In unserer Reihe »Das Hamburg Ballett in Zahlen« veröffentlichen wir regelmäßig interessante Zahlen und Fakten rund um das Hamburg Ballett. Was verbirgt sich wohl hinter der heutigen Zahl?
Als Inbegriff des klassischen Balletts verzaubert Peter I. Tschaikowskys »Schwanensee« seit der Inszenierung von Marius Petipa und Lew Ivanow 1895 in Sankt Petersburg ganze Zuschauergenerationen und inspiriert zahlreiche Interpretationen. John Neumeiers originelle an den bayerischen König Ludwig II. angelehnte Fassung unter dem Titel »Illusionen – wie Schwanensee« hat seit der Uraufführung 1976 in Hamburg selbst Kultstatus erlangt.
Einer der Höhepunkte des träumerischen Werks und Sinnbild für klassische Ballettästhetik und Tanzkunst ist seit jeher der lyrische »weiße Schwanenakt«, der sich in der rekonstruierten Choreografie von Lew Ivanow als Zitat auch in John Neumeiers Version wiederfindet. Die überirdisch anmutende Schönheit der über die Bühne schwebenden Schwäne entsteht nicht nur durch die perfekt ausgeführte Choreografie, sondern auch durch die strahlend weißen, fedrigen Ballettkostüme, die im Zusammenspiel mit den flatternden Bewegungen die Tänzerinnen in einen prachtvollen Schwanenschwarm verwandeln.
Doch haben die 47 Jahre und rund 170 Aufführungen, die unzähligen Sprünge, Hebungen und Pirouetten deutliche Spuren an den von Jürgen Rose entworfenen Original-Schwanenkostümen hinterlassen: Die Flügel und Tutus haben im wahrsten Sinne des Wortes »Federn gelassen« und die weißen bestickten Satin-Oberteile ihren Glanz verloren. Für die fünfte Wiederaufnahme des Publikumslieblings im Rahmen der 50. Jubiläumssaison des Hamburg Ballett hat die Kostümabteilung der Hamburgischen Staatsoper daher in Zusammenarbeit mit dem Gewandwerk Hamburg die Schwanen-Tutus für alle Damen des Ensembles neu angefertigt.
Entstanden sind 40 aufwendig geschneiderte Haute Couture-Meisterwerke. Für jedes der 8-lagigen Tutus wurden 14 Meter Tüll und 10 Meter Federn verarbeitet. Die einzelnen Tülllagen sind miteinander durch viele separate Handstiche verbunden, die vor jeder Vorstellung kontrolliert und »nachgestichelt« werden müssen, sodass sie den schwebenden Eindruck der über die Bühne gleitenden Tänzerinnen verstärken und der »Illusion eines Schwanensees« nichts im Wege steht.
Eine Spende für die neuen Schwanen-Tutus kann über einen individuell gewünschten Betrag geleistet werden. Als Dankeschön vergibt die Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Staatsoper zusammen mit dem Hamburg Ballett exklusivePatenschaften für einzelne Kostüme. Mit einer Kostümspende von mind. 500 Euro kann beispielsweise die Patenschaft für das Schwanen-Tutu einer Gruppentänzerin übernommen werden, mit mind. 750 Euro die Patenschaft für das Kostüm einer Solotänzerin. Und mit einer Spende von mindestens 1500 Euro werden die Patenschaften eines Tutus der Hauptfiguren Odette oder Odile vergeben. Als Dank für die Spende werden alle Patinnen und Paten mit Namen im Kostüm verewigt. Um Spenderin/Spender oder Kostümpatin/Kostümpate zu werden, schreiben interessierte Personen eine E-Mail unter Angabe des Namens, der Anschrift und Telefonnummer sowie der Höhe der Spende an: info@opernstiftung-hamburg.de
In unserer Reihe »Das Hamburg Ballett in Zahlen« veröffentlichen wir regelmäßig interessante Zahlen und Fakten rund um das Hamburg Ballett. Was verbirgt sich wohl hinter der heutigen Zahl?
Unsere Tänzerinnen und Tänzer sind in Baden-Baden angekommen und freuen sich auf die allererste Ausgabe des Festivals »The World of John Neumeier«. Im Festspielhaus tanzt unsere Compagnie John Neumeiers Ballette »Beethoven-Projekt II« (1.-3.10.) und »Hamlet 21« (7.-9.10.). In den kommenden Tagen wird auf der Bühne des Festspielhauses fleißig geprobt. Unsere Technik-Crew ist bereits seit ein paar Tagen vor Ort und hat im Voraus alles für die Ankunft unserer Tänzerinnen und Tänzer vorbereitet: Die LKW, voll mit Kostümen, Bühnenbild und Requisiten, entladen, die Kulissen aufgebaut und den Tanzboden ausgelegt. Insgesamt 400 Quadratmeter Schwingboden und zwei Sätze PVC (etwa 800 Quadratmeter) wurden aus Hamburg mitgenommen und vor Ort verlegt.
Ein Tanzboden besteht in der Regel aus einem Unterboden und einem Deckbelag, auch Tanzteppich genannt. Die Eigenschaften des Deckbelags richten sich nach den stilrichtungsabhängigen Bedürfnissen der einzelnen Institutionen. Bei uns besteht der Tanzteppich aus PVC. Er darf nicht glatt sein, damit unsere Tänzerinnen und Tänzer nicht ausrutschen. Er sollte aber auch nicht stumpf sein, denn dann bleiben die Tänzer »kleben«, was wiederum zu Verletzungen wie Bänderrissen führen kann. Unter dem Tanzteppich ist ein sogenannter Schwingboden unumgänglich. Der etwas nachgiebige Boden, bestehend aus »schwingenden« Platten, schont die Gelenke unserer Tänzerinnen und Tänzer und reduziert Verletzungsrisiken. Ein professioneller Tanzboden ist somit eines der wichtigsten Utensilien und darf bei keiner unserer Tourneen fehlen!
Als BallettTesterinnen durften Helene, Anna und Sandra unsere Wiederaufnahme bereits in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen sie von ihren Erlebnissen und Eindrücken.
Es regnete in Strömen, als ich zwanzig vor fünf bei der Staatsoper in Hamburg ankam. Ich trat ins Foyer des Gebäudes und wurde direkt von Friederike und Nathalia begrüßt. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde unter uns Ballett-Testerinnen gingen wir die Treppe zum Saal hoch, erwarteten ganz gespannt und mit viel Vorfreude die bevorstehende Aufführung. Schnell noch ein Foto, letzte Fragen geklärt und schon standen wir im Saal der Hamburger Staatsoper.
Die Atmosphäre, die bereits im Saal herrschte, beeindruckte mich. Überall waren Menschen, die einen wichtigen Teil zu dem Ballettstück beitrugen: Die Techniker, dann das Orchester, Fotografen und natürlich auch John Neumeier, um bei der Probe die letzten Regieanweisungen zu geben. Da wir uns erst die Probe der B-Besetzung ansahen, erlebten wir den ersten Teil des Stücks zweimal. Aber es war in keiner Weise langweilig, zweimal die gleichen Szenen zu sehen. Es war vielmehr faszinierend, wie verschiedene Tänzer*innen die vorgegebene Choreografie umsetzten und mit welcher Präzision sie tanzten.
Nach dem ersten Probendurchlauf wurden ergänzende Regieanweisungen gegeben, das Team der Regie sprach direkt mit den Tänzer*innen, um noch Verbesserungen vorzunehmen. Bestimmte Positionen wurden unauffällig auf der Bühne mit Tape markiert. Währenddessen wärmten sich die Tänzer*innen der A-Besetzung auf. Anschließend an die kurze Pause ging es weiter, nun wurde das zwei Stunden lange Stück ganz durchgetanzt.
Einzelne Akte wurden mit wiederkehrenden faszinierenden Bühnenbildern in Tanzform oder dem Bühnenlicht eingefangen und in den Zusammenhang des Stücks gesetzt. Das Bühnenbild und die Kostüme waren eher minimalistisch und schlicht, was jedoch die getanzten Figuren und so geschaffenen Bilder der Tänzer*innen sowie die Wirkung des Lichts hervorhob.
Ein detailreicher Bühnenhintergrund ist bei diesem Stück meiner Ansicht nach nicht nötig, die Effekte, die mit dem Licht geschaffen wurden, sind imposant und beeindruckend genug. Der Bühnenboden wirkte durch die besonderen Lichtverhältnisse teilweise wie eine Wasseroberfläche, wenn sich die Tänzer*innen in ihm spiegelten.
Während zu Beginn der Hintergrund noch schwarz war, wurde in der zweiten Hälfte des Stückes der Hintergrund der Bühne immer heller, wodurch die Silhouette der Tänzer*innen hervorgehoben wurde. Ich hörte die Spitzenschuhe auf dem Bühnenboden aufsetzen, wodurch sich das besondere Erlebnis im Ballett zu sein vervollständigte. Je nachdem, wo auf der Bühne getanzt wurde, ob im Vordergrund oder im Hintergrund, sah man entweder die Silhouetten oder die im Licht stehenden Tänzer*innen. Der leuchtende Hintergrund der Bühne änderte sich mit den einzelnen Szenen, wodurch erstaunlich viele unterschiedliche Atmosphären geschaffen wurden. Die anfangs erst dunkle Bühne wechselte zu leuchtend hell, ging über in ein dämmeriges Blau, bis das Licht ganz verschwand – fast so wie bei einem makellosen Sonnenuntergang.
Mir gefiel die von Edvin Revazov getanzte Hauptrolle sehr. Er wechselte zwischen aktiver und passiver Hauptrolle, in manchen Szenen lag er nur wie schlafend am Bühnenrand, in anderen tanzte er wieder hingebungsvoll mit den anderen Tänzer*innen oder bildete mit seinem Tanz ganz bewusst einen Kontrast zu den Bewegungen innerhalb der Choreografie der Tänzer*innen.
Mit seiner Figur wurden Assoziationen mit einem traumähnlichen Zustand geschaffen. Mit vielen Details erschuf John Neumeier bei uns Zuschauer*innen das Gefühl, einem Kreislauf des Lebens zuzusehen, man war vollkommen gebannt.
In einigen Szenen agierten viele Tänzer*innen fast statisch im Hintergrund, während im vorderen Bereich der Bühne einzelne Tänzer*innen ein Solo tanzten. Diese Art, die Bühne in allen Bereichen zu nutzen, schaffte eine ganz besondere, faszinierende Dynamik sowie Bilder, die sich räumlich von hinten nach vorne aufbauten. Würde man bei diesem Ballett jede Sekunde in einem Foto festhalten, wäre jedes Foto sehr ästhetisch und unglaublich schön.
Ich fand das ganze Stück sehr beeindruckend und war fasziniert davon, wie viele Tänzer*innen in diesem Ballettstück teilweise innerhalb einer Szene auf der Bühne waren und trotzdem in wunderschöner Synchronität getanzt haben. Die »Dritte Sinfonie von Gustav Mahler« war das erste große Ballett, das ich gesehen habe. Ich fand es sehr spannend, hinter die Kulissen einer abschließenden Probe zu blicken. Zudem bin ich sehr dankbar dafür, eine Ballett-Testerin für dieses Ballett gewesen sein zu dürfen.
Helene Volkmer, 17 Jahre
Hat man erst einmal Platz gefunden, so lädt auch der abgedunkelte Saal zur Gemütlichkeit ein. Der Saal ist verstummt und von links kommend schreitet eine einzelne Ballerina über die Bühne. Ihre Schritte sind langsam und bedächtig, als hätte Sie die Macht von Raum und Zeit. Ein jeder Schritt hat Auswirkung, so auch der erste Teil vom Orchester.
Kaum ist die Ballerina auf der anderen Seite der Bühne entschwunden, beginnt das einleitende Unisono der Trompete. Nach dem kurzen, aber kräftigen Einklang, beruhigt sich das Orchester und der Boden der Bühne ist belegt mit einer Vielzahl von Tänzern. Innehaltende Regungen bringen die Vorstellung in Bewegung. Fließend klassischer Tanz mit graziöser Anmut und die klassische Zuckerfee wird einem vorerst nicht präsentiert. Jedoch wird man später auch in diesem Bereich auf seine Kosten kommen – so viel sei verraten.
Erst einmal wird aber das Ballett von seiner maskulinsten Seite präsentiert. Die vorbeigelaufene Ballerina hat nur Rätsel aufgeworfen und entschwindet bereits in Vergessenheit. Eine Gruppe von männlichen Tänzern bieten ein völlig neues Bild. Begleitet von einer düsteren Musik, empfindet man sich auf ein Schlachtfeld versetzt. Die Posaunen und Trompeten setzen neuerlich an und erinnern an ferne, ankündigende Fanfaren. Das Ballett erstellt tänzerisch ein Bataillon von Soldaten. Trainierend, triumphierend und zerbrechend kommen unterschiedliche Phasen zum Ausdruck. Bilder einer Einheit werden dargestellt und doch wieder aufgebrochen. Mal kaum merklich und manchmal sehr auffallend tanzen jeweils ein oder mehrere Tänzer wortwörtlich aus der Reihe. Das klassische symmetrische Bild wird dadurch aufgebrochen. Es weckt den Suchergeist des Zuschauers, der aufmerksam die Vorstellung verfolgt. Und auch in der Compagnie hat man doch immer den ein oder anderen, der den Befehlen nicht ganz folgt.
Je nach Klangfarbe des Stückes verkörpern diese Tänzer die Emotionen. So fällt ein Tänzer inmitten der Gruppe ganz besonders auf. Dieser stellt den Begleiter unserer musikalischen Reise dar. Spannend ist zu beobachten, wie er als Außenstehender dazukommt anfängt, im Geschehen mitzuwirken scheint und doch erfahren muss, nur ein stiller Beobachter zu sein. Dieser Begleiter formt die Tänzer wie Marionetten, spiegelt damit die Befehlshaber – findet sich plötzlich wieder als einer der ihren – er lernt in der Compagnie den Zusammenhalt durch Freundschaft kennen – überzeugt die Gruppe zu einer besseren Wahl, bevor sie ihn doch verstoßen, ausgrenzen und ihren eigenen Untergang damit besiegeln.
So viele schwerwiegende Emotionen werden abrupt abgewendet mit dem Ende des Satzes. Wieder einmal ist der Raum gefüllt mit Stille, um sich voll und ganz einer einzelnen Tänzerin zu konzentrieren. Diese beginnt völlig allein an zu tanzen ohne musikalischer Untermalung. Auch unser Beobachter ist vor Ort. Neugierig beäugt er die Bewegungen der Tänzerin. Sechs weitere Tänzerinnen erscheinen und tanzen mit der ersten unisono. Die Musik setzt ein und unser Begleiter legt sich zu Boden. Er scheint eingeschlafen zu sein und die nun folgende Darstellung samt Musik entspringen wohl seinen Träumen. Die Musik wirkt frohlockend und hat eine Leichtigkeit, wie der Sommer selbst. Begleitet von Harfe und Oboe erscheint ein neuer Tänzer – das träumerische Ebenbild des Beobachters beginnt mit der anfänglichen Ballerina im Duett zu tanzen. Sie gleichen einem Liebespaar, während der Rest der Damen regungslos bleibt. Ein weiteres Paar gesellt sich dazu. Faszinierend werden aus den übrigen Tänzerinnen ein Bild der Landschaft und Tiefe gestaltet. Sie erscheinen wie die Bäume eines Waldes, durch denen die Paare sich bewegen. Durch das Zusammenspiel einzelner Bewegungen und Versetzungen im Raum wirkt es, als würde man gleich mehrere Landschaften durchschreiten. Zum Ende hin verstummt die Musik und die Tänzer entschwinden. So wie dieser Satz begonnen hat, endet es auch. Die Dame vom Anfang ist als Einzige zurückgeblieben. Der Beobachter erwacht aus seinem Schlaf und findet das gleiche Bild vor, wie er es zuletzt erfahren hat.
Ein neuer Satz beginnt. Wieder haben wir einen gefühlten Bühnenwechsel sowie eine neue Klangfarbe. Der Herbst zieht ein. Vier Tanzpaare und eine Dreiergruppe stehen auf der Bühne verteilt. Sie wirken wie die ruhenden Blätter an einem Baum. Ein Paar beginnt sich davon zu lösen und tanzt ein Pas de deux. Kaum zur Ruhe gekommen, beginnt das Dreiergrüppchen. Dies geschieht einheitlich mit dem Wechsel der musikalischen Gestaltung. Es erscheint somit immer wieder etwas Neues zu entdecken. Mit jeglicher Änderung des instrumentalen Spiels, ändert sich die Tanzfolge, die Tänzer und der Platz. Als würde der Wind die Blätter aufwirbeln, tanzen später alle und weitere Tänzer erscheinen auf der Bühne. Auch die Hauptfigur tanzt mit und möchte Teil dieser großen Bewegung sein. Später findet er sich mit einer Tänzerin sitzend am Boden wieder. Sie sitzen einander gegenüber und schauen sich tief in die Augen. Wieder einmal wird ohne Worte eine neue Ebene erschaffen. Die Gedanken, Gefühle und Handlungen, die eigentlich nur in den Köpfen der zwei entstehen, werden durch die Tänzer auf die Bühne projiziert. Ein einzelnes Paar spiegelt ihre Sehnsüchte, einen vergehenden Sommer im goldenen Herbst wieder. Sie finden zueinander, tanzen leidenschaftlich inmitten der aufwirbelnden Herbstblätter. Es birgt noch immer eine gewisse Form von Leichtigkeit. Nur scheint das Absterben der Blätter unausweichlich zu sein. So entschwindet auch die Dame, die an der Seite des Beobachters verweilt hat. Auch erschlafft die Tänzerin – das Spiegelbild – in den Händen des Tänzers, der sie zurücklässt. Wieder versucht der Beobachter ein weiteres Mal einzugreifen und den Verlust zu verhindern. Er eilt zur Ballerina und trägt letztlich doch nur noch den erschlafften Körper in seinen Händen.
Wieder wird ein neues Bild erschaffen. Eine einzelne Tänzerin scheint in ihrem Raum gefangen zu sein. Sie empfindet Einsamkeit. Auch sind der Beobachter und ein weiterer Tänzer jeweils für sich. Scheinen so nah zu sein und sich dennoch nicht sehen zu können. Einsam in der Nacht entschwindet die Ballerina im Halbdunkel, während die beiden Männer sich langsam zur Musik begegnen. Es wirkt, als irrten diese Wesen allein umher in der Dunkelheit der Nacht. Letztendlich sind sie doch nicht allein, begegnen einander und auch die Ballerina findet zu ihnen. Der Klang einer Solistin ertönt. Sie tanzen behutsam zu dritt bis unser Hauptcharakter zwischenzeitlich wieder schläft und ein Pas de deux folgt. Auf den Schultern beider Männer scheint die Ballerina fast fliegen zu können. Träumend wirken die Sterne schon gar nicht mehr so fern.
Bim-Bam ertönt es plötzlich aus den Mündern eines Chores. Die dunkle Nacht scheint überstanden zu sein. Die drei Wesen beginnen wieder auf unterschiedlichen Wegen zu gehen und entfernen sich voneinander. Währenddessen erscheint die Ballerina vom Anfang. Eben diese, die bereits in Vergessenheit geraten ist. Plötzlich taucht sie wieder auf, tanzt quer durch den Saal und versprüht etwas Kindliches und Verspieltes. Sie erweckt die Aufmerksamkeit unseres Beobachters, aber verschwindet auch schon wieder bald. Neue Tänzer erscheinen dafür und füllen die Bühne. Es wird getanzt, wundersame Formen erstellt und letztendlich umarmen sich alle. Ein weiteres Mal erscheint der Engel. Das lebhafte, kindliche Verhalten weicht einer gereiften Anmut. Sie lässt unseren Beobachter erwachen, tanzt zuerst allein und später in einem romantischen Pas de deux mit ihm. Er hat die Hand des Engels ergriffen und scheint mit ihr in den Wolken zu tanzen. Alles erscheint ein perfektes Ende zu nehmen. Doch die Realität lehrt uns eines Besseren und man weiß einen freien Engel nicht auf Erden halten zu können.
Zweimal scheint die Ballerina zu entschwinden. Die Musik kündigt es bereits an. Der Beobachter baut mit seinem eigenen Körper ein schützendes Dach über sie. Beim ersten Versuch funktioniert dies sogar und sie können ein weiteres Mal im Duett tanzen. Doch beim zweiten Versuch ist er erfolglos und sie entzieht sich ihm. Der Engel kehrt zurück zu all den anderen Engeln und ist wieder Teil eines Größeren. Unser Begleiter wandelt zwischen ihnen und ihren Formen, verschwindet gar in der Versammlung dieser Übermenschen und begreift, dass er doch nur ein kleiner Beobachter in diesem Geschehen ist und letztendlich nichts verändern kann.
Diese künstlerische Praline hat zahlreiche Facetten erschaffen. Der Zuschauer wird musikalisch und tänzerisch von den unterschiedlichsten Darbietungen verwöhnt. Eine Vielfalt an Ereignissen lassen die Zeit verstreichen wie im Flug. Wir sprechen hierbei von einer Vielfalt an musikalischer Gestaltung – von einem ruhenden Stillschweigen des Orchesters zur ruhigen andächtigen Komposition bis hin zur beschwingten Leichtigkeit und zu dramatischen Höhepunkten. So wird dies auch tänzerisch gespiegelt. Nicht nur haben wir eine kleinere Anzahl an Tänzer, bis hin zum Solo, sondern auch die komplette Aufstellung des Ensembles. So viele Tänzer und Tänzerinnen auf der Bühne zu sehen, die gemeinschaftlich dieses Projekt präsentieren, bereitet wahre Freude. Jeder einzelne ist ein wichtiger Punkt im Gesamten.
Anna Kröger
Für mein erstes richtiges Ballettstück, wobei ich live dabei sein durfte, war es ein aufregender und einzigartiger Moment. Das Ballett war nicht nur mit unzähligen talentierten Tänzern gefüllt, sondern wurde auch mit unendlich viel Leidenschaft und Emotionen bereichert. Jede Gestik und Mimik der Tänzer fühlte sich flüssig und aufbauend an – weniger als ein einstudiertes Stück und mehr wie eine persönliche Geschichte. Das Besondere an diesem Stück ist, dass keine festgeschriebene Handlung existiert. Jeder Zuschauer ist gezwungen eine eigene Interpretation zu gestalten, die von nichts beeinflusst wird, außer von den eigenen Gedanken, Erlebnissen, Beziehungen – vom eigenen Leben. Dementsprechend werden die Zuschauer automatisch ein Teil der Vorstellung und Teil der Handlung.
Auffallend sind auch die vielen verschiedenen Lichtverhältnisse, die im Stück teilhaben. Vor allem ist ein leuchtendes Blau immer wieder im Hintergrund in Form einer Leuchtwand oder von der Decke als Lichtstrahl auffindbar. Das Blau wurde auch in den Kostümen übernommen, genauso wie viele weitere Farben, die eine überraschende Harmonie widerspiegelten und passend zu jedem Akt und zu jeder Rolle ausgewählt wurden. Sehr interessant ist zudem die Konstellation der Tanzgruppen. Während jeder Tänzer zu einer Gruppe oder Duo gehörte, stach der Hauptcharakter nicht nur mit seinem Kostüm heraus, sondern auch, da er in jedem Akt auf der Bühne zu sehen ist. Entweder tanzt er oder er liegt am Rand der Bühne – zu sehen ist er aber stets.
Die Vorstellung hatte eine reichhaltige Vielfalt von verschiedenen Tanzelementen – Hebefiguren, Sprünge, Bodentanz usw. Es war sehr interessant, die vielen verschiedenen Facetten vom Ballett zu beobachten. Außerdem gab es viele Elemente, die man vom traditionellen Ballett nicht wirklich kennt. Neues zu sehen war sehr erfrischend und spannend.
Etwas, was sicherlich jeden im Saal sehr beeindruckt hat, waren die Hebefiguren der Tänzer. Sie sahen nicht nur sehr gigantisch und eindrucksvoll aus, sondern auch sehr kompliziert und stark – etwas, was man sicherlich nicht in jedem Ballettstück sehen wird.
Der größte Aspekt, den das Ballett ausmachte, war natürlich die beeindruckende Musik von Gustav Mahler. Hier gab es sehr viel Vielfalt an Instrumenten, aber auch an Eigenschaften. Die Musik war sehr abwechslungsreich. Vor allem beim Beginn des Stückes spielte die Musik laut, intensiv und kräftig, was eine sehr beeindruckende Wirkung auf den Zuschauer hatte. Durchaus war die Musik auch zärtlich, ruhig und elysisch, was eine träumerische und zauberhafte Wirkung bei den Zuschauern hinterließ. Es war durchaus ein Zusammenspiel, aber auch eine Mischung aus beiden Musikrichtungen.
Imposant waren auch die Momente, in denen keine Musik gespielt wurde und der Raum der Stille ausgesetzt war. Alles, was man hörte, waren die Tanzschritte und die Spitzenschuhe der Tänzer. Dies erzeugte eine ganz neue Sensation und das Gefühl, dass die Tänzer immer näher kommen.
Das Ballettstück ist sehr empfehlenswert, wenn man verschiedenen Kontraste in der Tanzkunst, aber auch in der Musik erleben möchte. Zudem wird die eigene Kreativität beansprucht, da man eine weite Interpretationsfreiheit hat. Es ist ein sehr schönes und gefühlvolles Ballett, was einen sehr bewegt.
In our series „The Hamburg Ballet in Figures“ we regularly publish interesting facts and figures about the Hamburg Ballet. What do you think is behind today’s number?
Greetings from Los Angeles! Our dancers have arrived in the California metropolis. This week the company will rehearse on the stage of the Dorothy Chandler Pavilion for two elaborate productions. John Neumeier’s ballets „Bernstein Dances“ and „St. Matthew Passion“ will premiere in Los Angeles on March 11 and March 12, respectively, and will be performed several times in rotation. In order for this to be successful, the stage technology must be installed right at the beginning in such a way that it can function for the entire guest performance period. Due to that, our technical stage crew flew to Los Angeles one week before the company.
In „Bernstein Dances“ there will be an innovation that has not been seen before, and which presented an additional challenge for the colleagues in the area of sound and stage technology. Right at the beginning of the ballet we hear the rousing sounds of Bernstein’s „Candide Overture“. On the right half of the stage, three large-format photos of Leonard Bernstein alternately light up on an LED wall.
At the end of the overture, a video of a historic video recording of Bernstein is projected on this wall, giving the viewer the illusion that he is conducting the live music. One could also think that Bernstein himself is dancing when he conducts, so energetic and expressive are his facial expressions and gestures – „Bernstein dances“.
In the run-up to the LA tour, John Neumeier expressed the wish that the individual picture motifs should alternate much more quickly. „John wanted it to really pop: candy-colored – like on Broadway!“ says our sound engineer Matthias Kieslich, who was still in Hamburg looking for more historical Bernstein photos. The photos were adapted to the special image format for the LED wall. In addition, the new photo sequence results in not just one video, but three Bernstein videos played at the same time.
But there was a catch: the in-house LED wall had to stay in Hamburg, as it had long since been scheduled for other opera productions. A new LED wall was needed, as cost-effectively as possible.
A total of 72 high-quality LED panels were procured within a very short time. The white squares, the so-called panels, are each 50 x 50 centimeters in size. The fully assembled LED wall is 3 meters wide and 6 meters high.
„This offers a new dimension of color, even razor sharp at a distance,“ Matthias said. The American public will be the first to marvel at the new photos and videos in this high resolution.
The 72 panels were packed securely in individual crates that were shipped in a container once across the ocean to Los Angeles. Matthias and his colleagues unpacked the boxes on site and set up the LED wall on the stage of the Dorothy Chandler Pavilion.
Six steel cables, each 7 meters long, drive the LED wall all the way up above the stage – as soon as the „Candide Overture“ sounds in the ballet, the LED wall is lowered to the desired position on the stage.
Can you guess how heavy such an LED wall is? The steel cables must be able to withstand quite a bit of weight, because the wall weighs around 850 kilograms!
We are already very excited and look forward to the very first use of the new LED wall at the LA premiere of John Neumeier „Bernstein Dances“ on March 11!
In unserer Reihe »Das Hamburg Ballett in Zahlen« veröffentlichen wir regelmäßig interessante Zahlen und Fakten rund um das Hamburg Ballett. Was verbirgt sich wohl hinter der heutigen Zahl?
Grüße aus Los Angeles! Unsere Tänzer*innen sind in der kalifornischen Großstadt angekommen. In dieser Woche wird die Compagnie auf der Bühne des Dorothy Chandler Pavilion proben, und das für zwei aufwendige Produktionen. John Neumeiers Ballette »Bernstein Dances« und »Matthäus-Passion« feiern am 11. März und am 12. März Premiere in Los Angeles und werden mehrfach im Wechsel gespielt. Damit das gelingen kann, muss gleich zu Beginn die Bühnentechnik für den gesamten Gastspielzeitraum funktionsfähig eingebaut werden. Unsere technische Bühnencrew ist dafür eine Woche vor der Compagnie nach Los Angeles geflogen.
In »Bernstein Dances« wird es eine Neuerung geben, die so noch nicht zu sehen war, und die für die Kolleg*innen im Bereich Ton und Bühnentechnik eine zusätzliche Herausforderung darstellte. Gleich zu Beginn des Balletts hören wir die mitreißenden Klänge von Bernsteins »Candide-Ouvertüre«. Auf der rechten Bühnenhälfte sieht man auf einer LED-Wand drei großformatige Fotos von Leonard Bernstein abwechselnd aufleuchten. Zum Ende der Ouvertüre wird auf dieser Wand das Video einer historischen Video-Einspielung Bernsteins projiziert, das dem Zuschauer die Illusion gibt, er würde die live erklingende Musik dirigieren. Man könnte auch meinen, dass Bernstein selbst tanzt, wenn er dirigiert, so energisch und ausdrucksstark sind seine Mimik und Gestik – »Bernstein dances«, Bernstein tanzt.
Im Vorfeld der LA-Tournee hat John Neumeier den Wunsch geäußert, dass sich die einzelnen Bildmotive viel schneller abwechseln sollten. »John wollte, dass es richtig knallt: bonbonbunt – wie am Broadway!«, sagt unser Tonmeister Matthias Kieslich und hat noch in Hamburg nach weiteren historischen Bernstein-Fotos gesucht. Die Fotos wurden an das spezielle Bildformat für die LED-Wand angepasst. Außerdem mündet die neue Fotofolge in nicht nur einem Video, sondern in drei zeitgleich eingespielten Bernstein-Videos.
Doch einen Haken gab es: Die hauseigene LED-Wand musste in Hamburg bleiben, da sie schon längst für andere Opernproduktionen verplant war. Eine neue LED-Wand musste her, und das möglichst kostengünstig.
Insgesamt 72 hochwertige LED-Panels wurden innerhalb kürzester Zeit beschafft. Die weißen Vierecke, die sogenannten Panels, sind jeweils 50 x 50 Zentimeter groß. Die vollständig zusammengesetzte LED-Wand ist 3 Meter breit und 6 Meter hoch.
»Das bietet eine neue Dimension an Farben, auch auf die Entfernung gestochen scharf«, so Matthias. Das amerikanische Publikum wird als Erstes die neuen Fotos und Videos in dieser hohen Auflösung bestaunen können.
Die 72 Panels wurden transportsicher in einzelne Kisten verpackt, die in einem Container einmal quer über den Ozean nach Los Angeles verschifft worden sind. Matthias und seine Kolleg*innen haben die Kisten vor Ort ausgepackt und die LED-Wand auf der Bühne des Dorothy Chandler Pavilion eingerichtet.
Sechs Stahlseile, jeweils 7 Meter lang, fahren die LED-Wand bis ganz nach oben über die Bühne – sobald die »Candide-Ouvertüre« im Ballett erklingt, wird die LED-Wand an die gewünschte Position auf die Bühne hinuntergefahren.
Könnt Ihr erraten, wie schwer eine solche LED-Wand ist? Die Stahlseile müssen einiges an Gewicht aushalten können, denn die Wand wiegt um die 850 Kilogramm!
Wir sind schon ganz gespannt und freuen uns auf den allerersten Einsatz der neuen LED-Wand bei der LA-Premiere von John Neumeier »Bernstein Dances« am 11. März!
Als BallettTester*innen durften Nicklas, Emily und Johanna unsere Wiederaufnahme bereits in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen sie von ihren Erlebnissen und Eindrücken.
»Die Musik und der Tanz sind zwei Künste, die in genauer Verbindung mit einander stehen.« -Molière-
Mit dem Ballett »Liliom« entführt John Neumeier das Publikum in die Welt des Schaustellermilieus. Am 20.02.2022 wird das Ballettstück im großen Saal der Staatsoper Hamburg wiederaufgenommen. Die dazugehörige Musik ist ein Auftragswerk des Filmmusikkomponisten Michel Legrand, welcher zwölf Mal für einen Oscar nominiert wurde und diesen drei Mal erhielt. Insgesamt schrieb er Musikstücke zu etwa 200 Kino- und Fernsehfilmen sowie auch für »Liliom«. Er lässt Jazz und Klassik virtuos verschmelzen und hinterlässt ein Feuerwerk beider Genres in den Ohren des Zuschauers. Das Bühnenbild entwarf Ferdinand Wögerbauer, die Kostüme John Neumeier. Die Hauptrollen wurden mit Karen Azatyan als Liliom, Alina Cojocaru a.G. als Julie und Louis Musin als Sohn von Julie besetzt. Die musikalische Leitung wurde von Nathan Brock vertreten. Bereits seit Dezember 2011 gibt es diese Inszenierung, nun kehrt diese für eine Wiederaufnahme in die Staatsoper Hamburg zurück.
»Liliom« ist ein Ballettstück mit einer fesselnden Choreographie der Melancholie, Lebensfreude, Trauer und des Schmerzes. Es ist ein Wechselbad der Emotionen und lehrt uns etwas über Tanz, Musik und die damit verbundene Ausdrucksstärke. Dieses Ballett ist ein Stück des Lebens mit all seinen Höhen und Tiefen. Das Bühnenbild »Playland« ein Meer aus Farben und der Liebe zum Detail lädt den Zuschauer unmittelbar dazu ein den altbekannten Jahrmarkt aus Kindheitszeiten wieder zu betreten. Zusammen mit den Kostümen ergibt es ein großes Ganzes, das seinesgleichen sucht – das Publikum.
In melancholischer Atmosphäre betritt ein Mann mit Luftballons langsam und achtvoll die Bühne, es folgt das erste Erscheinen der Protagonisten Liliom, Julie sowie Ihrem Sohn Louis und die Geschichte beginnt. Das Bühnenwerk zieht den Zuschauer unmittelbar in seinen Bann und der Einfluss von Michel Legrand´s Tätigkeit als Filmkomponist und dessen Discographie wird sofort hörbar. Die NDR Bigband als auch das Philharmonische Staatsorchester werden gemeinsam zu einer übergreifenden Einheit und somit zum Zusammenschnitt beider. John Neumeier gelingt eine Erzählung über Liebe, Lebensfreude, Hass, Rachsucht und Angst mit den Synergien von Tanz und Musik. »Liliom« ist ein künstlerisch musikalisches Werk, das seinen Applaus zum Ende der Vorstellung in jeder Sekunde verdient.
Nicklas
Am Freitag, den 18.02.22 durfte ich bei der Hauptprobe von »Liliom« als Testerin dabei sein. Als ich in der Staatsoper ankam, wurde ich sehr nett empfangen.
Der Anfang vom Stück ist sehr spannend und bewegend. Die leise Musik, das geheimnisvolle Licht mit dem Nebel. Dazu das Bühnenbild und die Atmosphäre sind spitze. Die Tänzer bewegen sich so grazil und leise, dass ich dachte, sie würden fliegen. In manchen Momenten musste ich sogar ein bisschen lachen, weil das Stück auch witzig ist. Alle Tänzer waren so synchron, dass ich an manchen Stellen dachte, dass sie vielleicht Marionetten wären. Auch die Kostüme der Tänzer waren farbenfroh und detailliert. Die Tänzer haben super mega toll getanzt. Dass sich Jazz und Klassik abgewechselt haben, verleiht dem Stück noch etwas Besonderes. Superklasse. Ich kann das für jeden empfehlen, der Spaß am Ballett hat.
Johanna, 11 Jahre
Es war Freitag, der 18. Februar 2022, als ich mit zwei weiteren Ballett-Tester*innen die Hauptprobe von »Liliom« sah und erlebte. Das Ballett von John Neumeier hatte seine Uraufführung 2011 und ich hatte das Glück, bei der Wiederaufnahme dabei sein zu dürfen. Wir wurden von zwei sehr freundlichen Mitarbeiterinnen empfangen, die uns gleich in den Saal führten. Die Stimmung war von der ersten Sekunde an total beeindruckend und es war spannend, einmal das »Behind the Scene« zu erleben! Das Orchester probte wild durcheinander, ein paar Tänzer*innen standen auf der Bühne und gingen nochmal letzte Schritte durch, letzte Techniksachen wurden überprüft und andere wenige Zuschauer*innen begaben sich in den Saal. Zu sehen waren unter anderem Liliom (getanzt von Karen Azatyan), Julie (getanzt von Alina Cojocaru) und ihr Sohn Louis (getanzt von Louis Musin).
Als es begann, löste die Gesamterscheinung schnell ein Gefühl von Nostalgie in mir aus, das »Playland« schien eine Welt zu sein, in der man dem Alltag und den Problemen entfliehen kann und wo es von fröhlichen Menschen nur so wimmelt. Die Menschen erlebten in den 1930ern die große Depression und kämpften gegen Armut an. Verzweiflung brach aus, das wird in John Neumeiers Ballett deutlich dargestellt. Das einerseits sehr farbenfrohe, aber andererseits graue Bühnenbild von Ferdinand Wögerbauer hat mir sehr dabei geholfen, den großen Kontrast zwischen der Hoffnung und der tragischen Realität der Menschheit zu verstehen. Als die eifersüchtige Karussellbesitzerin, Frau Muskat, Liliom kündigt und er somit keine Einkünfte mehr hat, scheint der Frauenschwarm von nun an in einer permanenten Auseinandersetzung mit sich selbst zu sein. Dass seine Julie ein Kind erwartet, lässt seine Perspektive auf eine Besserung noch kleiner werden; er findet keinen Ausweg aus seiner Hilflosigkeit und ersticht sich schließlich auf der Hochzeit von Julies guten Freundin Marie. Julie ist in tiefer Trauer und obwohl Liliom nie fähig war, ihr seine Liebe zu zeigen, gab sie ihn nie auf und hielt selbst noch lange nach seinem Tod zu ihm. Während des ganzen Ballettstücks über war ich fasziniert davon, wie intensiv die Emotionen, die die Tänzer*innen vermittelten, bei mir ankamen. Ein hervorzuhebender Moment war, als plötzlich die NDR Bigband in dem Café des »Playland« zu hören und zu sehen war. Mir hat die Zusammenstellung aus klassischer Musik (Philharmonisches Staatsorchester Hamburg) und Jazzmusik (NDR Bigband) besonders gefallen, denn es hat die Handlungen und die Emotionen sehr passend und gut unterstützt.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mir die Ballettinszenierung außerordentlich gut gefallen hat. Ich bin sowohl von den Hauptdarsteller*innen, als auch von der gesamten Compagnie sehr beeindruckt und bewundere ihre Kunst sehr. Bei Tanz ist mir wichtig, dass man anhand des Körpers in Kombination mit der Musik und des Raumes spricht und Geschichten erzählt. Dies ist den Tänzer*innen meines Erachtens nach auf beeindruckende Weise gelungen. Hervorheben möchte ich die Leistung der gesamten Compagnie, die es versteht, jede Vorstellung einzigartig zu machen. Das Ballett blieb aufgrund der tragischen Handlung spannend, hatte aber dennoch viele hoffnungsgebende und befreiende Momente, die einen selbst aus dem eigenen Alltag rausgeholt und in eine andere Welt gebracht haben.
Das Hamburg Ballett feiert am 19. Dezember die neu überarbeitete Fassung von John Neumeiers Ballett »Dornröschen«. Der Bühnen- und Kostümbildner Jürgen Rose und der Requisitenmeister Jürgen Tessmann arbeiten hinter den Kulissen, und sorgen für eine mitreißende und glaubwürdige Stimmung des Ballettstückes. Ich habe die beiden einen ganzen Tag lang begleiten dürfen. Lesen Sie hier meine Eindrücke:
Die Werkstatt der Hamburgischen Staatsoper wird für die Requisiteur*innen auch als Aufenthalts- und Besprechungsraum genutzt. Dort wird geplant und Verbesserungsvorschläge eingebracht, um an den Requisiten zu schleifen, damit diese die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich ziehen können, beispielsweise mit leuchtenden Farben.
Nachdem alles besprochen ist, geht es hinter die Kulissen der Bühne. Hier ist stets etwas los, es wird hier und da getüftelt und alles für die am Nachmittag kommende Klaviertechnik-Probe aufgestellt. Jürgen Tessmann und Jürgen Rose stimmen sich noch über die letzten Details ab und packen selbst mit Hand an.
Der Aufbau für die Nachmittagsprobe ist in vollem Gange, dabei erkennt der Kostüm- und Bühnenbildner Jürgen Rose, dass die Babypuppe »Aurora« ein neues Kleid benötigt und der Baldachin neu aufgekrempelt werden muss.
Der Dornenwald muss beweglich sein, deshalb steht er auf Rädern. Der Bühnenwagen wird während der Aufführung auf die Bühne rauf und schließlich raus geschoben. Der Wald wird so positioniert, dass es so aussieht, als rage er um das Schloss herum.
Die Dornenranken bestehen aus Metall, welche mit Hitze so verformt wurden, dass sie wie krumme Dornenzweige aussehen. Das Material ist Metall, da es stabil genug sein muss, um das Gewicht der Tänzer*innen auszuhalten.
Während nach und nach die Tänzer*innen sowie John Neumeier und die Ballettmeister*innen in der Staatsoper zur Probe eintreffen, werden alle Requisiten und auch die Kostüme bereitgelegt und auf ihre jeweilige Position gebracht. Bevor die Klaviertechnik-Probe losgeht, werden alle Funkgeräte auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüft, damit das gesamte Team miteinander verknüpft ist.
Die Requisiten warten hinter der Bühne auf ihren großen Einsatz. Kleinere Requisiten, die von den Tänzer*innen in die Hand genommen werden, werden vor der Vorstellung auf einem Tisch auf der Seitenbühne bereitgestellt.
Die Tänzer*innen sind mitten in der Probe. Während John Neumeier ihnen Korrekturen gibt, ist das gesamte Bühnenteam hellwach dabei. Die Bühnentechniker*innen sorgen für die Spezialeffekte, wie z.B. den Einsatz von Nebel, das Licht und sind für den Auf- und Abbau von dem Bühnenbild verantwortlich, beispielsweise das Raus- und Reinschieben des Dornenwaldes.
Nach drei Stunden proben gibt es eine 20- bis 30-minütige Pause. In der Pause wird umgebaut und die Tänzer*innen können einmal durchatmen. Um 22.30 Uhr ist die Klaviertechnik-Probe beendet. Die Bühnenarbeiter*innen lassen den großen Vorhang vor dem Bühnenbild fallen. »Das war´s«.
Jan-Moritz Reidemeister (Praktikant im Künstlerischen Betriebsbüro des Hamburg Ballett)
Als BallettTester durften Paula, Elise und Ole unsere Wiederaufnahme bereits in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen sie von ihren Erlebnissen und Eindrücken.
»Seid ihr denn des Wachens auch gewiss? Mir scheint’s wir schlafen, wir träumen noch.« (Ein Sommernachtstraum, IV Akt, I Szene)
Am Freitagabend ging für mich ein Traum in Erfüllung. Im wahrsten Sinne des Wortes: Denn ich durfte mir zusammen mit zwei weiteren BallettTestern die Hauptprobe von »Ein Sommernachtstraum«, eine Wiederaufnahme des Hamburg Ballett, in der Staatsoper Hamburg ansehen. Nachdem wir sehr freundlich im Foyer der Staatsoper begrüßt wurden, öffnete sich pünktlich um 17:00 Uhr der Vorhang und der Prolog des Stückes begann.
Das
Stück beginnt mit den Hochzeitsvorbereitungen der Vermählung von Hippolyta
(Alina Cojocaru) und Theseus (Christopher Evans). Hier
bleibt vor allem die 8,5 meterlange Schleppe im Gedächtnis, die Hippolyta
trägt, als sie sich, mit dem Rücken gewandt zum Publikum, im Spiegel
betrachtet. Nachdem alle Vorbereitungen für die Hochzeit beendet sind, schläft
Hippolyta auf einem Sofa ein und beginnt zu träumen.
Nach dieser schön inszenierten Einleitung, verwandelt sich das Bühnenbild in einen düsteren Feenwald, in dem sich Elfenkönig Oberon (Christopher Evans), Feenkönigin Titania (Alina Cojocaru) und der Elf Puck (Alexandr Trusch) aufhalten. Auch wenn das Bühnenbild im ersten Moment vielleicht schlicht wirkt, bleibt es nicht lange so. Durch die Tänzer wird der Wald zum Leben erweckt. Zudem bekommt alles durch die glitzernden Kostüme von Oberon und Titania etwas Magisches.
In diesem Wald trifft sich das junge Paar Hermia (Madoka Sugai) und Lysander (Matias Oberlin). Hermia wird allerdings von Demetrius (Alexandre Riabko) verfolgt, der ebenfalls in sie verliebt ist. Demetrius wird wiederum von Helena (Leslie Heylmann) verfolgt, die in diesen verliebt ist. Elfenkönig Oberon bekommt das alles mit und beauftragt Puck damit Demetrius mit einer Blume zu verzaubern, damit dieser sich in Helena verliebt. Doch anstelle von Demetrius trifft Puck Lysander, der nun zu Hermias Leidwesen nur noch Augen für Helena hat. Ein riesiges Liebeschaos beginnt, das choreografisch sehr charmant dargestellt wird.
Ab
und zu zieht auch noch eine Gruppe von Männern mit einer Drehorgel durch den
Wald, die zu Ehren von Hippolytas und Theseus Hochzeit ein Theaterstück
aufführen wollen und im Wald einen Platz zum Proben suchen. Aus
Spaß verwandelt Puck den Kopf von dem Anführer der Gruppe Zettel (Marc Jubete)
in den eines Esels und Titania verliebt sich, ebenfalls durch Pucks
Zauberblume, in diesen.
Auch
wenn der Titel des Stücks nach einem Traum verlauten lässt, ist die Handlung
alles andere als einschläfernd! Enden tut das Stück mit einer riesigen
Hochzeit, die durch wunderschöne Tänze, dem Grand Pas de deux von Hippolyta und
Theseus und dem humorvollen Stück von Zettel und seiner Handwerkergruppe zum
wahren Spektakel wird.
Alles in allem ist die Inszenierung einfach ein (Sommernachts-) Traum! Meiner Meinung nach wird Shakespeares Komödie sehr liebevoll und mit viel Witz und Charme in Szene umgesetzt. Es lohnt sich also auf jeden Fall nicht nur für Shakespeare- und Ballettliebhaber sich von diesem Stück verzaubern zu lassen!
Paula Wegner, 22 Jahre
Ich bin Elise,
11 Jahre alt. Ich habe mir das Ballettstück »Ein Sommernachtstraum«
angesehen und das ist meine Meinung dazu:
Am Anfang war es etwas schwierig der Handlung zu folgen, weil die wichtigen Szenen oft gleichzeitig oder ganz schnell hintereinander stattfanden. Der Traum und die Wirklichkeit waren gut voneinander zu unterscheiden, gingen aber auch gut ineinander über. Am Ende wurde es etwas schleppend, da sich circa 40 Minuten nur um die Hochzeit drehten. Trotz dieser Kritik würde ich mir das Ballettstück auch noch einmal ansehen, weil es viel zu sehen und hören gibt.
Um auf das Hören zurückzukommen: das Orchester, das vor der Bühne im Graben spielte, hörte sich toll an. Die Musik passte perfekt zu der jeweiligen Stelle und weckte immer die gefragte Emotion. Das »Sehen« war auf die Tänzer, die eine tolle Leistung gebracht haben, zurückzuführen. Was mich am meisten beeindruckte: Die Kostüme und die Bühnenbilder, die fantastisch zu der jeweiligen Stelle passten. Immer wieder habe ich mich gefragt, wann die Tänzer den Baum u.a. weggeschoben haben, weil die ganze Zeit etwas passiert ist und man das gar nicht mitgekriegt hat. Außerdem kam mir die Bühne riesig vor, weil sie nicht zu vollgestellt war. Ich war überrascht, dass die Tänzerinnen und Tänzer in solchen Kleidern, besonders dem mit der langen Schleppe, tanzen konnten und es hat mir sehr viel Spaß gemacht dieses Ballett zu sehen. Wie schon gesagt, ich würde das Ballett gerne noch einmal erleben, um alles zu sehen und zu verstehen und vor allem aus Spaß. Ein großes Lob an die Tänzerinnen und Tänzer und an die Organisatoren und Macher dieses Stückes. Danke, dass ich das hier schreiben konnte!
Elise Weber, 11 Jahre
Die Neugier hat mich hierhergeführt.
Es ist mein erstes Mal im Ballett überhaupt und dann
gleich zu so einem Hochkaräter. »Ein Sommernachtstraum« kenne ich sehr gut, ich habe selbst schon Lysander im
Theater gespielt und weiß, wie verwirrend dieses Stück von Shakespeare sein
kann.
Ich hoffe, dass ich dem Stück gut folgen kann, auch ohne
den Gebrauch von Sprache. Auf der Bühne passiert viel zur selben Zeit und ich
habe anfangs Orientierungsschwierigkeiten und versuche zu verstehen, wo die
wirkliche Handlung stattfindet. Mit meinen Augen probiere ich überall
gleichzeitig zu sein; was mich anfangs irritiert, wird zunehmend
verständlicher, ich lasse es einfach auf mich wirken. Die beeindruckenden
Tanzszenen kann ich noch nicht selbst erkennen, sondern merke es erst in dem
Moment, wo die Fotografen wie verrückt auf den Abzug drücken und das Klackern
der Kameras von allen Seiten kommt. Ich sitze mittendrin.
Dennoch merke ich, wie viel ich wiedererkenne und
verstehe. Es sind wirklich beeindruckende Szenen, die sich da abspielen; vor
allem die Szenen von Oberon, Titania und dem frechen Puck. Sie haben etwas
Mystisches im Vergleich zu den pompösen Szenen der anderen Akteure. Eine ganz
andere Facette der Inszenierung sind die Handwerker, die es schaffen dem
Ballett auch etwas Witziges zu verleihen. Nach dem langen und großartigen
Finale bin ich sprachlos und weiß nicht so recht, was ich darüber sagen soll.
Es wirkt ein bisschen so, als hätte ich drei ganz unterschiedliche Arten von
Ballett gesehen, die aber am Ende in der Hochzeitsszene zusammengeführt werden.
Es hat mich überrascht, wie man Shakespeare auch ohne
seine beeindruckenden Texte auf die Bühne bringen und wie viel allein der Tanz
an Emotionen und auch an Handlung rüberbringen kann. Das Ballett im Allgemeinen wird es nicht
schaffen den Platz des Theaters in meinem Herzen einzunehmen, aber die vielen
Inszenierungen von John Neumeier, die ihren Ursprung bei Shakespeare haben,
haben mein Interesse geweckt und es wird nicht mein letzter Besuch im Ballett
gewesen sein!
In unserer Reihe »Das Hamburg Ballett in Zahlen« veröffentlichen wir regelmäßig interessante Zahlen und Fakten rund um das Hamburg Ballett. Was verbirgt sich wohl hinter der heutigen Zahl?
Voller Vorfreude blicken wir auf die kommende Wiederaufnahme von John Neumeiers »Ein Sommernachtstraum« diesen Sonntag. Wenn sich der Vorhang zum ersten Mal hebt, erhaschen wir einen Blick in Hippolytas Zimmer. Die Königin der Amazonen ist die zukünftige Braut von Theseus, Herzog von Athen. Es bleibt noch ein Tag bis zur Hochzeit. Ganz langsam schreitet Hippolyta auf einen Spiegel zu und zieht beim Gang eine imposante Schleppe hinter sich her. Diese wird sie bei ihrer Hochzeit tragen. Näherinnen stürmen in ihr Zimmer, die schnell noch letzte Verzierungen an der Schleppe anbringen. Alles soll perfekt sein für ihren ersten großen Auftritt als Braut!
Schleppen dienten damals als Statussymbol. Da sie beim Schleifen über den Boden oft verschmutzt und beschädigt wurden, das heißt wertvoller Stoff vernichtet wurde, eignete sich eine Schleppe zur Zurschaustellung von Reichtum. Am Hofe galt: Je höher der Adelsrang, desto länger die Schleppe! Hippolyta trägt eine 8,5 Meter lange Schleppe. Der Oberstoff ist aus reinem Seidensatin und der türkise Futterstoff, den man sehen kann, wenn die Näherinnen die Schleppe anheben, ist aus Dupionseide. Die Schleppe ist mit einer goldenen Malerei verziert, auf die goldene Pailletten geklebt sind. Am Stoffrand ist eine Goldlitze und eine Goldtresse angenäht. Durch diese Materialauswahl wirkt Hippolytas Brautschleppe sehr edel und elegant. Diese Schleppe ist einer Königin absolut würdig!
Am Tag der Hochzeit kommt die Schleppe noch einmal in aller ihrer Pracht zum Vorschein. Wenn Hippolyta den Festsaal im Schloss von Theseus betritt, sind alle Augen auf sie und ihre Schleppe gerichtet, die von zehn Kindern der Ballettschule des Hamburg Ballett getragen wird! Ist diese Schleppe wirklich so schwer oder wirkt sie nur sehr wuchtig? Wir haben die KollegInnen der Kostümabteilung gefragt, die die Schleppe extra für uns vermessen und gewogen haben. Ihre Antwort: Die Schleppe wiegt ganze 7 Kilo! Das ist vielleicht nicht ganz so schwer, wie wir vermutet hatten, aber doch zu schwer, um darin zu tanzen. Nachdem das Königspaar eingetroffen ist, legt Hippolyta dann auch ihre Schleppe ab und macht sich bereit für das Grand Pas de deux mit ihrem Gatten Theseus.
Als BallettTesterinnen durften Emma und Victoria unsere Wiederaufnahme bereits in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen sie von ihren Erlebnissen und Eindrücken.
Ich war gestern beim Ballett »Sylvia« und es war sehr schön.
Beim Tanzen konnte man den Charakter der Figuren erkennen, beispielsweise die Nymphen. Die Nymphen tanzen wie stolze Wesen. Bei der ersten Szene sieht man, wie die Nymphen Bogenschießen, was mich ordentlich einschüchterte.
Sylvia war für mich eine neugierige aber auch zielstrebige Figur. Ihre Neugierde erkannte ich, als sie zum ersten mal den Wald verlässt und eine andere Welt sieht. Die Kostüme passten zur Kulisse, beispielsweise die grünen Kleider zum Wald oder die schwarz-, rot- oder blauen Kleider zur modernen Welt. Die Musik und die Choreographie waren ebenfalls gut. Wenn es fröhliche Musik war, gab es leichte Sprünge und bei dramatischer Musik wurden wütende Sprünge und hetzende Bewegungen gemacht.
Alles im Stück war sehr schön.
Emma Marja Lotte Hartkopf, 12 Jahre
Dank der Aktion BallettTester der Staatsoper Hamburg durfte ich am 03.09. gemeinsam mit einer weiteren jungen BallettTesterin bei der Hauptprobe der Wiederaufnahme des Balletts »Sylvia« von John Neumeier dabei sein. Eine Wiederaufnahme, so wurde uns erklärt, sei es, da das Ballett 1997 bereits aufgeführt worden war. »Sylvia« ist meine erste Balletterfahrung und ich hatte Schwierigkeiten, mir vorzustellen, wie ein Stück ganz ohne Text, nur mit Musik und Tanz funktionieren kann. Es hat mich überrascht, wie nachvollziehbar die Handlung und wie mehrdimensional die Figuren gerade in der Abwesenheit erklärender Sprechtexte geblieben sind.
Im Zentrum des Balletts steht die junge Nymphe Sylvia, beeindruckend getanzt von Madoka Sugai, die mit den geschickten Jägerinnen der Göttin Diana durch den Wald zieht und sich in der Jagd übt. Als sie eines Nachts dem Schäfer Aminta begegnet, der sich in sie verliebt, entdeckt Sylvia, geführt vom Gott der Liebe Eros (besonders ausdrucksstark und berührend getanzt von Christopher Evans), eine Welt außerhalb des mystischen Waldes und muss sich entscheiden, ob sie den jungfräulichen Jägerinnen und ihrer Mentorin Diana treu bleibt oder ihre Sinnlichkeit entdeckt.
Das in Komplementärfarben gehaltene Bühnenbild von Yannis Kokkos unterstreicht die geheimnisvolle Atmosphäre des Nymphenwaldes und Sylvias inneren Konflikt. Mal tauchen blaue Schatten die Bühne in silbriges Mondlicht, mal betonen die Silhouetten der Tänzer*innen vor gelbem Grund den mythologischen Ursprung der Figuren. Doch auch ohne umfangreiches Hintergrundwissen um die griechische und römische Mythologie bleibt das Ballett verständlich.
Der erste Akt beginnt schon vor der Aufführung mit dem schlafenden Endymion. Wach ist man als Zuschauer*in aber spätestens, wenn die erste Nymphe amazonenhaft von außerhalb der Bühne, fast schon aus dem Publikum heraus, den ersten Pfeil abschießt und die Jägerinnenschar unter Gebrüll auftritt. Ästhetisch und kraftvoll choreografiert springen die Tänzerinnen anmutig, mit Bögen bewaffnet in die Höhe und präsentieren ihr kriegerisches Können. Im Kontrast dazu entdeckt Sylvia, gekleidet in wallenden burgunderroten Samt, im zweiten Akt eine andere, zarte und sinnliche Seite der Weiblichkeit. Untermalt wird das Ballett von Léo Delibes Kompositionen, die mir auch als Ballettneuling überraschend bekannt vorkamen.
»Sylvia« hat mich, begeistert und beeindruckt nach drei Akten voller Poesie und Leidenschaft, wieder in die Realität entlassen und ich bin sicher, dass das nicht mein letztes Balletterlebnis gewesen ist.