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BallettTester »All Our Yesterdays«

Als BallettTesterinnen durften Jona und Evelyn unsere Wiederaufnahme »All Our Yesterdays« bereits am Freitag in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen sie von ihren Eindrücken.

Die langen Treppen, die roten, samtigen Sessel, die Logen und das tönende Orchester. Und ich mitten im Raum, die Bühne nur verschwommen sichtbar, alles wirkte groß und unreal auf mich. Die Bühne so weit weg und ich erwartete, dass die Tänzer genau so weit entfernt und klein aussehen würden. Doch dann kamen die ersten Tänzer und die Musik, alles war auf einmal anders, sehr groß und überwältigend. Die Melodie und der Gesang schallten laut durch den ganzen Raum und drangen bis tief in meine Ohren. Die Tänzer wirkten erhaben, sie nahmen die gesamte Bühne ein.

Ich versuchte, eine Handlung wahrzunehmen und Zusammenhänge zu erschließen. Zwar nahm ich so etwas wie Soldaten und Mädchen wahr und ihre Verbindungen zueinander, erschuf in meinen Gedanken eine Handlung. Jedoch wurden diese immer wieder verworfen durch neue szenische Darstellungen.

In der Pause nahm ich mir das Programmheft und begann zu lesen. Es stellte sich heraus, dass sich mein Bewusstsein nicht geirrt hatte, da das Stück tatsächlich keine greifbare Handlung hat. Mit dem Wissen begann ich, mich anders auf das Stück einzulassen, mehr auf die Tänze und die Darstellung und weniger auf die Handlung zu fixieren.

Im zweiten Teil wurde auf die stimmliche Begleitung verzichtet, was mir persönlich sehr gut gefallen hat. Die gesamte Inszenierung hat mir mehr zugesagt, vor allem die eleganten Kleider. Die Solos und die Paare waren wunderbar und haben toll harmoniert, insbesondere eins hat mich stark beeindruckt. Mit welcher Leichtigkeit sie sich durch den Raum bewegt haben, war magisch.

Jona Lotte Knippenberg, 14 Jahre

Szene aus »All Our Yesterdays« ©Kiran West

Die Ballettprobe am Freitagabend war eine neuartige Erfahrung für mich. Als Austauschschülerin aus China ist Ballett kein üblicher Teil meines Lebens. Als ich 14 Jahre alt war, habe ich meine bisher erste und einzige Ballettaufführung in China gesehen. Das war »Schwanensee«, getanzt von einer russischen Tanzcompanie. In Hamburg war ich jetzt als BallettTester das erste Mal bei einer Ballettprobe in einem richtigen Theater.

Das Stück »All Our Yesterdays« setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Sie bestehen sowohl aus klassischem als auch modernem Ballett, was ich ganz besonders fand. In jedem Stück waren viele verschiedene, ausgezeichnete Balletttänzer und -tänzerinnen zu sehen. Als etwas ganz Besonderes habe ich die musikalische Begleitung durch das Orchester und die beiden Sänger erlebt. Diese Livemusik erzeugte bei mir ein ganz anderes Gefühl als Musik vom Tonband.

Ich selber tanze kein Ballett und kann daher nur erahnen, wie schwierig die Darbietung für die Tänzer war. Bei den Darstellern wirkte jedoch nichts schwer, sondern alles war elegant. Besonders die graziösen Fuß- und Handstellungen haben mich fasziniert. An den erstaunlichen Sprüngen und Drehungen konnte ich erkennen, dass es ein Ballett von sehr hohem Niveau war. 

Szene aus »All Our Yesterdays« ©Kiran West

Von den zwei Teilen war mein persönlicher Favorit der erste: »Soldatenlieder«. Verglichen mit dem zweiten Teil, bei dem ich keine zusammenhängende Handlung erkennen konnte, hat »Soldatenlieder« für mich eine Geschichte, die ich verstanden habe. Auch hat mir hier die sehr emotionale Darstellung gefallen. Die Musik wirkte zunächst leicht und glücklich, ist dann immer schwerer und schwerer geworden und am Ende war sie richtig traurig. Dazu passend hat sich auch der Tanz verändert: Die Gruppentänze wirkten fröhlich, die Solotänze melancholisch. Besonders die Choreografie der Gruppentänze hat mich beeindruckt.

Bühnenbild und Licht waren sehr schlicht. Auch die Kostüme waren nicht so typisch, wie ich sie bei einer Ballettaufführung erwartet hätte. Ich empfand sie als eher unauffällig, wobei die Farbzusammenstellungen durchaus interessant waren und Rückschlüsse auf die Geschichte zuließen. Bei dem zweiten Teil »Fünfte Sinfonie von Gustav Mahler« gab es die auffälligsten Kostüme, die mit ihren Farben und Schnitten besonders bei den Sprüngen einen tollen Bühneneffekt produziert haben.

Insgesamt war der Abend ein tolles Erlebnis für mich und ich bin dankbar, dass ich BallettTester sein konnte. Gerne würde ich weitere Stücke des Hamburg Ballett sehen und freue mich auf meinen nächsten Besuch.

Evelyn Zhou, 16 Jahre