Pianist Michal Bialk über das »Beethoven-Projekt«
Zu Beginn des ersten abendfüllenden Balletts von John Neumeier zur Musik von Ludwig van Beethoven steht ein Flügel auf der Bühne. Davor – mittendrin und als Teil der Choreographie – sitzt Pianist Michal Bialk. Er interpretiert zunächst solo die »Eroica-Variationen«, fusioniert dann mit zwei Streichern zum »Geistertrio« und lässt den Flügel mit dem 2. Satz der Klaviersonate in D-Dur op. 10 Nr 3 ausklingen.
Seit der Uraufführung im Juni 2018 in Hamburg ist Michal Bialk Teil des »Beethoven-Projekt«, hat die Compagnie im März 2019 nach Hongkong begleitet und war auch beim saisoneröffnenden Gastspiel im Festspielhaus Baden-Baden dabei. Für unseren Blog hat er mir drei Fragen beantwortet.
Warum und seit wann ist das Klavier dein Instrument und wie stehst du zu Beethovens Musik?
Michal Bialk: Es ist ein tolles Instrument und die Literatur für das Klavier grandios. Natürlich gibt es viele fantastische Instrumente, aber die Komponisten mehrerer Jahrhunderte haben sich große Mühe gegeben, damit ich auf diesem gut zu tun habe. Kurz gesagt: Ich liebe das Klavier sowie die geniale Musik, die dafür geschrieben wurde und möchte sie spielen! Das habe ich eigentlich erst als Teenager gespürt – ohne dass Eltern, Großeltern oder Freunde ihre Finger im Spiel hatten.
Würde man Musiker generell – aber vor allem Pianisten – fragen, was das Universellste in der gestandenen alten, traditionsreichen Musik seit der Barockzeit ist, das alle möglichen Emotionen des 21. Jahrhunderts wiederspiegelt, dann wäre die Antwort »Beethoven«.
Er ist sehr modern! Ich denke, wenn wir seine Musik spielen, dann spielen wir sie heute. Das ist das ›Coole‹ an Beethoven.
Wie hast du die Kreation des »Beethoven-Projekt« erlebt?
Es war die erste Kreation, in die ich intensiv eingebunden war und daher sehr spannend. Es ist unfassbar interessant mit John zu arbeiten und im Studio zu sehen, wie Ballett zu Musik entsteht. Ich durfte in eine eigene Welt eintauchen!
Als besonders habe ich die Interaktion zwischen John und seinen Tänzern erlebt. Nicht in der Beziehung Choreograf/Ballettdirektor mit seiner Compagnie/Solisten, sondern als Charaktere, die so sind, wie sie sind. Dazu kam Beethovens Musik, die so ist, wie sie ist und nicht angepasst werden sollte. Die ehrliche Arbeit mit der Musik bleibt unvergesslich.
Wie ist es mit dem Hamburg Ballett auf Tour zu sein?
Es ist sehr schön, kreativ und immer als Prozess zu sehen: Für Hongkong wurde die Hamburg-Fassung von John ein wenig geändert. Das war auch für meinen Teil spürbar. Zuletzt in Baden-Baden gab es wieder zwei kleine Änderungen, die auch mich betreffen.
Deren Ursprung liegt in den unterschiedlichen Bühnen. Es geht um die Dimensionen und die Position des Flügels. Das beeinflusst ganz stark die Akustik des Instruments. Dementsprechend muss der Flügel auf jeder Bühne individuell platziert werden, damit die Kraft und Botschaft, die in den Variationen liegt, im Zuschauerraum auch Johns Vorstellung entsprechend ankommt.
Es wird nie langweilig, ist ein Work-in-Progress und einfach ›super toll‹!
Vielen Dank für das Gespräch, lieber Michal!
Lisa Zillessen