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BallettTester*innen »Slow Burn«

Als BallettTester*innen durften Melanie, Franziska und Nina unsere Ballettpremiere bereits in der Hauptprobe erleben. Der zweiteilige Ballettabend SLOW BURN präsentiert zwei Stücke von den Choreograf*innen Aszure Barton und William Forsythe. In der Hauptprobe wurde die Reihenfolge der Choreografien umgedreht, sodass die Tester*innen im ersten Teil der Probe Forsythes »Blake Works V (The Barre Project)« erleben durften, nach einer Pause folgte Aszure Bartons »Slow Burn«. Hier erzählen die BallettTester*innen von ihren Erlebnissen und Eindrücken.

»Blake Works V (The Barre Project)« und »Slow Burn«zwei ganz unterschiedliche Choreografien, die Raum für Interpretationen lassen, die Zuschauer*innen aber nicht weniger in ihren Bann ziehen als ein klassisches Handlungsballett.

In »Blake Works V (The Barre Project)« von William Forsythe wird das Publikum mit präzisen, dynamischen Bewegungen konfrontiert. 15 Tänzer*innen führen in unterschiedlichen Konstellationen teils große Bewegungen aus, die wie eine Welle durch den Körper gehen. Auffällig ist, dass die Bewegungen bis zum Maximum ausgeführt werden und die Tänzer*innen ihre Bewegung – meistens eindrucksvolle Positionen mit Beinhebungen häufig kurz halten, bevor sie in die nächste übergehen. Daneben enthält die Choreografie aber auch viele kleine Schritte, die vor allem durch die ungewöhnliche Musik mit wenigen Takten und kurzen Pausen schwer auszuführen sind. Denn die Musik würden die meisten im ersten Moment nicht mit Ballett in Verbindung bringen: Songs von James Blake. (Daher auch der Name des Stücks »Blake Works V«). Doch die einzelnen Songs von Blake sind nicht aufdringlich oder ablenkend, im Gegenteil, sie unterstützen die tänzerischen Bewegungen und passen perfekt zur Reduktion auf das Wesentliche: Das Bühnenbild ist einfach gehalten, die Kostüme lenken nicht von den Bewegungen der Tänzer*innen ab. Lediglich eine Ballettstange steht auf der Bühne, welche nach der Projektion einer solchen eingeführt wird: Mehrere Hände legen sich auf die Stange, berühren sich und legen sich wieder ab. Auch in der anschließenden Choreografie ist die Ballettstange das verbindende Element zwischen den Konstellationen und Soli der Tänzer*innen.

Charlotte Larzelere in William Forsythes »Blake Works V (The Barre Project)«, Foto Kiran West

Das zweite Stück, »Slow Burn« von Aszure Barton, ist eine Auftragskomposition des Musikers Ambrose Akinmusire und wurde gerade vom Hamburg Ballett uraufgeführt. Auch hier ist das Bühnenbild einfach gehalten, hauptsächlich das Licht bildet unterschiedliche Formen und Effekte. Die Kostüme der Tänzer*innen erstrahlen in verschiedenen Orangetönen, die ein lebendiges und vor allem warmes Farbenspiel ergeben. Besonders bei den Sprüngen fliegt der Tüll der Kostüme durch die Luft, was die Leichtigkeit der Bewegungen unterstreicht. Das Zusammenspiel aus Farbe, Kostüm und Bewegung führt zu einer positiven Stimmung, die durch warmes Licht unterstützt wird. Im Gegensatz zu »Blake Works V (The Barre Project)« sind die Bewegungen in »Slow Burn« fließender und zum Teil auch langsamer. Vor allem zu Beginn führen die Tänzer*innen als Gruppe kleine wiederholende Bewegungen auf dem Boden aus.

Die Choreografie wird von einem Orchester begleitet, in dem neben den Streichern auch die Bläser deutlich zu hören sind. Besonders die Querflöten schaffen ein leitendes Motiv, das sich wie ein roter Faden durch das Stück zieht und bei zwei Tänzer*innen immer wiederkehrt. »Slow Burn« endet schließlich, wie es angefangen hat: mit der Gemeinschaft der Tänzer*innen, die wie ein Dominoeffekt die gleichen Bewegungen ausführen und wellenförmig ineinander übergehen.

Nina, 23 Jahre
Ensemble in Aszure Bartons »Slow Burn«, Foto Kiran West

Ein Ballettabend mit den Werken von William Forsythe mit »Blake Works V (The Barre Project)« und Aszure Barton mit »Slow Burn«.

Vorab zu meiner Person: Ich favorisiere klassische Ballettstücke, da diese eine Handlung haben und kaum Spielraum für Interpretationen lassen. Ich liebe es, die klassischen Bewegungen selbst auszuüben oder sie auf der Bühne von Profitänzer*innen sehen zu dürfen. Deshalb habe ich mich auch sehr gefreut, dabei sein zu können.

Die beiden Ballettstücke sind Gegensätze, die auf ihre eigene Art und Weise ganz individuelle Geschichten des Lebens darstellen. Erlebnisse sowie positive wie auch negative Emotionen wurden verkörpert und in zwei unterschiedlichen Choreografien präsentiert, die sich dennoch gut miteinander kombinieren ließen.

Im ersten Teil sah man drei verschiedene neuzeitliche Musikstücke. Insgesamt waren 15 Tänzer*innen auf der Bühne, die das Stück getanzt haben. Die erste Musik, die aus den Lautsprechern kam, war gewollt verzerrt, was die Neuzeit verdeutlicht hat – womit ich mich gut identifizieren konnte. Die Tänze waren angelehnt am klassischen Ballettstil, was mir außerordentlich gut gefallen hat. Manchmal setzte die Musik aus, und die Tänzer*innen mussten ihre Choreografie dennoch so fortsetzen, dass sie immer noch im Takt waren, als die Musik wieder zu spielen begann. Das hat mich persönlich beeindruckt und fasziniert, da es manchmal ausdrucksstarke und anspruchsvolle Posen waren, in der sie verharren mussten. Auch mussten sie ihre Sprünge so koordinieren und ihre Kraft so einteilen, dass der Einstieg mit der Musik wieder passte. Die klassischen Bewegungen wurden fließend und übertrieben, aber dennoch geschmeidig dargestellt, sodass ich beeindruckt und mitgerissen wurde. Die »Barre« wurde mit eingebracht, was die tägliche harte Ballettarbeit widerspiegelt. Passend dazu waren die Tänzer*innen in schwarzen Balletttrikots gekleidet, was ebenfalls verdeutlicht, wie der Ballettalltag hinter den Kulissen ausschaut.

Alexandre Riabko, Joaquin Angelucci, Ida Praetorius, Moisés Romero und Francesco Cortese in »Blake Works V (The Barre Projekt)«, Foto Kiran West

Im zweiten Teil sah man 26 Tänzer*innen, die teilweise zeitgleich auf der Bühne mitgewirkt und so zu einer lebhaften Atmosphäre beigetragen haben. Der zweite Teil wurde von einem Streichorchester begleitet, was mir gefiel, da damit den Gegensatz zum vorherigen Ballett verdeutlicht wurde. Die Tänzer*innen trugen unterschiedliche orangefarbene Kleider, die in drei Farbnuancen Freude zum Ausdruck gebracht haben. Der Titel »Slow Burn« war optimal auf die Bewegungen der Tänzer*innen und die Kleiderwahl abgestimmt. Optisch waren die Hebefiguren schön zu beobachten. Es sah sehr anspruchsvoll aus, wie sie ihre Körperspannung so einteilen mussten, dass es synchron und im Takt passte. Manchmal sah man, dass sie nicht immer synchron waren, was ich daran erkannt habe, dass die Tänzer*innen in zwei Gruppen zeitgleich auf der Bühne waren und dasselbe dargestellt haben. Dennoch war die Darbietung sehr anspruchsvoll und faszinierend. Der zweite Teil hat mich allerdings persönlich nicht so angesprochen, da der Stil zu modern war und für mich zu viele akrobatische Elemente sowie Inhalte wie das Kriechen auf dem Boden enthalten waren.  

Insgesamt hat mir der Abend sehr gefallen, da der Kontrast zwischen den zwei unterschiedlichen Balletten verdeutlicht wurde. Die Formationen wurden klar dargestellt, sodass eine schöne Dynamik in den jeweiligen Choreografien entstand. Es herrschte eine lebhafte Stimmung, die mich hineinzog.  

Melanie
Lormaigne Bockmühl und Ensemble in »Slow Burn«, Foto Kiran West

Der Ballettabend »Slow Burn« zeigt zwei Stücke: William Forsythes »Blake Works V (The Barre Project)« und das Stück »Slow Burn« der Choreografin Aszure Barton. Beides sind Werke, die ganz auf ihre eigene Art das klassische Ballett interpretieren.

William Forsythes Stück, entstanden während der Corona Pandemie, ist ein Wechselspiel aus Ruhe und explosiver Energie. Die Zuschauer*innen sehen sich in der Bewegung vorsichtig annähernde Tänzer*innen, untermalt von fragmentarischer Musik und, im Gegensatz dazu, wummernden Bässen, begleitet von extrovertierten Bewegungen. Die Choreografie bewegt sich um die »Barre«, die Ballettstange, die für das Balletttraining verwendet wird. Das Bühnenbild ist sehr minimalistisch in Schwarz-Weiß gehalten und so zeichnen sich die Bewegungen der Tänzer*innen präzise davor ab. Die von Forsythe teilweise kantig interpretierten Ballettpositionen der Arme kommen ebenfalls durch das geradlinige Kostümbild gut zur Geltung. Den Wechsel von Ruhe und freudiger Aufgeregtheit bestimmt am Ende die Freude am Tanz, die sich auf die Zuschauenden überträgt. Zu den wummernden Bässen fängt der ein oder andere Fuß an zu wippen, und man möchte gerne selbst auf die Bühne und mittanzen.

Aleix Martínez in »Blake Works V (The Barre Project)«, Foto Kiran West

Aszure Bartons Choreografie stellt zwei Tänzerinnen in den Mittelpunkt, deren Bewegungen von der Weisheit, Stärke und Geduld älterer Frauen inspiriert sind. Die Choreografie zeigt verschiedene zwischenmenschliche Dynamiken. Mal interagieren kleinere Gruppen von 2-5 Tänzer*innen auf der Bühne, und mal nehmen 26 Tänzer*innen den gesamten Bühnenraum ein. Barton experimentiert mit der Gruppe und dem Individuum, das sich manchmal aus der Menge herausschält und losgelöst davon einen eigenen Bewegungsablauf verfolgt.

Silvia Azzoni, Madoka Sugai und Ensemble in »Slow Burn«, Foto Kiran West

Die Kostüme erinnern an buddhistische Mönche. Die Tänzer*innen sind in weite, wallende, orangefarbene Kostüme gekleidet, die Barton mit der Kostümdesignerin Michelle Jank aus dem Fundus zu neuen Kreationen umgestaltet hat. Im Buddhismus steht die Farbe Orange unter anderem für die höchste Erleuchtung und Weisheit. Damit kann vielleicht eine Parallele zum Kern der Choreografie gezogen werden.

Beide Choreografien sind abstrakte Stücke, die Raum für Interpretationen aus individueller Sichtweise bieten. Sie ergänzen sich zu einem schönen Ballettabend, der auf großartige Weise das Spektrum menschlicher Emotionen und Interaktion widerspiegelt.

Franziska, 29 Jahre