BallettTester*innen »Die kleine Meerjungfrau«
Als BallettTester*innen durften Ulukbek, Ning und Ruby unsere Neufassung von »Die kleine Meerjungfrau« bereits in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen die BallettTester*innen von ihren Erlebnissen und Eindrücken.
Ich bin Ulukbek, in einer Woche werde ich 28 – und studiere im Master PuNo an der Uni Hamburg. Ganz zufällig bin ich auf das Angebot gestoßen, als BallettTester bei John Neumeiers »Die kleine Meerjungfrau« dabei zu sein. Ballett fasziniert mich seit Langem, also sagte ich sofort zu.
Die Probe heute hat mich tief bewegt. Direkt nach einem ganztägigen Blockseminar ins Opernhaus zu hetzen, war zwar anstrengend, aber ich wollte mir diese Chance nicht entgehen lassen. (Keine Sorge: Ich habe den Kurs nicht geschwänzt!) Nach dem Schlussapplaus sagte ich zu Nathalia [Dramaturgin Hamburg Ballett]: »Ich muss das zu Hause erst einmal verdauen.«
Ehrlich gesagt war es mir fast ein bisschen peinlich, wie schwer es mir fiel, die Disney-Version mit Arielle aus dem Kopf zu verbannen, zumal ich das Original von Hans Christian Andersen nie vollständig gelesen habe. In der Pause tauschte ich mich mit anderen BallettTester*innen darüber aus: Wir alle hatten unsere eigenen Bilder im Kopf, und doch ist das, was wir auf der Bühne sehen, eine Interpretation des Choreografen. Dieses ständige Umschalten zwischen Kindheitserinnerung und Neumeiers vielschichtig-poetischer Umsetzung hat das Mitkommen nicht leichter gemacht.

Etwa nach 50 Minuten fand ich endlich meinen Rhythmus: Ich begriff, wer Hans Christian Andersen auf der Bühne ist, wer die Meerjungfrau, wer der Prinz und wie sich die Ebenen miteinander verweben. Dabei war ich gleichzeitig überwältigt von Choreografie, Licht, Kostümen und Bühnenbild. Alles griff ineinander, sodass ich manchmal gar nicht wusste, wohin zuerst schauen.
In der Pause erzählte uns Nathalia noch eine biografische Anekdote über Andersen: seine Vormundschaft bei einer adligen Familie und seine tiefe, unerwiderte Zuneigung zu Edvard Collin. Plötzlich ergab die »Golfschläger Szene« – diese vom Prinzen – einen ganz neuen Sinn: Die vermeintliche »Bindung« war wohl nicht ernst gemeint, sondern vielleicht eher kleines Spiel, flüchtig, bedeutungslos. Ich spürte den Schmerz einer Liebe, die nie erwidert wird, und fragte mich, ob manche Menschen tatsächlich ihr Leben lang allein bleiben müssen.
Diese Frage traf mich persönlich. Die Szene, in der die Meerjungfrau auf dem Schiff steht, noch ungeübt mit ihren neuen Beinen, während alle anderen mühelos tanzen, erinnerte mich an meine ersten Monate in Hamburg: neue Stadt, Pandemie, Online-Uni, fremde Sprache. Man fühlt sich unbeholfen, sehnt sich nach Zugehörigkeit.
Am Ende blieb ein bittersüßer Nachhall: Entscheidet man selbst, ob man allein bleibt, oder hofft man weiter und wählt das Glück vielleicht auch im Alleinsein? Dieses Ballett hat in mir einen Sturm aus Kindheit, Gegenwart und Zukunft losgetreten. Ich weiß, dass ich in den nächsten Tagen viel darüber nachdenken werde und ich bin dankbar für jede einzelne Emotion, die es freigesetzt hat.
Ulukbek, 27 Jahre

Im Ballett »Die kleine Meerjungfrau« geht es um eine junge Meerjungfrau, die einen Prinzen vor dem Ertrinken rettet. Er war auf dem Weg zu seiner Hochzeit, als sein Schiff unterging. Sie bringt ihn ans Ufer und beobachtet ihn heimlich, bis Menschen auftauchen und sie schnell zurück ins Meer muss. Ein Mädchen aus der Gruppe, die Prinzessin, bleibt bei dem bewusstlosen Prinzen. Als er aufwacht, denkt er, sie hätte ihn gerettet, und verliebt sich sofort in sie. Die Meerjungfrau beobachtet das aus der Ferne und wünscht sich, selbst ein Mensch zu sein. Also geht sie zu einer »Oktopushexe«, die sie in einen Menschen verwandelt. Doch der Prinz erkennt sie nicht. Sie versucht, ihm näherzukommen, aber es klappt nicht. Am Ende heiratet er die Prinzessin. Die Hexe will, dass die Meerjungfrau ihn tötet, damit sie ihre Flosse wieder bekommt, doch sie liebt ihn zu sehr. Am Schluss wird ihr klar, dass sie ihn loslassen muss.

Ich fand das Ballett wunderschön. Die Choreografie war beeindruckend, und die Tänzer*innen konnten nicht nur toll tanzen, sondern auch stark schauspielern, ihre Emotionen waren richtig spürbar. Auch das Bühnenbild war super kreativ, mit wenigen Requisiten wurde viel gezeigt, z. B. die Wellen und das kleine Boot. Eine coole Ergänzung war der Erzähler, der dem Ganzen eine extra Ebene gegeben hat. Mein Lieblingsteil war die Szene, in der der Prinz Golf auf dem Schiff spielt, total witzig und irgendwie tiefsinnig. Insgesamt war das Stück eines meiner Highlights. Ich kann es nur weiterempfehlen!
Ning, 14 Jahre

Ich durfte am 04.07.25 bei der Hauptprobe der kleinen Meerjungfrau zuschauen und es war sehr toll. Was am Anfang schon extrem auffallend bzw. beeindruckend war, waren die Lichter, die teilweise auch bunt waren. Ich hatte mir eine Ballettaufführung immer so mit klassischer Musik und nur Frauen in rosa Kleidchen vorgestellt. Aber es war ganz anders, viel interessanter und beeindruckender. Es waren echt viele Tänzer*innen, und alle hatten so ihre eigene wichtige Rolle. Auch hier dachte ich, dass eher alles synchron getanzt wird, aber jede einzelne Rolle war bis ins Detail durchdacht und abgestimmt. Man musste immer darauf achten, was der oder diejenige, auf den das Licht gerichtet war, macht, während gleichzeitig eine andere Person im Hintergrund etwas genauso Grandioses gemacht hat. Die Kostüme waren auch sehr verschieden, besonders und vor allem bunt. Von der Schlabberhose bis zum Hochzeitskleid war alles dabei.

Es war auf der Bühne sehr viel los, und man musste immer gut aufpassen, um allem zu folgen, aber genau das hat es auch so spannend gemacht. Ich war sehr beeindruckt, wie man nur durch Tanzen so gut eine besondere Geschichte verstehen kann. Zumal ich das Buch vorher nicht gekannt/gelesen habe.
In dem ganzen Tanzstück hat einen alles ein bisschen zum Nachdenken angeregt, und ich habe sehr stark gemerkt, wie viele Gedanken hinter dem Stück stecken.
Die Musik hat alles sehr schön begleitet, und alleine durch sie hat man sich schon ein Bild von dem Ganzen machen können. Das Einzige, was ich kritisieren würde, ist, dass manche Stellen sehr lang waren. Etwas kürzer wäre vielleicht noch toller gewesen, in der Kürze liegt die Würze. Das gilt vor allem für jüngere Gäste. Ich dachte, dass die Meerjungfrau eher für junge Gäste ist, aber in Betracht der Länge und der Konzentration würde ich das Stück nicht für ganz junge Gäste empfehlen.
Alles in allem fand ich es aber sehr atemberaubend. DANKE!
Ruby, 13 Jahre