Kategorie: Hinter den Kulissen

  • BallettTester*innen für »Sylvia« gesucht

    BallettTester*innen für »Sylvia« gesucht

    Die Ballett-Tester*innen gehen in die nächste Runde: Erlebe John Neumeiers Ballett »Sylvia« vor allen anderen – wir vergeben 3 Plätze für die Hauptprobe am 3. September um 17 Uhr in der Staatsoper!

    Was macht ein*e BallettTester*in?
    Wir wollen von Dir wissen, wie Du das Ballett erlebt hast: Was hat Dich an der Inszenierung beeindruckt? Wie hat Dir der Tanz gefallen? Und wie hast Du die Musik empfunden? Dein Bericht wird hier auf dem Hamburg Ballett-Blog veröffentlicht – so kannst Du Deine Eindrücke und Erlebnisse mit anderen teilen.

    Wie werde ich BallettTester*in?
    Du bist zwischen 10 und 30 Jahre alt und hast an dem Termin Zeit? Dann melde dich ab sofort an. Schreib uns bis Montag, 23. August, eine Mail an schausdiran@staatsoper-hamburg.de mit ein paar Angaben zu Dir und sag uns, warum Du unbedingt dabei sein möchtest. Unter allen Einsendungen verlosen wir drei Plätze für die Hauptprobe. Die Gewinner*innen werden am 24. August von uns benachrichtigt.

    Termin:
    John Neumeier »Sylvia«
    Freitag, 3. September 2021, 17.00 Uhr
    Hauptprobe, Staatsoper Hamburg (Großes Haus)
    Für Tester*innen zwischen 10 und 30 Jahren

    Wir freuen uns auf Dich!

  • 45 Jahre »Illusionen – wie Schwanensee«

    45 Jahre »Illusionen – wie Schwanensee«

    Vor 45 Jahren, im Jahr 1976, widmete sich John Neumeier einem der bekanntesten Ballette der Welt: »Schwanensee«. Die Ursprünge dieses Werkes, das mittlerweile zu einem Synonym für klassisches Ballett geworden ist, liegen Ende des 19. Jahrhunderts, um genauer zu sein im Jahr 1877. Damals komponierte Peter I. Tschaikowsky sein erstes abendfüllendes Ballett mit der eingängigen Musik, die internationalen Weltruhm erlangte. Einen weiteren Grundstein für die weltweite Bekanntheit legte die im Jahre 1895 von Lew Iwanov und Marius Petipa kreierte Choreografie, die in ihrer Form von vielen großen Choreografen des 20. Jahrhunderts interpretiert wurde, unter anderem George Balanchine, Rudolf Nurejew oder John Cranko.

    John Neumeier beschäftigte sich in seiner dritten Spielzeit am Hamburg Ballett mit dem Stück, das die Geschichte des jungen Prinzen Siegfried und seine tragische Liebe zur verzauberten Schwanenprinzessin Odette erzählt. Er erschuf eine träumerische Neuinterpretation des Werks, die vor 45 Jahren, am 2. Mai 1976 unter dem Titel »Illusionen – wie Schwanensee« zur Uraufführung kam.

    Ein choreografischer Anspruch John Neumeiers lag darin, den Kern der Choreografie von Marius Petipa und Lew Iwanow zu erhalten und gleichzeitig zeitgemäße Themen in dem Ballett zu verhandeln: »Eine ›Schwanensee‹-Konzeption für unsere Compagnie kann sich nicht auf die naive Nacherzählung eines Märchens mit den uns fremden Mitteln des 19. Jahrhunderts beschränken. Sie findet ihren Sinn nur, wenn sie das überzeitliche Thema der unverwirklichbaren Liebe und seine Interpretation, die es durch das 19. Jahrhundert erfahren hat, mit heutigen Mitteln darstellt.«

    Das Ende von John Neumeiers »Illusionen – wie Schwanensee« weicht von der Erzählung der traditionellen Version ab; der König folgt dem symbolischen »Mann im Schatten« und findet seinen Tod in den Fluten des Sees. © Kiran West


    John Neumeiers Ansatz liegt deshalb in einer Fokussierung auf eine geschichtlich reale Person: Er inszeniert die Rolle des Prinzen Siegfrieds nach historischem Beispiel an König Ludwig II von Bayern angelehnt. Dieser König, dessen Beiname Märchenkönig von den zahlreichen Bauprojekten namhafter deutscher Schlösser (zum Beispiel Neuschwanstein) herrührt, wurde seinerzeit aufgrund einer angeblichen Manie für wahnsinnig erklärt und entmündigt. Im Zentrum von John Neumeiers Fassung steht also die Figur eines Königs, der sich in träumerischen Illusionen verliert, zwischen Wahnsinn und Wirklichkeit transzendiert. Auch das opulente Bühnenbild von Jürgen Rose referiert auf die innere Zerrissenheit des tragischen Herrschers und ist inspiriert von dessen Schlössern.

    Jürgen Rose während der Besichtigung der Schlösser Ludwig II in Bayern im August 1975 © Jean-Marie Bottequin
    Prinzessin Natalia (Hélène Bouchet) besucht den eingesperrten König (Edvin Revazov) in seinem Gefängnis. Die Kulisse von Jürgen Rose ist inspiriert von den unfertigen Räumen im Schloss Herrenchiemsee © Kiran West

    Die Rolle dieses Königs wurde in den vergangenen 45 Jahren von vielen Tänzern interpretiert. Die Erstbesetzung der Uraufführung war der deutsche Tänzer Max Midinet, der im Schaffensprozess an der Kreation der Figur beteiligt war.

    Aber auch andere Stars des Hamburg Ballett wie Janusz Mazoń, Jean Laban, Vladimir Derevianko und Lloyd Riggins verkörperten die Rolle des tragischen, vom metaphorischen »Mann im Schatten« verfolgten Königs.

    »Illusionen – wie Schwanensee« erfreut sich bis heute großer Beliebtheit, wird von Zuschauern wie Presse immer wieder als originelle Neukonzeption des Weltklassikers beschrieben. Neben Gastspielen in Japan, München und Paris gehört das Ballett außerdem zum festen Repertoire des Bayerischen Staatsballetts und des Semperoper Ballett in Dresden. In Hamburg tanzten die Schwäne und der König zuletzt im Jahr 2018. Bei der Wiederaufnahme verkörperte der Erste Solist Edvin Revazov die Rolle des Königs.

    Anna Laudere als Odette und Edvin Revazov als König © Kiran West

    Friederike Adolph

  • Jubiläum in der Requisite

    Jubiläum in der Requisite

    Als Requisitenmeister zeichnet Jürgen Tessmann verantwortlich für die Requisiten, Möbel, die Pyrotechnik und Waffen. Er ist bei allen Proben und Aufführungen des Hamburg Ballett dabei und reist mit der Compagnie um die ganze Welt. Nun feiert er sein 40-jähriges Dienstjubiläum. In einem Interview spricht er über besondere Herausforderungen, Lieblingsrequisiten und seine schönsten Erinnerungen.

    Seit 40 Jahren ist er schon dabei, unser Requisitenmeister Jürgen Tessmann. Für das Hamburg Ballett steht der Jubilar für große Verlässlichkeit, für Kontinuität und einen breiten Schatz an Erfahrung – aber auch für seine Herzlichkeit, mit der er Kolleginnen und Kollegen unterstützend zur Seite steht. Er ist eine maßgebliche Stütze für den Spielbetrieb. Ob er nun dafür sorgt, dass der Flügel in »Beethoven-Projekt II« auch wirklich aus der Zeit Beethovens stammt, die Requisiten pünktlich bereitstehen oder beim Einsatz von Pyrotechnik in »Die Möwe« die Rechtsvorschriften beachtet werden.

    Als Requisitenmeister zeichnet Jürgen Tessmann verantwortlich für die Requisiten, Möbel, die Pyrotechnik und Waffen. Auch die Organisation der Transporte von den Werkstätten zur Staatsoper und zurück, die Wartung, Lagerung und Neubeschaffung von Requisiten liegt in seinem Verantwortungsbereich. Er ist bei allen Proben und Aufführungen des Hamburg Ballett dabei und reist mit der Compagnie um die ganze Welt.

    Requisiteure Jürgen Tessmann und Peter Schütte mit dem Zugmodell aus »Anna Karenina« auf der Bühne des Festspielhaus Baden-Baden © Kiran West

    »Das Reisen habe ich immer geliebt, schon mit 16 Jahren bin ich getrampt«, erzählt er mir in einem persönlichen Gespräch im Ballettzentrum Hamburg. Sein erstes Gastspiel führte ihn 1984 nach Japan. Da war er noch für die Staatsoper tätig. 1999 folgte dann der Schritt ins Hamburg Ballett. Seitdem hat er alle Ballette von John Neumeier betreut, auch auf Gastspielen. Findet er überhaupt Zeit, etwas von den Städten zu sehen?

    »Der Kontakt zum Team vor Ort ist mir wichtig. Oft kommt es dann vor, dass wir gemeinsam die Mittagspause verbringen und Restaurants entdecken, die wir als Touristen so nie gefunden hätten!«. Ein guter Kontakt kommt letztendlich auch der Vorstellung zu Gute, »man kann sich dann schnell verständigen«. Auf Gastspiel gibt es zusätzliche Aufgaben, die man als Requisitenmeister im Blick haben muss. »Für Gastspiele im Ausland müssen Carnets erstellt werden. Außerdem muss sorgfältig geplant werden, welche Requisiten wo reinpassen und vor allem was überhaupt mitdarf. Waffen oder Pyrotechnik darf man nicht ausführen, dann muss ich sicherstellen, dass ich vor Ort Gleichwertiges beschaffen kann. John Neumeiers Anspruch ist sehr hoch und dem will ich auch gerecht werden!«

    Der Trecker wartet auf seinen großen Auftritt © Pressestelle Hamburg Ballett

    Wenn es um Requisiten geht, kommt Jürgen Tessmann schnell ins Schwärmen. Eine besondere Herausforderung und sicherlich eines der kuriosesten Requisiten ist der Trecker in »Anna Karenina«: »Ein grüner Oldtimer-Trecker auf der Bühne – ich habe lange nach einem passenden Modell gesucht, das man auch für die Ballettbühne umbauen konnte!«

    Einzelne Requisiten findet Jürgen Tessmann im Fundus. Meist kauft er sie von Händlern oder Privatpersonen, manchmal leiht er sie auch aus. »Für die ˃Josephs Legende˂ wollte John Neumeier drei Kelim-Teppiche in einem bestimmten Muster haben. Ich habe dann eine ganze Woche lang nach Kelims Ausschau gehalten. Ich bin täglich zum Zollhafen gefahren und habe mit einem Händler literweise Tee getrunken und mir dabei stapelweise Kelims vorführen lassen. Dabei habe ich auch alles über Kelims gelernt, wunderbar!«

    Edvin Revazov und Alexandre Riabko in »Josephs Legende«, mit auf dem Foto ist eines der Kelim-Teppiche © Holger Badekow  

    Manchmal fertigt Jürgen Tessmann Requisiten auch selbst an, so zum Beispiel den Teddy in »Parzival – Episoden und Echo«. Die Uraufführung fand in Baden-Baden statt, John Neumeier wünschte sich eine zweite Besetzung für sein Ballett. »Da der Teddy aber ein Unikat war, habe ich zwei Tage lang eine Kopie davon genäht!«

    Edvin Revazov mit Teddybär in »Parzival« © Holger Badekow

    Gibt es das Lieblingsrequisit?

    »Das Grammophon in ˃Die Glasmenagerie˂, das ist der Hammer gewesen! Ich habe einen alten Schallplattenspieler erstanden, dazu auch ein paar Platten aus der Entstehungszeit der Glasmenagerie. Und da habe ich tatsächlich die Musik getroffen, die John Neumeier für sein Ballett haben wollte, ich kann es immer noch nicht glauben …«

    Foto: Alina Cojocaru, Patricia Friza, Edvin Revazov und Félix Paquet in »Die Glasmenagerie«, im Hintergrund ist das Grammophon zu sehen © Kiran West  

    Wenn man Jürgen Tessmann zuhört, merkt man sofort die Begeisterung für seinen Beruf. Vermeintliche Schwierigkeiten halten ihn nicht auf, im Gegenteil, er hat Freude daran, alles zu ermöglichen. Dabei kann er auf die Unterstützung von seinen Kolleginnen und Kollegen zählen, ohne die das alles nicht möglich wäre. Wenn sich ihm dann später bei den Proben eröffnet, wie und wozu die Requisiten zum Einsatz kommen, ist ihm das jede Anstrengung wert. »40 Jahre vergingen wie im Fluge, ich kann das nicht ganz glauben, ich habe immer noch so viel Spaß bei der Arbeit«.

    Wir gratulieren zu diesem beeindruckenden Jubiläum!

    Nathalia Schmidt

  • 50 Jahre »Romeo und Julia«

    50 Jahre »Romeo und Julia«

    50 Jahre ist es her, dass John Neumeier am 14. Februar 1971 sein erstes großes abendfüllendes Handlungsballett uraufführte. Damals noch als Ballettdirektor am Ballett in Frankfurt am Main nahm er sich den weltberühmten Stoff von William Shakespeares »Romeo und Julia« vor und schuf zu Sergei Prokofjews Musik einen zeitlosen Klassiker, der sich bis heute großer Beliebtheit erfreut.

    Bereits zu seiner Zeit als Tänzer am Stuttgarter Ballett tanzte er in der Inszenierung von John Cranko und war seither inspiriert den Stoff ein wenig anders aufzulegen: »Ich suchte meine Inspiration nicht in den bekannten Choreografien des >Romeo und Julia<-Ballett, sondern direkt bei Shakespeare und den Quellen, aus denen er den Stoff entwickelte.« So war es John Neumeier von Anfang an wichtig, neben der großen Liebesgeschichte auch die menschliche Seite der Charaktere zu beleuchten, und damit realistischere Figuren zu kreieren.

    John Neumeier probt mit Eduardo Bertini, Max Midinet und Jean-Christophe Maillot
    © Archiv Hamburg Ballett

    Neben den tragischen Geschehnissen um die verfeindeten Clans der Montagues und Capulets stehen in John Neumeiers Fassung vor allem die Lebenslust und die Liebe im Vordergrund: »Sehr wichtige Motive sind hier für mich z. B. die Hände: am Anfang zärtlich und scheu, am Ende sich verzweifelt aneinanderklammernd – so kann man durch dieses Motiv die Entwicklung der Beziehung von Romeo und Julia verfolgen.«

    Nahaufnahme aus einer Probe im Ballettsaal © Archiv Hamburg Ballett

    In Hamburg hatte das Handlungsballett drei Jahre nach der Uraufführung, am 6. Januar 1974, Premiere und setzte auch hier seine Erfolgsgeschichte fort. Wie es bei vielen Klassikern von John Neumeier üblich ist, hat das Stück seitdem immer wieder viele Veränderungen erfahren und entwickelt sich stetig weiter, wird der neuen Besetzung von Tänzerinnen und Tänzern angepasst und gemeinsam mit diesen erarbeitet: »Solange der Choreograf lebt, ist eine Choreografie nicht endgültig. Sie wird zusammen mit den jeweils neuen Interpreten der Rolle infrage gestellt, neu formuliert«, so John Neumeier.

    Fotos © Archiv Hamburg Ballett

    Fotos © Kiran West

    Insbesondere das von Jürgen Rose 1981 überarbeitete Bühnenbild ließ die Inszenierung noch präziser und prägnanter werden: »Dem bis ins kleinste Detail überlegten Konzept des Choreografen entsprach eine starke architektonische Klarheit des Raumes. Übersichtlichkeit als Prinzip: sichtbare, schnelle Wechsel von großer Wirkung. Der Raum wird transparent, der Hintergrund reißt auf, die Menschen sind nur noch silhouettenhaft sichtbar, charakteristisch für Johns Arbeitsweise, auch in späteren Balletten«, so Jürgen Rose.

    Bühnenbild von Jürgen Rose © Kiran West

    Weltweit erfreut sich »Romeo und Julia« in der Version von John Neumeier bis heute großer Beliebtheit und wurde in das feste Repertoire des Königlich Dänischen Balletts sowie des Tokyo Ballet übernommen. Auch das Hamburg Ballett tourte immer wieder mit der Liebesgeschichte um den Globus und war im Laufe der Jahre unter anderem in Granada, Genua, Sardinien und Baden-Baden zu Gast.

    Auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper tanzten Romeo und Julia zuletzt im Rahmen der Gala »The World of John Neumeier« zu seinem 80. Geburtstag im Jahr 2019.

    Ida Praetorius und Jacopo Bellussi bei der Gala »The World of John Neumeier« © Kiran West

    Aufmacherfoto: John Neumeier und Marianne Kruuse © Archiv Hamburg Ballett

    Friederike Adolph

  • Online-Programm für zu Hause

    Online-Programm für zu Hause

    Leider können wir aufgrund des Coronavirus derzeit nicht auftreten. Wir vermissen es, auch wenn wir es für die richtige Entscheidung halten. Um Euch trotz allem diese häusliche Zeit angenehmer zu gestalten, haben wir ein exklusives Online-Programm zusammengestellt, das wir hier direkt auf unserem Blog aber auch auf unserer Webseite, in unserem Instagram-TV und auf Facebook veröffentlichen:

    Bei einem virtuellen Ballett-Training könnt ihr zu Hause mit den Star-Tänzern Lloyd Riggins und Madoka Sugai trainieren. Erlebt Ausschnitte aus Choreografien für die entfallenden Vorstellungen von »Junge Choreografen« und seht bisher unveröffentlichtes Bild-Material aus dem Kreationsprozess von John Neumeiers Ballett »Die Glasmenagerie«.

    Den genauen Zeitplan findet Ihr auf unserer Webseite hier.

    Außerdem gibt es John Neumeiers Ballett »Beethoven-Projekt« in der arte-Mediathek als Stream.

    Teilt eure häuslichen Momente mit #hamburgballet und verpasst nichts mehr rund um unser Online-Programm:

    Wir wünschen Euch viel Freude beim Anschauen und Mitmachen!
    Bleibt gesund.

    Standbild aus der Video-Compilation von »Junge Choreografen« © Kiran West

  • »Beethoven-Projekt« als Film

    »Beethoven-Projekt« als Film

    In unserer Reihe »Das Hamburg Ballett in Zahlen« veröffentlichen wir regelmäßig interessante Zahlen und Fakten rund um das Hamburg Ballett. Was verbirgt sich wohl hinter der heutigen Zahl?

    2020 feiert die ganze Welt den 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven. John Neumeier würdigte den Jubilar schon 2018 mit der Kreation des »Beethoven-Projekt«, sein erstes abendfüllendes Ballett zur Musik von Beethoven. Bei unserem Gastspiel im Festspielhaus Baden-Baden zu Beginn dieser Spielzeit wurden die beiden Vorstellungen des »Beethoven-Projekt« vom SWR für eine Filmfassung aufgezeichnet. Insgesamt 9 Kameras waren dafür im Einsatz!

    Auf diesem Screenshot während »Die Geschöpfe des Prometheus« sind die Einstellungen der 8 Saalkameras sowie das ausgewählte Kamerabild zu sehen – hier war Kamera 5 ›on-air‹ © Myriam Hoyer

    Zwei Kameras standen zu beiden Seiten dicht an der Bühne, um das Orchester und den Bühnenboden einzufangen. »Das ergibt tolle Bilder für Aktionen auf dem Boden, wie zum Beispiel das Close-up vom Kopfstand des Hauptdarstellers Aleix Martínez zu Beginn des Balletts«, erklärt Myriam Hoyer, die die Regie für die Filmfassung führte.

    Zwei weitere Kameras verfolgten die TänzerInnen von Kopf bis Fuß mit genug Luft darüber, um erhobene Arme oder Hebefiguren im Bild zu haben. »Dafür braucht man balletterfahrene Kameraleute. In diesem Fall waren das Isabelle Audigé und Marina Poole aus Frankreich. Sie haben schon mehrere Ballette von John Neumeier gefilmt und studieren die Choreografie vorher sehr genau, meistens mithilfe von Arbeitsvideos«, sagt Myriam Hoyer.

    Wieder zwei Kameras filmten mit halbnaher Einstellung, also die Oberkörper der TänzerInnen inklusive Hände, um ein detaillierteres Bild zu haben, wenn die Füße in der Choreografie pausieren.

    Eine Kamera filmte eigenständig, ohne Kameraführung, vom Balkon aus die etwas aufsichtige Bühnentotale, d.h. die ganze Bühne von schräg oben. Diese Einstellung sieht man öfter gegen Ende der »Eroica«.

    Eine weitere Kamera wurde für die geführte Totale genutzt. Sie wurde der Szene angepasst, indem sie mitschwenkte oder -zoomte. Der Kameramann Gerry Kaul, der sie bediente, war auch für die neunte Kamera verantwortlich, die eine ganz besondere Aufgabe hatte: »Am Ende des Streichquartetts schlich er aus dem Saal, um in der Szene mit dem offenen Bühnenumbau die mobile Schulterkamera zu bedienen. Er wurde somit zum Darsteller! John Neumeier gab ihm genaue Anweisungen, wie er sich bewegen und was er dabei filmen sollte. Das Publikum ist also nur wegen der Filmaufnahmen in den Genuss gekommen, einen echten Kameramann auf der Bühne zu erleben!«, verrät Myriam Hoyer.

    Im Film ist die Umbau-Szene mit dem Kameramann auf der Bühne in schwarz-weiß umgesetzt!
    (oben: Fotos © Kiran West / unten: Screenshots beim Schnitt © Myriam Hoyer)

    Wie schon bei vorherigen Aufzeichnungen seiner Ballette, hat sich John Neumeier aktiv in die Entstehung des Films eingebracht. Während der Aufzeichnung saß er im Übertragungswagen direkt neben Myriam Hoyer. Auch die Retake-Session am Ende der zweiten Vorstellung hat John Neumeier persönlich geleitet. Nachdem Myriam Hoyer den ersten Rohschnitt erstellt hatte, ist der Choreograf erneut nach Baden-Baden gereist, um zusammen mit der Regisseurin dem Film den letzten Feinschliff zu verleihen.

    John Neumeier im Schnittraum des SWR Baden-Baden © Kiran West

    Das Ergebnis kann einmalig am kommenden Montag, den 20. Januar auf Großleinwand in der Hamburgischen Staatsoper gesehen werden: Tickets gibt es zum Kinopreis von 10 €. Die DVD/Blu-ray kann man vor Ort zum Sonderpreis von 15 € kaufen und auch gleich von John Neumeier signieren lassen!

    Lisa Zillessen

    Mehr zur Filmfassung des »Beethoven-Projekt« erfahrt ihr im Beitrag der Reihe »3 Fragen an«: Dr. Wolfgang Gushurst zur SWR-Fernsehaufzeichnung von John Neumeiers »Beethoven-Projekt«.

  • Tanz lesen – »Die Glasmenagerie« aus der Sicht einer Choreologin

    Tanz lesen – »Die Glasmenagerie« aus der Sicht einer Choreologin

    Sonja Tinnes ist Choreologin des Hamburg Ballett. Seit 25 Jahren begleitet sie die Kreationsphasen der Ballette von John Neumeier und verwandelt die Bewegungen im Raum in lesbare Zeichen auf Papier. Sie notiert die Schritte, Sprünge, Drehungen, Hebungen, aber auch die Intention, Gefühle und Hintergründe, die John Neumeier seinen TänzerInnen bei der Kreation in Worten erklärt. Anlässlich der Uraufführung von »Die Glasmenagerie« hat sie mit mir über ihre Arbeit gesprochen.

    Mit der Uraufführung von »Die Glasmenagerie« am 1. Dezember blickt Sonja auf 25 Jahre Zusammenarbeit mit John Neumeier zurück: 1994 kam sie zum ersten Mal zum Hamburg Ballett, um im Rahmen ihrer Ausbildung den 2. und 3. Satz der Kreation von John Neumeier zur 9. Sinfonie von Gustav Mahler zu notieren – eine Winterpremiere, wie »Die Glasmenagerie«.

    Das Handlungsballett nach Tennessee Williams‘ Schauspiel ist die 40. Kreation von John Neumeier, die Sonja begleitet und notiert. Sie sitzt im Ballettsaal neben dem Choreografen und versucht alles aufzuschreiben, was in dem Moment entsteht. Dabei achtet sie besonders darauf, an welcher Stelle in der Musik die Schritte und Bewegungen liegen. »Für John ist im Prozess der Kreation besonders wichtig, dass da jemand ist, der ihm sagen kann, wo wir gerade musikalisch gesehen sind.« Damit bei Wiederholungen nicht immer von vorne angefangen werden muss, schreibt Sonja Ankerpunkte in Choreografie und Musik auf, an denen man sich orientieren kann.

    Eine Szene aus »Die Glasmenagerie«; von Sonja im Kreationsprozess mitgeschrieben © Pressestelle Hamburg Ballett/Choreografie von John Neumeier

    Es kommt auch vor, dass John Neumeier bestimmten Schrittfolgen einen erfundenen assoziativen Namen gibt. In Sonjas Notation zu einer Szene in »Die Glasmenagerie« stehen dann Begriffe wie »Sausage Roll«. »Das ist eine gute Gedankenstütze für mich und die Ballettmeister«, erklärt sie mir.

    Manche Sequenzen könne sie im Moment der Kreation gut minimalistisch mitschreiben. So beispielsweise die sogenannte »Crossfire-Sequenz« in der Schuhfabrik-Szene aus »Die Glasmenagerie«, in der die Tänzer Schuhkartons hin und her werfen. Für die Kreations- und Probenphase reicht es, dass Sonja die Formation skizziert und mit Hilfe von Pfeilen aufzeichnet, wie die Kartons und Schuhe innerhalb der Formation geworfen werden: »Ich habe die einzelnen Elemente, die in dieser Sequenz vorkommen und schreibe dann nur noch auf, in welcher Reihenfolge sie passieren.«

    In dieser Szene am Familientisch in »Die Glasmenagerie« ging in der Kreation alles so schnell, dass Sonja nur die Wege der TänzerInnen um den Tisch herum mitschreiben konnte © Pressestelle Hamburg Ballett/Choreografie von John Neumeier
    Edvin Revazov, Patricia Friza, Félix Paquet und Alina Cojocaru in einer Probe zur Szene am Familientisch in »Die Glasmenagerie« © Kiran West

    Nach der Uraufführung wird sich Sonja an den Schreibtisch setzen und die fertige Choreografie als Partitur »schön schreiben«. Zur Hilfe nimmt sie dann auch die Filmaufnahmen, die sie vor allem während der Endproben angefertigt hat. »Wenn ich die Partitur schreibe, dann schreibe ich alle Systeme – jede einzelne Bewegung von jedem einzelnen Tänzer – von vorne bis hinten auf die Musik, also immer zum dazugehörigen Takt.« Ihre Tanzpartitur sieht am Ende aus wie eine Orchesterpartitur: Jede/r TänzerIn bekommt eine eigene Zeile, diese stehen übereinander und sind in die entsprechenden Takte der dazugehörigen Musik gegliedert. Gruppenszenen, wie die »Crossfire-Sequenz«, in denen viele Tänzer gleichzeitig unterschiedliche Schritte tanzen, sind in der Partitur daher sehr aufwendig zu notieren und nehmen viel Platz ein.

    Das Ensemble in einer Probe zur Schuhfabrik-Szene in »Die Glasmenagerie« © Kiran West

    Obwohl sie nach 25 Jahren und 42 geschriebenen Tanzpartituren schon reichlich Erfahrung gesammelt hat, wird ihr die Aufgabe nie langweilig: »Es ist ein wirklich toller und interessanter Job! Man lernt immer etwas Neues über Musik und Theater. Gerade bei der ›Glasmenagerie‹: Es ist für John ein wichtiges Stück und er hat sehr lange darauf hingearbeitet. Er hat zwar eine persönliche Choreografie-Handschrift, aber auch für dieses Ballett wieder eine ganze eigene Tanz-Sprache für die Charaktere gefunden.«

    Vielen Dank für den interessanten Einblick in deine Arbeit als Choreologin, liebe Sonja!

    Lisa Zillessen

  • John Neumeier und Gustav Mahler

    John Neumeier und Gustav Mahler

    In unserer Reihe »Das Hamburg Ballett in Zahlen« veröffentlichen wir regelmäßig interessante Zahlen und Fakten rund um das Hamburg Ballett. Was verbirgt sich wohl hinter der heutigen Zahl?

    Gustav Mahlers Werke faszinieren Choreografinnen und Choreografen seit Jahrzehnten. Die Poesie seiner Sinfonien und Lieder verlangt geradezu nach Gesten und Bewegungen. Auch für John Neumeier ist die Musik des österreichischen Komponisten eine große Inspiration. Insgesamt 15 Ballette zu Musik von Gustav Mahler hat er bis heute kreiert. Das ist eine ganze Menge! Aber warum eigentlich Mahler?

    »Vielleicht ist es die Gegensätzlichkeit, die mich an der Musik Mahlers reizt. Dieses Prinzip scheint mit ähnlich dem Grundprinzip des Tanzes. Mahler führt uns mit seiner Musik in Bereiche, die uns im tiefsten Inneren bekannt sind. Er verführt uns manchmal zuerst durch Trivialitäten (Walzer, Ländler usw.), die wir mögen, aber er benutzt sie wie Brücken, um auf eine metaphysische Ebene zu gelangen. Das ist es, was mich an Mahler fasziniert«, so John Neumeier.

    Aufzeichnungen nach einem Gespräch, abgedruckt im Programmheft zu »Dritte Sinfonie von Gustav Mahler«
    Hélène Bouchet und Alexandr Trusch in John Neumeiers Version von »Das Lied von der Erde« © Kiran West

    John Neumeiers Begeisterung für die Musik von Mahler begann 1965, als der Choreograf Kenneth McMillan mit dem Stuttgart Ballett »Das Lied von der Erde« kreierte. John Neumeier war damals noch Tänzer in Stuttgart, er tanzte in der Gruppe und wusste: Mahler ist meiner!

    Wirklich los mit Mahler ging es 1974 mit einem Pas de Trois auf den vierten Satz aus der »Dritten Sinfonie«, als Erinnerung an John Cranko in Stuttgart. Nur ein Jahr später, John Neumeier war bereits Direktor in Hamburg, feierte seine Choreografie zur ganzen »Dritten Sinfonie von Gustav Mahler« Uraufführung. Mit der »Dritten Sinfonie« schuf John Neumeier eine neue Form des abendfüllenden Balletts, das sinfonische Ballett. Ein sinfonisches Ballett orientiert sich an einem Orchesterwerk und erzählt keine Geschichte; es sind Bewegungen zur Musik, die im Vordergrund stehen; John Neumeiers Gedanken, Emotionen und Assoziationen beim Hören der Musik von Mahler fließt in diese Kreationen mit ein.

    Fast alle Sinfonien wurden von John Neumeier choreografiert, die 1., 3., 4., 5., 6., 7., 9. und 10, um genau zu sein. Immer wieder werden die vergleichsweise kurzen sinfonischen Ballette mit anderen Werken aus seinem Oeuvre kombiniert. Zum Beispiel »All Our Yesterdays«: John Neumeiers »Soldatenlieder (Des Knaben Wunderhorn)«, ebenso zu Musik von Mahler, trifft auf die »Fünfte Sinfonie.«

    Dieser Ballettabend ist etwas Besonderes: Er wurde angeregt durch die schönen, hellen Räume des neuen Ballettzentrums, in welches das Hamburg Ballett und die angegliederte Ballettschule 1989 eingezogen sind. Die durchaus sehr anspruchsvolle Kreation war John Neumeiers Geschenk an seine Compagnie zur Einweihung. Immer wieder bestätigt sich, dass gerade die »Fünfte Sinfonie« ein Stück ist, das die Qualität und Kompetenz des gesamten Ensembles zum Strahlen bringt. Und gerade deshalb sollte man sich den Ballettabend »All Our Yesterdays« nicht entgehen lassen. Ein weiterer Grund ist das wunderbare Zusammenspiel von Musik und Tanz, Tanz und Musik. Dieser Eindruck wird zusätzlich verstärkt durch die beiden Sängerinnen und Sänger, die in »Soldatenlieder (Des Knaben Wunderhorn)« gemeinsam mit den Tänzerinnen und Tänzern auf der Bühne stehen und eine Auswahl an Mahlers Liedern aus der Volksliedsammlung »Des Knaben Wunderhorn« zum Klingen bringen. Der Abend ist poetisch und lyrisch, mal melancholisch und traurig, mal humorvoll, optimistisch und hoffnungsvoll. Und vor allem: Ein tänzerischer und musikalischer Hochgenuss!

    Nathalia Schmidt

  • »Orphée et Eurydice« Oper trifft auf Ballett

    »Orphée et Eurydice« Oper trifft auf Ballett

    Petra Müller ist Spielleiterin an der Hamburgischen Staatsoper. Zwischen den Endproben und der ersten Vorstellung im Festspielhaus Baden-Baden erzählt sie mir von ihrem Job, von der Probenarbeit zu »Orphée et Eurydice« und den Besonderheiten einer Ballett-Oper.

    Sie sind die guten Geister des Repertoires. An Opernhäusern und Theatern sorgen die Spielleiter dafür, dass die Stücke immer lebendig bleiben, auch wenn sie schon seit vielen Jahren auf dem Spielplan stehen. Petra Müller ist seit 20 Jahren an der Hamburgischen Staatsoper angestellt und hat schon viele Generationen von Sängern in die Ideenwelt diverser Inszenierungen eingearbeitet. Unter anderem ist sie bei der Einstudierung der Ballett-Oper »Orphée et Eurydice« beteiligt, inszeniert und choreografiert von John Neumeier. Die Produktion feierte im Jahr 2017 Uraufführung in Chicago, wurde anschließend in Los Angeles gezeigt. Beide Male hat das Joffrey Ballet die tänzerischen Parts übernommen. Im Februar 2019 folgte die Hamburg-Premiere unter Beteiligung des Hamburg Ballett. »Sobald die Proben in Hamburg begonnen haben, war ich als Spielleiterin voll im Einsatz, als Assistentin begleite und unterstütze ich den Regisseur«. Eine Inszenierung, die Petra von Anfang begleitet hat, betreut sie in der Regel auch später. Und so sehen wir sie bei der Vorstellungsserie in Baden-Baden wieder.

    An jeder Neueinstudierung an der Hamburgischen Staatsoper sind ein, manchmal auch zwei Spielleiter beteiligt. Diese sind dann für die an der Produktion beteiligten Sänger verantwortlich, aber auch für die Statisten und den Chor, wenn dieser eine Szene auf der Bühne hat. Als Spielleiterin bei »Orphée et Eurydice« ist Petra für insgesamt drei Sänger zuständig. Von Anfang an ist sie in die Ideen des Regisseurs John Neumeier involviert. Während der Proben schreibt sie alles auf – ähnlich wie es bei einer Ballettproduktion der Choreologe macht. Im sogenannten Regiebuch sind alle Anweisungen der Regie vermerkt. Das Regiebuch ist ein Klavierauszug, in dem zwischen zwei Notenseiten immer eine leere Blankoseite eingeklebt wird, auf der die Spielleiterin wichtige Gedanken des Regisseurs, Auf- und Abgänge der Sänger, Blickrichtungen, technische Ereignisse und vieles mehr festhält. »Ich notiere mir auch, welche Kostüme die Sänger anhaben oder ob sie mit speziellen Requisiten spielen«.

    Ein Blick in das Regiebuch © Kiran West

    Wichtig ist, dass man genau erkennen kann, wie die Inszenierung abläuft, sodass man sie später eigenständig einstudieren kann. »In der Oper ist es üblich, dass ein Regisseur nach der Premiere seine Arbeit beendet«, erklärt mir Petra. »Dann sind wir als Spielleiter gefragt, wir können dank unserer Regiebücher ein Stück selbstständig über viele Jahre hinweg immer wieder aufnehmen. Wir allein sind dafür verantwortlich die Ideen des Regisseurs weiterzugeben und die gesamte Umsetzung so gut wie möglich zu erhalten«. Das erklärt auch die Bezeichnung Spielleiter, die an vielen Opernhäusern geläufig ist. Bei einer neuen Besetzung kann ein Spielleiter mithilfe des Regiebuchs die neuen Sänger präzise einarbeiten. »Jeder Sänger arbeitet anders. Bei einer Operninszenierung darf es kleinere Änderungen geben, ein Sänger macht vielleicht noch einen Schritt, bevor seine Phrase beginnt. Das geht natürlich bei einer Ballett-Oper nicht. Die Sänger, die sich zwischen den Tänzern bewegen, müssen alles minutiös richtig machen, sozusagen auf der richtigen Zählzeit. Alles muss miteinander passieren. Bei Orphée ist alles sehr viel präziser vom Timing als es in einer Oper wäre. Das macht es aber auch so faszinierend!«.

    Schwieriger wird es immer, wenn ein Sänger bei einer Oper kurzfristig einspringt. Dann muss ein Spielleiter eine Art Gastfassung erstellen. Der Sänger braucht die wesentlichen Informationen, aber nicht zu viele. »Das muss alles sehr schnell gehen. Der »Einspringer« kommt ja meist ein paar Stunden vor Beginn der Vorstellung angereist. Mit der Kurzfassung müssen wir es schaffen, diesen Sänger in die Produktion zu bringen. Wir geben ihm eine Art Stichwortzettel in die Hand, in der das Wichtigste draufsteht. Geh nach links, nimm das Buch in die Hand, bleibe in der Mitte stehen. Ich bin in solchen Momenten dann hinter der Bühne. Zwischen seinen Auftritten gehen wir die nächsten Regieanweisungen durch. Szene für Szene.« Im Notfall springt die Spielleiterin selbst ein. Dies ist bei »Orphée et Eurydice« zum Glück nicht der Fall. Dennoch schaut Petra lieber von der Seitenbühne auf die Inszenierung. Für die Auftritte der Sänger ist dann aber der Inspizient verantwortlich.

    John Neumeier bei einer Probe zu »Orphée et Eurydice« © Kiran West

    Bei der Ballett-Oper »Orphée et Eurydice« ist alles etwas anders, denn hier gibt es einen Regisseur, der nach der Premiere nicht geht, sondern jede weitere Vorstellungsserie leitet. Änderungen, auch nach der Premiere, sind immer möglich. So auch in Baden-Baden: »John Neumeier ist sehr kreativ und entwickelt seine Stücke immer weiter. So bleiben seine Stücke lebendig. Das ist anders als bei einer Oper, die meist nach der Premiere fertig ist. Es ist eher selten, dass ein Opernregisseur noch einmal wiederkommt und nachträglich neue Anweisungen gibt«, so Petra. In Baden-Baden herrscht schon immer eine kreative Atmosphäre für John Neumeier. Viele seiner Ballette verändern sich bei den Proben auf der großen Bühne des Festspielhauses. Das kann Lichteinstellungen betreffen, aber auch die Choreografie oder – wie im Fall der Ballett-Oper – die Inszenierung. Nur einen Tag vor der Baden-Baden Premiere von »Orphée et Eurydice« gibt es eine wesentliche Änderung, die vor allem die Sänger betrifft. Für Petra ist dies keine stressige Situation, sondern etwas sehr Erfreuliches: »Ich bin total begeistert, John Neumeier hat immer sehr gute Ideen; das was er sieht und verändert, ist wunderbar. Der zusätzliche Schlussauftritt von Eurydice ist wirklich eine Steigerung gegenüber der letzten Vorstellungsserie«! Und was genau hat er verändert? »Ganz am Ende des Stücks kommt Eurydice noch einmal auf die Bühne, quasi wie eine Erscheinung. Orphée geht für das Schlussbild mit ihrem Schleier nach vorne raus und er hat das Gefühl, dass sie da ist, dass sie bei ihm ist. Wenn der Vorhang fällt, sehen wir alle drei Sänger auf der Bühne: Orphée, Eurydice und Amor. Ein berührendes Schlussbild!«

    Arianna Vendittelli und Dmitry Korchak als Eurydice und Orphée © Kiran West

    Für Petra geht mit der Arbeit an der Ballett-Oper »Orphée et Eurydice« ein Wunsch in Erfüllung. Bevor sie als Spielleiterin nach Hamburg ging, war sie mit nur 18 Jahren und noch vor dem Studium als Regieassistentin am Theater in Altenburg angestellt. »Das Theater bot Oper, Operette und Ballett an. Ich war meistens beim Ballett, da die Operette für mich als 18-jährige noch nicht so interessant war. Die Tänzer waren alle jung, in meinem Alter und so fand man mich immer wieder in einer Ballettprobe«. Mit »Orphée et Eurydice« schließt sich nun der Kreis. »Als Regieassistentin habe ich praktisch das gemacht, was ich jetzt auch in Hamburg mache. Durch die Ballettproduktionen, die ich damals am Theater Altenburg betreut habe, kenne ich mich im Ballett ein wenig aus. Ich weiß beispielsweise, was eine Arabeske ist oder eine Pirouette. Eine Sache habe ich vorher tatsächlich noch nie gemacht: Für »Orphée« suche ich die Spitzenschuhe für die Sängerin der Eurydice aus. Eine sehr exotische Aufgabe!«. Ohnehin übernimmt Petra auf dieser Tournee auch andere, neue Aufgaben, die sie als Spielleiterin in Hamburg sonst nicht machen würde: »Ich bin hier in Baden-Baden quasi für alles zuständig, wo die Musik live ist. Wenn zum Beispiel der Chor Chormappen braucht, dann kümmere ich mich darum. In Hamburg wäre es Aufgabe des Orchesterwarts. Ich übernehme hier gerne diese anderen Aufgaben, ich arbeite gerne so!«.

    Die Begeisterung für ihren Beruf ist spürbar. Trotz kurzfristiger Änderungen, die jederzeit möglich sind und immer wieder neuen Herausforderungen, findet sie die Arbeit an der Staatsoper absolut erfüllend. »Die Arbeit an der Ballett-Oper ist nicht nur für mich, sondern auch für die Künstler etwas ganz Besonderes«, fügt sie noch hinzu. »Ich merke, wie zwei Künstlergruppen hier aufeinandertreffen und sich gegenseitig beflügeln. Die Sänger sind fasziniert von der Tänzerwelt, von dieser Präzision und Hingabe. Auch die Tänzer blicken fasziniert auf die Sänger, wenn sie ihre Stimme hören. Dieses gemeinsame Projekt ist ein einmaliges Erlebnis für alle Beteiligten!«

    In knapp zwei Stunden beginnt die erste Vorstellung von »Orphée«. Petra möchte nachsehen, ob die Sänger schon da sind und ob sie etwas brauchen. Bevor sie geht, hat sie noch eine letzte Anekdote für mich: »Bei einer Probe hier in Baden-Baden hat der Sänger, der Orphée verkörpert, bei der Furienszene aufgehört zu singen, weil er die Harfe nicht richtig hören konnte. Die Tänzer, als Furien, haben die Melodie einfach weiter gesungen.« Das ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie Tänzer und Sänger im Laufe der Zeit zusammengewachsen sind!

    Nathalia Schmidt

  • Ballett-Tester für »Ein Sommernachtstraum« gesucht!

    Ballett-Tester für »Ein Sommernachtstraum« gesucht!

    Die Ballett-Tester gehen in die nächste Runde: Erlebe John Neumeiers Ballettklassiker »Ein Sommernachtstraum« vor allen anderen – wir vergeben 3 Plätze für die Hauptprobe am 6. September um 17 Uhr in der Staatsoper!

    Was macht ein BallettTester?

    Wir wollen von Dir wissen, wie Du das Ballett erlebt hast: Was hat Dich an der Inszenierung beeindruckt? Wie hat Dir der Tanz gefallen? Und wie hast Du die Musik empfunden? Dein Bericht wird hier auf dem Hamburg Ballett-Blog veröffentlicht – so kannst Du Deine Eindrücke und Erlebnisse mit anderen teilen.

    Termin:

    John Neumeier »Ein Sommernachtstraum«
    Freitag, 6. September 2019, 17.00 Uhr
    Hauptprobe, Staatsoper Hamburg (Großes Haus)
    Für Tester zwischen 10 und 30 Jahren


    Wie werde ich BallettTester?

    Du bist zwischen 10 und 30 Jahre alt und hast an dem Termin Zeit? Dann melde dich ab sofort an. Schreib uns bis Montag, 2. September, eine Mail an schausdiran@staatsoper-hamburg.de mit ein paar Angaben zu Dir und sag uns, warum Du unbedingt dabei sein möchtest. Unter allen Einsendungen verlosen wir drei Plätze für die Hauptprobe.

    Wir freuen uns auf Dich!