sich die Tänzerinnen darin bewegten, haben sie wirklich den Eindruck kleiner Wellen vermittelt. Und wenn sie darin getanzt haben, habe ich mich oft gefragt, wie sie das überhaupt schaffen.

Yun-Su Park als Das Meer und Louis Musin als Telemachos © Kiran West

Ähnlich ging es mir mit dem Kyklopen, auch da fand ich es erstaunlich, wie er in seinem Kostüm so gut tanzen konnte. Die Szenen, die mich am meisten beeindruckten, waren der Überfall auf Ismaros und das anschließende Lazarett. Die Stimmung war sehr bedrückend, was durch die lauter werdenden Geräusche und die Bilder, die auf dem kleinen Bildschirm oben auf dem Olymp gezeigt wurden, noch verstärkt wurde. Ebenfalls sehr toll – und sehr viel fröhlicher – war auch die Szene, als sich Odysseus und sein Sohn, welcher zuvor immer wieder auf der Suche nach seinem Vater zu sehen war, erkennen. Auch das Wiedersehen zwischen dem als Bettler verkleideten Odysseus und seiner Frau Penelope ist toll dargestellt, da man merkt, wie sie immer vertrauter zusammentanzen. Das Ende des Stückes wird von einer großen Gruppe Tänzer:innen rund um Telemachos gebildet, welche in die Verbeugungen übergeht und damit einen tollen Abschluss für das Stück bildet.

Linn, 13 Jahre

Im Rahmen des BallettTester*innen-Angebots des Hamburg Ballett wurde ich zu einer Hauptprobe für das Ballett »Odyssee« eingeladen. Ich war auf diese Probe sehr gespannt, weil ich als Kind eine CD über Odysseus und seine Abenteuer hatte und diese sehr gern und auch häufig hörte. Danach war ich mit dem Mythos von Odysseus eigentlich nur im Lateinunterricht in Kontakt gekommen, der jetzt auch schon ein bisschen zurückliegt. Darum freute ich mich darauf wieder die Sagen von Odysseus erleben und diesmal in einer tänzerischen Interpretation sehen zu können. Die Veranstaltung begann im Foyer der Staatsoper. Nach einer kurzen und sehr freundlichen Begrüßung, in der wir ermutigt wurden, jederzeit Fragen zu stellen, wenn uns etwas interessierte, gingen wir in den Vorführungssaal. Auf der Bühne, die mittig über den Orchestergraben bis hin zu den ersten Sitzreihen des Parketts verlängert worden war, sah man bereits Tänzer, die sich auf die Probe vorbereiteten. In der Mitte des Saals war ein Pult mit verschiedenen Bildschirmen aufgebaut, von dem die Probe geleitet wurde. All diese Eindrücke traten aber schnell in den Hintergrund, als die Lichter gedämmt wurden, die Probe begann und Odysseus und Telemachos auf Fahrrädern über die Bühne fuhren. Diese Idylle war dann bald unterbrochen, als Odysseus in den trojanischen Krieg ziehen musste, dabei trug er nicht Lederrüstung und Kupferschwert, sondern Uniform und Schusswaffe.

Alexandr Trusch als Odysseus und Louis Musin als Telemachos © Kiran West

Über die nächsten zwei Stunden hielten die Choreografie, die Tänzer und Tänzerinnen und die Musik mich dann in einem Zustand andauernder Faszination und Anspannung. Fasziniert war ich, weil ich all die Geschichten wiedererkannte, die mir aus meiner Kindheit vertraut waren und die jetzt in tollen Kostümen großartig vertanzt wurden. Es war Penelope zu sehen, wie sie sich gegen ihre Freier wehrt und auf Odysseus wartend an einem roten Tuch webt und Kirke, die Odysseus Gefährten in Schweine verwandelt, für den Zuschauer durch lautes Grunzen vernehmbar, und Odysseus Kampf gegen den einäugigen Kyklopen Polyphemos. Es waren darüber hinaus auch Szenen aus der »Odyssee« dargestellt, die ich bisher noch nicht kannte, die dadurch aber nicht weniger stark auf mich wirkten. Diese Abenteuer wurden in einer Art Rückblende erzählt und immer wieder stellte sich bei Odysseus Heimkehr das Meer, symbolisiert von Tänzerinnen in langen blauen Kleidern, in den Weg.

Alexandr Trusch als Odysseus und Ensemble © Kiran West

Dabei war das Meer aber nicht Odysseus einziges Hindernis. Die meist bunt und leichtmütig dargestellten Abenteuer von Odysseus, wurden immer wieder unterbrochen von harten, martialischen Szenen von uniformierten Männern, die auch Odysseus immer wieder in seinen kriegerischen, uniformierten Zustand vom Anfang zurückzehrten. Diese Szenen und ein Bildschirm auf der Bühne, der gelegentlich explodierende Gebäude zeigte, führte dazu, dass ich die Abenteuer von Odysseus zwar mit viel Interesse und Freude verfolgte, aber die ganze Zeit auch eine Spannung darüber empfand, wann die nächste gewaltsame Unterbrechung dieser Abenteuer stattfinden würde. Dieser kriegerische Aspekt von Odysseus war eine sehr interessante Ergänzung zu dem Bild vom lustigen und listenreichen Abenteurer, das ich als Kind von Odysseus hatte.
Es war eine wirklich tolle Erfahrung, einer Probe beiwohnen zu dürfen und das Ballett hat mir sehr gut gefallen.

Fabien, 25 Jahre

Am Freitag, den 23.02.2024 durfte ich als BallettTester bei der Hauptprobe der Neueinstudierung des Stückes »Odyssee« in der Ballettfassung von John Neumeier zugucken. Das Stück war zunächst ungewöhnlich aufgebaut und hatte eine interessante Atmosphäre. Die Gesten und Bewegungen wirkten rau und teilweise hektisch. Die Reihenfolge, in der das Geschehen erzählt wird, wurde in Hinblick auf das Originalepos von Homer verändert. Ich fand es aufregend dem Stück zuzugucken, denn die Balletttechnik war super. Jedoch fand ich das Verändern der Sicht als Rückblende der Ereignisse auf der Insel eher verwirrend. Wenn man das Stück »Odyssee« nicht schon viele Male geschaut und die Ereignisse im Stück alle schon kennt, ist es schwer zu folgen. An manchen Stellen war es schwer zu verstehen, in welchem Teil man sich gerade befand. Die Interpretation an sich fand ich jedoch super. Schon vor dem Ballettstück gab John Neumeier Auskunft über seine Ansicht auf das Thema Krieg und im Ballett wurde es deutlich. Die Idee, dass Odysseus gebrochen vom Krieg sein musste und seinen Zustand mit dem Krieg heutzutage zu verknüpfen, fand ich einmalig. Somit wirkte das Stück nicht nur schön, sondern auch aktuell. Normalerweise mag ich moderne Umsetzungen von klassischen Stoffen nicht so gerne, dieses war aber gut umgesetzt. Auch die traditionelle Musik hat da gut hereingespielt. Das Stück hat nicht nur von der schönen Technik gelebt, sondern auch von der Idee. Zu sagen, dass das, was ich auf der Bühne sah, mich schon im Moment der Probe in Staunen verursacht hat, wäre generell falsch. Es ist einer der Auftritte, die erst im Laufe der Zeit sacken und einen Denkanstoß geben. Die modernen Ansätze fielen natürlich sofort auf.

Florian Pohl als Kyklop © Kiran West

Der kleine Bildschirm mit den modernen Kriegsaufzeichnungen, der Kyklop mit dem beeindruckenden Monsterkostüm und die Maschinengewehre in den Händen, haben das Ballettstück bereichert. Dass auch die antike griechische Musik miteingebracht werden konnte, spricht für die einmalige Umsetzung. Zudem war das Bühnenbild in einem einfachen, aber passenden Stil gestaltet.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mir die Neueinstudierung von John Neumeier sehr gefallen hat, sie meiner Meinung nach gut umgesetzt wurde und tiefgründig ist. Die technische Leistung war auf dem höchsten Niveau. Das Stück braucht auf jeden Fall Zeit, damit man es überdenken kann.

Dionissios, 16 Jahre