Zurück zur Startseite

3 Fragen an Anna Laudere

Anna Laudere hat als Erste Solistin in ihren 23 Jahren beim Hamburg Ballett viele große Hauptrollen getanzt und kreiert. Darunter unter anderem die Titelrolle in »Anna Karenina«, Marguerite Gautier in »Die Kameliendame« oder die Doppelrolle Hippolyta/Titania in »Ein Sommernachtstraum«. Beim Festival »The World of John Neumeier« in Baden-Baden 2024 verkörpert sie in den beiden Tennessee Williams-Balletten von John Neumeier eine der weiblichen Hauptcharaktere. Im Interview für unseren Blog verrät sie, was das Besondere an diesen Figuren ist und wie sie sich den künstlerischen Herausforderungen stellt.

Anna Laudere bei ihrem Debüt als Amanda in »Die Glasmenagerie« © Kiran West

Du tanzt bei »The World of John Neumeier« in Baden-Baden nicht nur die Hauptrolle der Blanche DuBois in »Endstation Sehnsucht«, sondern gibst auch dein Debüt als Amanda Wingfield in »Die Glasmenagerie«. Beides sind emotional intensive, komplexe Frauenfiguren, die aus der Feder von Tennessee Williams stammen. Was verbindet deiner Meinung nach diese beiden Figuren? Wo liegen ihre Unterschiede?

Anna Laudere: „Ich denke, dass beide Frauen sehr starke Persönlichkeiten sind, die sich in einer schwierigen Situation befinden, in die das Leben sie gebracht hat. Sie gehen mit ihren Herausforderungen um, so gut sie es können, so gut sie es wissen. Beide Rollen sind sehr komplizierte und vielschichtige Charaktere, die viele verschiedene Emotionen in sich vereinen. Amanda habe ich noch nicht in ihrer Gänze kennengelernt, aber ich würde schon jetzt sagen, dass sie mir nahesteht. Ich freue mich also sehr auf die Zeit in Baden-Baden, auf die Proben und die Vorstellungen, um meine Reise mit Amanda zu vertiefen. Da wird Johns Unterstützung sicherlich eine große Hilfe sein, dass er mich anleitet, sie besser kennenzulernen um hoffentlich das Beste aus mir herauszuholen. Ich bin wirklich aufgeregt.“

Anna Laudere als Blanche DuBois in »Endstation Sehnsucht« © Kiran West

Sowohl die Rolle der Blanche, als auch die Rolle der Amanda erfordern nicht nur tänzerisches Können, sondern auch schauspielerisches Talent. Wie balancierst du diese beiden Aspekte während deiner Performance, und welche Techniken nutzt du?

Anna Laudere: „Ich würde sagen, es ist Arbeit, Arbeit, Arbeit. Man muss viel proben, viel Zeit investieren. Denn man sollte die Schritte und die Musik so klar haben, dass man nicht darüber nachdenken muss. Sie müssen automatisch in deinem Körper sein. Außerdem sollte man wissen, was die einzelnen Schritte bedeuten, denn die meisten Schritte in Johns Balletten haben eine Bedeutung. Für die tiefe Darstellung der Emotionen ist es wichtig, immer mit vollem Einsatz zu proben. Sowohl körperlich als auch gefühlsmäßig. Nur so findet man über die Zeit hinweg den richtigen Weg. Johns Ballette sind meistens sehr komplex, weil die Figuren immer eine Menge Subtext haben. Es ist nicht notwendig, dass das Publikum diesen gesamten Subtext kennt, aber wenn man es selber richtig fühlt, dann kann auch das Publikum mitfühlen. Deshalb ist es so wichtig immer beide Seiten, also den Tanz und das Schauspielen zu kombinieren. Für mich ist Johns Anleitung in diesem Prozess absolut notwendig und schön. Denn er sieht jeden Künstler anders. Er sieht, wie er dich weiterentwickeln kann und führt dich in die richtige Richtung. Und auch wenn man eine Rolle schon oft getanzt hat, sollte man sich stetig reflektieren. Denn mit der Zeit verändert man sich und damit verändert sich auch die Rolle in einem selbst. Man kann immer etwas mehr in sie hineinlegen. Und ich denke, das ist das Wichtigste für uns Künstler: immer weiter zu wachsen.“

Das Hamburg Ballett gastiert in diesem Jahr zum 27. Mal in Baden-Baden. Du bist bereits seit 2001 mit dabei, also zum 24. Mal! Wie hast die Kurstadt im Laufe der Jahre empfunden und gibt es Lieblingsorte von dir?

„Ich muss ganz ehrlich sagen, dass Baden-Baden einer meiner absoluten Lieblingsorte ist. Wirklich. Es ist die Atmosphäre, die Natur, die Menschen, und auch das Festspielhaus ist einfach wunderbar. Jeder hier ist so freundlich, so offen und bereit zu helfen. Und das ist meiner Meinung nach alles, was für die Kreativität notwendig ist. Baden-Baden inspiriert mich als Künstlerin jedes Jahr aufs Neue. Und wir haben hier so schöne Ballette aufgeführt. Jedes einzelne Jahr war eine wunderbare Erfahrung. Es ist wirklich einer meiner Lieblingsorte.“