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Jahresrückblick 2024: Ein Tanz zwischen Abschied und Neuanfang

Das Jahr neigt sich dem Ende zu ‒ Zeit, innenzuhalten und das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen; Zeit, uns an seine großen Momente zu erinnern. Für das Hamburg Ballett war das Jahr 2024 ein besonders bewegendes, ereignisreiches und emotionsgeladenes, denn es markierte das Ende der 51-jährigen Ära von John Neumeier als Intendant und Chefchoreograf des Hamburg Ballett und den Beginn einer neuen Zeit mit Demis Volpi an der Spitze der 63-köpfigen Compagnie und der angeschlossenen Ballettschule des Hamburg Ballett.

Januar 2024

Der Beginn des Jahres wurde mit einer repräsentativen Auswahl an Balletten aus John Neumeiers über 170 Werke umfassenden Oeuvre eingeläutet: Neben dem Allzeitklassiker »Der Nussknacker« standen Signaturstücke wie »Die Kameliendame« und »Illusionen – wie Schwanensee« sowie neuere Werke wie das intime, während der Pandemie entstandene und mit dem Opus Klassik ausgezeichnete Ballett »Ghost Light« auf dem Programm.

»Die Kameliendame« Foto: Kiran West
»Ghost Light« Foto: Kiran West

Ende des Monats hatte die Ballettschule des Hamburg Ballett allen Grund zu feiern: Der Amerikaner Quinn Bates, Schüler der Abschlussklasse XIII, wurde am 31. Januar für seine Choreografie »Groovin« als einer der beiden Gewinner*innen des Young Creation Award des internationalen Ballettwettbewerbs Prix de Lausanne 2024 gekürt. Es war das dritte Mal in den vier Jahren des Bestehens des choreografischen Wettbewerbs, dass ein Mitglied der Ballettschule des Hamburg Ballett den renommierten Preis erhielt!

Miguel Artur Alves Oliveira in Quinn Bates Gewinner-Choreografie »Groovin« Foto: Silvano Ballone

Februar 2024

Anlässlich seines 85. Geburtstags am 24. Februar brachte John Neumeier sein fast 30 Jahre altes, vom Homerischen Epos inspiriertes Werk »Odyssee« auf die Bühne der Hamburgischen Staatsoper zurück – als letzte Wiederaufnahme seiner Amtszeit. Das Ballett zur 10-jährigen Irrfahrt des mythischen Helden wurde 1995 auf Einladung des Athener Opern- und Konzerthauses Megaron zur Auftragsmusik des griechischen Komponisten George Couroupos und der Ausstattung von Yannis Kokkos kreiert.

»Odyssee« von John Neumeier

Am nächsten Tag wurde der Zuschauersaal der Staatsoper in ein Kino verwandelt: Das Publikum konnte bei freiem Eintritt die ARTE-Dokumentation »John Neumeier – ein Leben für den Tanz« als exklusive Preview erleben. In der einfühlsamen Dokumentation blickt John Neumeier auf über 60 Jahre in der Welt des Tanzes zurück, erst als Balletttänzer, dann als Choreograf und später als Intendant des Hamburg Ballett und international agierender Tanzschaffender. Das zeitlose Filmporträt wurde beim 61. Golden Prague Festival mit dem Czech Television Prize ausgezeichnet.

John Neumeier bei der Neueinstudierung von »Vaslaw« in Paris Foto: Thomas Frischhut

März und April 2024

Der Frühling stand im Zeichen jugendlicher Kreativität: Anfang März hob sich im Ernst Deutsch Theater der Vorhang für die »Werkstatt der Kreativität XIV« der Absolvent*innen der Ballettschule des Hamburg Ballett, die 33 umfassend gestaltete Tanzkompositionen vorstellten. Im April präsentierten 17 »Junge Choreograf*innen« des Hamburg Ballett ihre Kreationen im LichtWark in Bergedorf.

»Werkstatt der Kreativität XIV« Foto: Silvano Ballone
»Junge Choreografen« 2024 Foto: Kiran West

Am 13. April wurde die Solistin Ana Torrequebrada von der Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Staatsoper im Rahmen des Operndinners mit dem Dr. Wilhelm Oberdörffer-Preis für ihre außergewöhnlichen tänzerischen und darstellerischen Leistungen geehrt.

Ana Torrequebrada in John Neumeiers Ballett »Epilog« Foto: Kiran West

Mai 2024

Der Mai war ein Monat glänzender Gastauftritte: Die Starsolistinnen Olga Smirnova und Alina Cojocaru gastierten jeweils in der Titelrolle von »Anna Karenina« und in der Hauptrolle von Laura Rose Wingfield in »Die Glasmenagerie«.

Olga Smirnova in »Anna Karenina« Foto: Kiran West
Alina Cojocaru in »Die Glasmenagerie« Foto: Kiran West

Hamburg Ballett selbst wiederum war in der Tivoli Concert Hall in Kopenhagen zu Gast mit dem Galaprogramm »The World of John Neumeier«.

»The World of John Neumeier« in Kopenhagen. Foto: Kiran West
Finale von »The World of John Neumeier« in Kopenhagen. Foto: Kiran West

Juni und Juli 2024

Die beiden letzten Monate der Saison 2023/24 waren geprägt von John Neumeiers Abschied nach 51 Jahren als Chefchoreograf und Ballettintendant des Hamburg Ballett.

Am 9. Juni erhielt John Neumeier den Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste im Konzerthaus Berlin. Nach Pina Bausch ist er der zweite Vertreter der Tanzkunst in der traditionsreichen Geschichte des Ordens. Im Rahmen der Verleihung interpretieren Ida Praetorius und Alexandr Trusch John Neumeiers Beethoven-Pas de deux »Persistent Persuasion« und das Bundesjugendballett »Opus 67« von Raymond Hilbert. Neben zahlreichen prominenten Gästen nahm auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als »Protektor« des Ordens am Festakt teil.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (rechts) und der Kanzler des Ordens Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Hermann Parzinger (links) zusammen mit den aufgenommenen Mitgliedern Prof. Dr. h. c. John Neumeier und Prof. Dr. h. c. Heinrich Detering
Foto: Andreas Amann
»Persistent Persuasion« Foto: Kiran West

Am 30. Juni wurden die 49. Hamburger Ballett-Tage mit der Uraufführung von John Neumeiers Ballett »Epilog« eingeläutet ‒ ein intimes, kammermusikalisch angelegtes Werk für das Ensemble, das er jahrzehntelang geprägt und zu Weltruhm geführt hat, und ein bewegender Abschluss seiner Schaffenszeit in Hamburg.

»Epilog« von John Neumeier

Zu Ehren des Endes von John Neumeiers Ballettintendanz luden der Erste Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher und der Senator für Kultur und Medien Dr. Carsten Brosda am 4. Juli zu einem Senatsfrühstück ein.

Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher, John Neumeier und Senator für Kultur und Medien Dr. Carsten Brosda Foto: Kiran West

Der letzte Vorhang nach der glanzvollen Nijinsky-Gala XLIX am 14. Juli markierte auch das große Finale von John Neumeiers 51-jähriger Ära als Chefchoreograf und Ballettintendant des Hamburg Ballett. Es war der Höhepunkt und Abschluss seiner letzten Spielzeit und der 49. Hamburger Ballett-Tage mit zwei Wochen unvergesslicher Momente: 11 Vorstellungen des Hamburg Ballett, zwei Gastaufführungen des Birmingham Royal Ballet, »Die Unsichtbaren« des Bundesjugendballett im Ernst Deutsch Theater und ein Gesprächsabend mit Bischöfin Kirsten Fehrs und John Neumeier im Hamburger Michel.

John Neumeier inmitten seiner Tänzer*innen nach der Nijinsky-Gala XLIX Foto: Kiran West

Nach dem bewegenden Saisonabschluss in Hamburg fand das letzte Gastspiel unter der Intendanz von John Neumeier statt. Auf über 1000 Gastspiele kann das Hamburg Ballett in den fünf Jahrzehnten zurückblicken! Am 19. und 20. Juli tanzte die Compagnie im Open-Air-Theater in Nervi, nahe der italienischen Stadt Genua, John Neumeiers Erfolgsballett »Ein Sommernachtstraum«.

»Ein Sommernachtstraum« in Nervi Foto: Kiran West
Beim Schlussapplaus Foto: Kiran West

August 2024

Am 1. August 2024 trat der deutsch-argentinische Choreograf Demis Volpi die Nachfolge John Neumeiers als Intendant des Hamburg Ballett und Direktor der Ballettschule des Hamburg Ballett an. Demis Volpi war von 2020 bis 2024 Ballettdirektor und Chefchoreograf des Ballett am Rhein und begeisterte das dortige Publikum durch ein abwechslungsreiches Repertoire aus Handlungsballetten und mehrteiligen Abenden sowie zahlreichen Neukreationen. Als neuer Intendant wird er dem Publikum und der Compagnie neue künstlerische Impulse anbieten, Choreograf*innen mit anderen Tanzperspektiven präsentieren und zugleich die Tradition und beeindruckende Bandbreite von John Neumeiers Werk gegenwärtig halten. Zudem wird die Kunstform des Tanzes durch die Etablierung neuer Vermittlungsformate über die Bühne hinaus für alle Menschen erreichbar und erlebbar gemacht.

Am 26. August war der erste Arbeitstag der Spielzeit 2024/25 für das Hamburg Ballett. Der neue Intendant Demis Volpi begrüßte die Tänzer*innen und Mitarbeiter*innen im Ballettsaal Petipa im Ballettzentrum vor.

26. August 2024: Erster Tag der Spielzeit 2024/25 Foto: Kiran West

September 2024

Der September war der Monat der großen Anfänge: Am Auftaktwochenende des 14. und 15. Septembers stellte sich Demis Volpi gleich zweimal dem Hamburger Publikum vor: Im Rahmen der 20. Hamburger Theaternacht waren Solist*innen des Hamburg Ballett auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper mit Demis Volpis Stücken »Winter«, »Surrogate Cities« und »Allure« zu sehen. Die Ballettschule des Hamburg Ballett öffnete die Türen des Ballettzentrums und empfing die zahlreichen Gäste mit einem kontrast- und umfangreichen Programm. Ein Highlight der diesjährigen Theaternacht war die Premiere der neuen interaktiven Vermittlungsprogramme »Tanz für Mich« und »Inside Out«, die zum Mittanzen animierten und für große Begeisterung beim Publikum sorgten.

Anna Laudere und Edvin Revazov in Demis Volpis »Winter« Foto: Kiran West
»Tanz für Mich« Foto: Melanie Dreysse

Am 15. September fand die erste Ballett-Werkstatt der neuen Saison und neuen Intendanz statt. Demis Volpi begrüßte das Publikum und gab gemeinsam mit den Mitwirkenden spannende Einblicke in den Arbeitsprozess zur Premiere »The Times Are Racing«. Mit den insgesamt vier Ballett-Werkstätten, die im Laufe der Spielzeit stattfinden, knüpft Demis Volpi an die beliebte Tradition der Ballett-Werkstätten an, die 1973 von John Neumeier ins Leben gerufen wurden.

Demis Volpi bei der Ballett-Werkstatt I Foto: Kiran West

Am 28. September eröffnete Demis Volpi seine erste Spielzeit in der Hamburgischen Staatsoper mit der umjubelten Premiere von »The Times Are Racing«. Der vierteilige Ballettabend, bestehend aus Pina Bauschs »Adagio«, Hans van Manens »Variations for Two Couples«, Demis‘ Volpis »The thing with feathers« und Justin Pecks »The Times Are Racing«, nahm das Publikum mit auf einen Streifzug durch 50 Jahre Ballettgeschichte. Die Premierenserie wurde enthusiastisch aufgenommen und stimmte auf eine erfolgreiche erste Saison des neuen Intendanten ein.

»The thing with feathers« von Demis Volpi

Oktober 2024

Vom 3. bis zum 13. Oktober fand das erste Gastspiel der Saison unter der neuen Intendanz von Demis Volpi im Rahmen des Festivals „The World of John Neumeier“ in Baden-Baden statt. Das Programm umfasste Aufführungen von John Neumeiers Balletten »Endstation Sehnsucht« und »Die Glasmenagerie«, die Vorstellung der Ballettschule »Absprung IV« sowie die Uraufführung »The Hills We Climb« des Ersten Solisten Edvin Revazov mit dem Bundesjugendballett und dem Hamburger Kammerballett. Diese Produktion entstand im Rahmen der Förderung durch den von der Hapag-Lloyd Stiftung finanzierten John-Neumeier-Preis für Choreografie, der 2023 an Edvin Revazov verliehen wurde.

»Endstation Sehnsucht« Foto: Kiran West
»The Hills We Climb« Foto: Kiran West

November 2024

Am 10. November fand die zweite Ballett-Werkstatt der Saison unter der Intendanz von Demis Volpi als Benefizveranstaltung zugunsten der Organisation Hamburg Leuchtfeuer statt. Die zweistündige Werkschau widmete sich thematisch der Premiere des zweiteiligen Ballettabends »Slow Burn«.

Demis Volpi mit der Solistin Futaba Ishizaki bei der Ballett-Werkstatt II Foto: Kiran West

Dezember 2024

Am 8. Dezember feierte das Hamburg Ballett November 2024 die zweite Premiere der Spielzeit. Mit dem zweiteiligen Ballettabend »Slow Burn«, bestehend aus der titelgebenden Uraufführung »Slow Burn« von Aszure Barton und der Deutschlandpremiere von William Forsythes »Blake Works V (The Barre Project)«, präsentierte das Hamburg Ballett zwei sehr unterschiedliche, aber gleichermaßen tiefgehende Auseinandersetzungen mit der emotionalen Ausdruckskraft des Tanzes.

»Slow Burn« von Aszure Barton

Der Premierenapplaus war noch nicht verhallt, da fand bereits einen Tag später zum ersten Mal auf der großen Bühne der Staatsoper die traditionelle Weihnachtsfeier der Ballettschule des Hamburg Ballett statt. Die gesamte Ballettschule – von den Jüngsten der Vorschule über die Ausbildungsklassen bis zu den Absolvent*innen der Theaterklassen – stimmten mit einem bunten Tanzkaleidoskop auf die Festtage ein.

Szene aus der Weihnachtsfeier der Ballettschule des Hamburg Ballett Foto: Kiran West

Für das Hamburg Ballett geht ein besonders aufregendes, ein einschneidendes Jahr zu Ende ‒ ein Jahr, das uns große Veränderungen und außerordentlich mitreißende Momente beschert hat. Nun blicken wir mit Spannung und voller Vorfreude auf ein ebenso erfüllendes und spektakuläres neues Jahr 2025!