Schlagwort: Beethoven-Projekt

  • Online-Programm für zu Hause

    Online-Programm für zu Hause

    Leider können wir aufgrund des Coronavirus derzeit nicht auftreten. Wir vermissen es, auch wenn wir es für die richtige Entscheidung halten. Um Euch trotz allem diese häusliche Zeit angenehmer zu gestalten, haben wir ein exklusives Online-Programm zusammengestellt, das wir hier direkt auf unserem Blog aber auch auf unserer Webseite, in unserem Instagram-TV und auf Facebook veröffentlichen:

    Bei einem virtuellen Ballett-Training könnt ihr zu Hause mit den Star-Tänzern Lloyd Riggins und Madoka Sugai trainieren. Erlebt Ausschnitte aus Choreografien für die entfallenden Vorstellungen von »Junge Choreografen« und seht bisher unveröffentlichtes Bild-Material aus dem Kreationsprozess von John Neumeiers Ballett »Die Glasmenagerie«.

    Den genauen Zeitplan findet Ihr auf unserer Webseite hier.

    Außerdem gibt es John Neumeiers Ballett »Beethoven-Projekt« in der arte-Mediathek als Stream.

    Teilt eure häuslichen Momente mit #hamburgballet und verpasst nichts mehr rund um unser Online-Programm:

    Wir wünschen Euch viel Freude beim Anschauen und Mitmachen!
    Bleibt gesund.

    Standbild aus der Video-Compilation von »Junge Choreografen« © Kiran West

  • »Beethoven-Projekt« als Film

    »Beethoven-Projekt« als Film

    In unserer Reihe »Das Hamburg Ballett in Zahlen« veröffentlichen wir regelmäßig interessante Zahlen und Fakten rund um das Hamburg Ballett. Was verbirgt sich wohl hinter der heutigen Zahl?

    2020 feiert die ganze Welt den 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven. John Neumeier würdigte den Jubilar schon 2018 mit der Kreation des »Beethoven-Projekt«, sein erstes abendfüllendes Ballett zur Musik von Beethoven. Bei unserem Gastspiel im Festspielhaus Baden-Baden zu Beginn dieser Spielzeit wurden die beiden Vorstellungen des »Beethoven-Projekt« vom SWR für eine Filmfassung aufgezeichnet. Insgesamt 9 Kameras waren dafür im Einsatz!

    Auf diesem Screenshot während »Die Geschöpfe des Prometheus« sind die Einstellungen der 8 Saalkameras sowie das ausgewählte Kamerabild zu sehen – hier war Kamera 5 ›on-air‹ © Myriam Hoyer

    Zwei Kameras standen zu beiden Seiten dicht an der Bühne, um das Orchester und den Bühnenboden einzufangen. »Das ergibt tolle Bilder für Aktionen auf dem Boden, wie zum Beispiel das Close-up vom Kopfstand des Hauptdarstellers Aleix Martínez zu Beginn des Balletts«, erklärt Myriam Hoyer, die die Regie für die Filmfassung führte.

    Zwei weitere Kameras verfolgten die TänzerInnen von Kopf bis Fuß mit genug Luft darüber, um erhobene Arme oder Hebefiguren im Bild zu haben. »Dafür braucht man balletterfahrene Kameraleute. In diesem Fall waren das Isabelle Audigé und Marina Poole aus Frankreich. Sie haben schon mehrere Ballette von John Neumeier gefilmt und studieren die Choreografie vorher sehr genau, meistens mithilfe von Arbeitsvideos«, sagt Myriam Hoyer.

    Wieder zwei Kameras filmten mit halbnaher Einstellung, also die Oberkörper der TänzerInnen inklusive Hände, um ein detaillierteres Bild zu haben, wenn die Füße in der Choreografie pausieren.

    Eine Kamera filmte eigenständig, ohne Kameraführung, vom Balkon aus die etwas aufsichtige Bühnentotale, d.h. die ganze Bühne von schräg oben. Diese Einstellung sieht man öfter gegen Ende der »Eroica«.

    Eine weitere Kamera wurde für die geführte Totale genutzt. Sie wurde der Szene angepasst, indem sie mitschwenkte oder -zoomte. Der Kameramann Gerry Kaul, der sie bediente, war auch für die neunte Kamera verantwortlich, die eine ganz besondere Aufgabe hatte: »Am Ende des Streichquartetts schlich er aus dem Saal, um in der Szene mit dem offenen Bühnenumbau die mobile Schulterkamera zu bedienen. Er wurde somit zum Darsteller! John Neumeier gab ihm genaue Anweisungen, wie er sich bewegen und was er dabei filmen sollte. Das Publikum ist also nur wegen der Filmaufnahmen in den Genuss gekommen, einen echten Kameramann auf der Bühne zu erleben!«, verrät Myriam Hoyer.

    Im Film ist die Umbau-Szene mit dem Kameramann auf der Bühne in schwarz-weiß umgesetzt!
    (oben: Fotos © Kiran West / unten: Screenshots beim Schnitt © Myriam Hoyer)

    Wie schon bei vorherigen Aufzeichnungen seiner Ballette, hat sich John Neumeier aktiv in die Entstehung des Films eingebracht. Während der Aufzeichnung saß er im Übertragungswagen direkt neben Myriam Hoyer. Auch die Retake-Session am Ende der zweiten Vorstellung hat John Neumeier persönlich geleitet. Nachdem Myriam Hoyer den ersten Rohschnitt erstellt hatte, ist der Choreograf erneut nach Baden-Baden gereist, um zusammen mit der Regisseurin dem Film den letzten Feinschliff zu verleihen.

    John Neumeier im Schnittraum des SWR Baden-Baden © Kiran West

    Das Ergebnis kann einmalig am kommenden Montag, den 20. Januar auf Großleinwand in der Hamburgischen Staatsoper gesehen werden: Tickets gibt es zum Kinopreis von 10 €. Die DVD/Blu-ray kann man vor Ort zum Sonderpreis von 15 € kaufen und auch gleich von John Neumeier signieren lassen!

    Lisa Zillessen

    Mehr zur Filmfassung des »Beethoven-Projekt« erfahrt ihr im Beitrag der Reihe »3 Fragen an«: Dr. Wolfgang Gushurst zur SWR-Fernsehaufzeichnung von John Neumeiers »Beethoven-Projekt«.

  • Pianist Michal Bialk über das »Beethoven-Projekt«

    Pianist Michal Bialk über das »Beethoven-Projekt«

    Zu Beginn des ersten abendfüllenden Balletts von John Neumeier zur Musik von Ludwig van Beethoven steht ein Flügel auf der Bühne. Davor – mittendrin und als Teil der Choreographie – sitzt Pianist Michal Bialk. Er interpretiert zunächst solo die »Eroica-Variationen«, fusioniert dann mit zwei Streichern zum »Geistertrio« und lässt den Flügel mit dem 2. Satz der Klaviersonate in D-Dur op. 10 Nr 3 ausklingen.
    Seit der Uraufführung im Juni 2018 in Hamburg ist Michal Bialk Teil des »Beethoven-Projekt«, hat die Compagnie im März 2019 nach Hongkong begleitet und war auch beim saisoneröffnenden Gastspiel im Festspielhaus Baden-Baden dabei. Für unseren Blog hat er mir drei Fragen beantwortet.
    Michal Bialk und Aleix Martínez im »Beethoven-Projekt« © Kiran West

    Warum und seit wann ist das Klavier dein Instrument und wie stehst du zu Beethovens Musik?

    Michal Bialk: Es ist ein tolles Instrument und die Literatur für das Klavier grandios. Natürlich gibt es viele fantastische Instrumente, aber die Komponisten mehrerer Jahrhunderte haben sich große Mühe gegeben, damit ich auf diesem gut zu tun habe. Kurz gesagt: Ich liebe das Klavier sowie die geniale Musik, die dafür geschrieben wurde und möchte sie spielen! Das habe ich eigentlich erst als Teenager gespürt – ohne dass Eltern, Großeltern oder Freunde ihre Finger im Spiel hatten.

    Würde man Musiker generell – aber vor allem Pianisten – fragen, was das Universellste in der gestandenen alten, traditionsreichen Musik seit der Barockzeit ist, das alle möglichen Emotionen des 21. Jahrhunderts wiederspiegelt, dann wäre die Antwort »Beethoven«.

    Er ist sehr modern! Ich denke, wenn wir seine Musik spielen, dann spielen wir sie heute. Das ist das ›Coole‹ an Beethoven.

    Michal Bialk in einer Probe des »Beethoven-Projekt« © Kiran West

    Wie hast du die Kreation des »Beethoven-Projekt« erlebt?

    Es war die erste Kreation, in die ich intensiv eingebunden war und daher sehr spannend. Es ist unfassbar interessant mit John zu arbeiten und im Studio zu sehen, wie Ballett zu Musik entsteht. Ich durfte in eine eigene Welt eintauchen!

    Als besonders habe ich die Interaktion zwischen John und seinen Tänzern erlebt. Nicht in der Beziehung Choreograf/Ballettdirektor mit seiner Compagnie/Solisten, sondern als Charaktere, die so sind, wie sie sind. Dazu kam Beethovens Musik, die so ist, wie sie ist und nicht angepasst werden sollte. Die ehrliche Arbeit mit der Musik bleibt unvergesslich.

    Er ist mittendrin und Teil der Choreographie © Kiran West

    Wie ist es mit dem Hamburg Ballett auf Tour zu sein?

    Es ist sehr schön, kreativ und immer als Prozess zu sehen: Für Hongkong wurde die Hamburg-Fassung von John ein wenig geändert. Das war auch für meinen Teil spürbar. Zuletzt in Baden-Baden gab es wieder zwei kleine Änderungen, die auch mich betreffen.

    Deren Ursprung liegt in den unterschiedlichen Bühnen. Es geht um die Dimensionen und die Position des Flügels. Das beeinflusst ganz stark die Akustik des Instruments. Dementsprechend muss der Flügel auf jeder Bühne individuell platziert werden, damit die Kraft und Botschaft, die in den Variationen liegt, im Zuschauerraum auch Johns Vorstellung entsprechend ankommt.

    Es wird nie langweilig, ist ein Work-in-Progress und einfach ›super toll‹!

    Am Ende des ersten Teils zieht sich Michal Bialk langsam zurück © Kiran West

    Vielen Dank für das Gespräch, lieber Michal!

    Lisa Zillessen

  • Maria Grätzel – der Blick einer Orchestermanagerin auf John Neumeiers »Beethoven-Projekt«

    Maria Grätzel – der Blick einer Orchestermanagerin auf John Neumeiers »Beethoven-Projekt«

    Die Aufführungen des »Beethoven-Projekt« im Rahmen der Herbstfestspiele 2019 sind das dritte gemeinsame Projekt des Hamburg Ballett mit der Deutschen Radio Philharmonie im Festspielhaus Baden-Baden. Vor zwei Jahren markierten Aufführungen von John Neumeiers Ballett »Das Lied von der Erde« mit Klaus Florian Vogt und Benjamin Appl den Beginn der fruchtbaren Zusammenarbeit. Seit wenigen Monaten ist Maria Grätzel Managerin des Orchesters, dem die FAZ erst kürzlich »überregionales Renommee« und einen »fabelhaften Chefdirigent« (Pietari Inkinen) attestierte, der die Hörer aus nah und fern anziehe. Am Rande der Generalprobe verrät Maria Grätzel, was sie an der Kooperation mit John Neumeier und dem Hamburg Ballett besonders schätzt.

    Die Deutsche Radio Philharmonie ist ein erfolgreiches Konzertorchester. Was motiviert Ihr Orchester, eine Produktion mit dem Hamburg Ballett zu realisieren?

    Maria Grätzel: Gerade dass es sich um eine szenische Produktion handelt, ist für uns reizvoll! Als Rundfunksinfonieorchester haben wir nur selten die Gelegenheit, Opern oder Ballette musikalisch mitzugestalten. Das »Beethoven-Projekt« ist eine willkommene und zugleich herausfordernde Aufgabe – vor allem, weil es um ein Ballett von der Qualität geht, die sich mit dem Namen John Neumeier verbindet.

    Maria Grätzel und Jörn Rieckhoff auf dem Weg zur Generalprobe © Kiran West

    Beethovens 250. Geburtstag ist in der Klassikwelt in aller Munde. Wie fügt sich John Neumeiers »Beethoven-Projekt« in die Programmplanung der Deutschen Radio Philharmonie ein?

    Wir beziehen zum Beethoven-Jubiläum ganz aktiv Stellung. Einen Jahrtausend-Komponisten wie ihn kann man einfach nicht ignorieren! In dem Projekt »My Playlist Beethoven« gehen wir in Schulen und lassen die Kinder eine Playlist von »Beethoven-Lieblingsstücken« zusammenstellen, die im kommenden Jahr in Konzerten zu hören sein werden. Außerdem stehen in meinem Kalender: ein Wochenende mit sämtlichen Beethoven-Klavierkonzerten – Lars Vogt macht »play & conduct« – und eine Deutschland-Tournee mit Beethovens Neunter in einer Neuedition von Breitkopf & Härtel.

    Der Blick in den Orchestergraben © Kiran West

    Bei der Planung des »Beethoven-Projekt« war es John Neumeier wichtig, aus den 85 CDs seiner Beethoven-Gesamtaufnahme eine stimmige Auswahl für den zweistündigen Ballettabend zusammenzustellen. Wie sehen Sie die Werkauswahl aus Orchesterperspektive?

    Ich empfinde die Kombination von Kammer- und Orchestermusik in einem Programm als besonders spannend. Einige Musiker unseres Orchesters erhalten so zusätzlich die Gelegenheit, ihr herausragendes Können zu zeigen. Ein Streichquartett der Deutschen Radio Philharmonie spielt den gewichtigen langsamen Satz aus Beethovens op. 132. Unser Erster Konzertmeister Ermir Abeshi und unser Solocellist Teodor Rusu spielen den anspruchsvollen langsamen Satz des »Geistertrios« sogar auf der Bühne – auswendig! Aber auch das ganze Orchester ist mit einem der zentralen Werke aus Beethovens Sinfonik vertreten, der »Eroica«. Für mich persönlich ist es ein Privileg, mit der Compagnie von John Neumeier aufzutreten.

    Maria Grätzel und Jörn Rieckhoff im Gespräch © Kiran West

    Dr. Jörn Rieckhoff

  • Dr. Wolfgang Gushurst zur SWR-Fernsehaufzeichnung von John Neumeiers »Beethoven-Projekt«

    Dr. Wolfgang Gushurst zur SWR-Fernsehaufzeichnung von John Neumeiers »Beethoven-Projekt«

    Titelbild: John Neumeier mit Dr. Wolfgang Gushurst, seiner Frau Silke Hirmer und Dr. Jörn Rieckhoff nach der Premiere von
    »Orphée et Eurydice« in Baden-Baden © Kiran West

    Im Rahmen der Herbstfestspiele 2019 zeigt das Hamburg Ballett im Festspielhaus Baden-Baden John Neumeiers 160. Ballett, das »Beethoven-Projekt«. Die beiden Aufführungen am 3. und 4. Oktober werden vom SWR aufgezeichnet und voraussichtlich im Frühjahr 2020 ausgestrahlt. Dr. Wolfgang Gushurst, seit 2017 Leiter der SWR-Hauptabteilung »Kultur, Wissen, SWR2«, hat sich in besonderer Weise für diese Kooperation stark gemacht. Anlässlich der Saisoneröffnung im Festspielhaus Baden-Baden sprach er mit Dr. Jörn Rieckhoff über seine persönliche Motivation, für John Neumeier auch medial den roten Teppich auszurollen.

    Was verbinden Sie mit John Neumeier und dem Hamburg Ballett? Wo haben Sie die Compagnie bisher erlebt?

    Dr. Wolfgang Gushurst: Sehr beeindruckend und intensiv sind die Aufführungen wie z.B. im letzten Jahr im Festspielhaus Baden-Baden mit »Bernstein Dances«. Das Besondere und die intensive Detailarbeit vermittelt sich aber auch sehr gut bei einem Proben- oder Werkstattbesuch. So hatte ich bei einem Hamburg-Aufenthalt mit meiner Familie Gelegenheit, im Rahmen der Theaternacht einen Einblick in die Probenarbeit in der Hamburger Ballettschule zu erhalten. Dies kann ich sehr empfehlen.

    Die ersten Testaufnahmen erfolgten während der Bühnenprobe im Festspielhaus Baden-Baden © Kiran West

    Der SWR ist ein langjähriger Partner des Hamburg Ballett und hat in der Vergangenheit zentrale Werke aus John Neumeiers Schaffen aufgezeichnet. Was war der Impuls, diese Tradition mit John Neumeiers neuestem Ballett wiederzubeleben?

    Wir stehen kurz vor dem Beethovenjahr 2020. Die verschiedensten Orchester, Ensembles, Musiker beschäftigen sich mit den Werken, und vermutlich wird alles, was Beethoven jemals auf Notenpapier gebracht hat, zur Aufführung gelangen. Als Programmmacher und auch Kulturproduzent sind wir immer auf der Suche nach originellen Zugängen, was mit der künstlerischen Aneignung von Beethovens Musik durch John Neumeier garantiert gegeben ist.

    Natürlich hilft bei solchen Projekten auch die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit etwa zur »Matthäus Passion« oder »Tod in Venedig«. Übrigens hatte in der »Matthäus-Passion« John Neumeier bei der SWR-Aufzeichnung 2005 als Jesus seinen legendären letzten Auftritt als Tänzer in einer Hauptrolle.

    John Neumeier mit Film-Regisseurin Myriam Hoyer, Lloyd Riggins und AssistentInnen bei Proben zu »Beethoven-Projekt«
    in Baden-Baden © Kiran West

    John Neumeier bringt das Hamburg Ballett seit mehr als 20 Jahren regelmäßig mit neuen Programmen ins Festspielhaus Baden-Baden. Welche Rolle spielt das für Ihre Berichterstattung?

    Die künstlerische Qualität, die große Begeisterung, die die Aufführungen auslösen, und auch der sehr gute Publikumszuspruch sind für uns die Anknüpfungspunkte für die Berichterstattung. John Neumeier ist nicht nur ein Magnet für die Zuschauerinnen und Zuschauer der Aufführungen, sondern es gibt eine sehr große Schnittmenge mit den Nutzern der SWR-Kulturangebote in Fernsehen, bei SWR2 oder im Netz.

    Der SWR ist ganz nah am Geschehen auf der Bühne © Kiran West

    Dr. Jörn Rieckhoff

    Mehr darüber, wie die Filmfassung des »Beethoven-Projekt« entstanden ist, erfahrt ihr im Beitrag der Reihe »Hamburg Ballett in Zahlen«: »Beethoven-Projekt« als Film.

  • Auf Tour in China II

    Auf Tour in China II

    Das Hamburg Ballett gastiert zum vierten Mal beim Hong Kong Arts Festival und bringt drei große Ballettproduktionen auf die Bühne: »Der Nussknacker«, »Beethoven-Projekt« und das Galaprogramm »The World of John Neumeier«. Von der zweiten Woche in Hongkong und den ersten Vorstellungen des Balletts »Beethoven-Projekt« außerhalb Hamburgs berichtet Nicolas Hartmann, Assistent der Ballettbetriebsdirektion:

    Unsere zweite Produktion, die wir im Rahmen des Hongkong Arts Festival zeigen, ist das Ballett »Beethoven-Projekt«. John Neumeiers jüngste Ballettkreation wird zum ersten Mal außerhalb Hamburgs gezeigt! Nach unserer ausverkauften Vorstellungsserie von »Der Nussknacker« sind auch die Aufführungen dieses Programms mit Kammermusikstücken – ein Satz aus dem Geistertrio und ein Streichquartettsatz, vier Sätzen aus den »Geschöpfen des Prometheus« und der »Eroica« Sinfonie – sehr gut besucht. Auch mit diesem jüngsten Werk John Neumeiers können wir in Hongkong einen großen Erfolg verbuchen. Für das »Beethoven-Projekt« ist unser Solo-Pianist Michal Bialk angereist, der uns später weiter nach Peking begleiten wird. Unser Erster Dirigent für Ballett, Simon Hewett, leitet die Abende musikalisch.

    Szene aus »Beethoven-Projekt« © Kiran West

    In einem »Pre-Performance Talk« gibt unser Pressesprecher Jörn Rieckhoff eine Einführung in das Ballett. Es kommen viele Nachfragen von den Gästen. Schön zu sehen, wie interessiert unser Publikum ist! Eine weitere Zusatzveranstaltung in Hongkong ist »The Artist Salon«: Am Donnerstag sprach Emma Liu, Radiomoderatorin bei RTHK Radio 4, im wunderschönen Lanson Place Hotel mit John Neumeier eine Stunde lang über seine Sammlung und Stiftung, über seine Herangehensweise bei der Kreation von neuen Balletten und über das »Beethoven-Projekt«.

    Nachdem wir einige kleine Krankheitsausfälle am Anfang der Tournee hatten, sind alle wieder fit. Zwei unserer Tänzer, Sara Ezzel und Matias Oberlin, sind nach Toronto zum Erik Bruhn Preis eingeladen worden und verlassen uns für ein paar Tage. Sie tanzen das Grand Pas de deux aus John Neumeiers »Der Nussknacker« und zeigen außerdem eine neue Choreografie des ehemaligen Tänzers aus dem Bundesjugendballett, Kristian Lever. Das Stück von Kristian Lever mit dem Titel »An intimate distance« gewinnt schließlich den choreografischen Preis des Wettbewerbs – ein toller Erfolg!

    Szene aus »The World of John Neumeier« © Kiran West

    Den Abschluss unseres Gastspiels in Hongkong bilden zwei Vorstellungen der Ballettgala »The World of John Neumeier«: ein besonderes Programm mit vielen Ausschnitten aus einigen der wichtigsten Ballette John Neumeiers, speziell von unserem Chef wie eine Art Retrospektive zusammengestellt. Dieses Mal ist es ganz besonders aufregend, da John Neumeier die Gala live moderiert. Dadurch gewinnt der Abend noch mehr an Emotionalität.

    Am Sonntagmorgen gibt unsere Ballettmeisterin Laura Cazzaniga ein letztes Ballett-Training für fortgeschrittene Amateure im Rahmen des Zusatzprogramms vom Hongkong Arts Festival. Ein sehr talentiertes Mädchen aus dieser Gruppe wird an der Aufnahmeprüfung der Ballettschule des Hamburg Ballett teilnehmen – wir sind gespannt, ob wir sie in unserer Ballettschule wiedersehen.

    Gruppenfoto mit Laura Cazzaniga und den Ballett-SchülerInnen

    Wir haben uns sehr gut aufgehoben gefühlt beim Hongkong Arts Festival. Wir wurden von einem sehr professionellen und herzlichen Team betreut – und die Atmosphäre der Stadt ist einfach beeindruckend: Jeden Abend gibt es eine Licht- und Lasershow von allen Hochhäusern in Hongkong City. Druch unsere Vorstellungen bekommen wir die Shows meist nur durch Zufall mit oder verpassen sie natürlich an einigen Abenden ganz. Aber der Blick vom Theater über das Wasser nach Hongkong Central ist überwältigend. Viele Touristen kommen extra mit einer Fähre rüber, um das Spektakel von unserer Seite zu sehen.

    Skyline mit Lichtershow © Kiran West

    Wir haben außerdem erlebt, dass Hongkong eine sehr große, aufgeschlossene und interessierte Expats-Gemeinde hat, in der man durchaus auf bekannte Gesichter treffen kann. So haben unser Pressesprecher Jörn Rieckhoff und ich zufällig eine gemeinsame alte Bekannte aus unserer Heimatstadt Bremen in Hongkong getroffen, die mit ihrem Mann eine unserer Vorstellungen besuchte. Wie klein die Welt doch sein kann!

    Das Festival endet nun offiziell nach unserer letzten »Gala«-Vorstellung. Für uns heißt es: Auf nach Peking – die dritte Woche unserer China-Tour beginnt!

    Nicolas Hartmann

  • Aus den Proben: »Beethoven-Projekt«

    Aus den Proben: »Beethoven-Projekt«

    Zwei Klassen der Erika Klütz Schule für Tanzpädagogik besuchten in dieser Woche Bühnenproben zur Premiere von John Neumeiers »Beethoven-Projekt«. Für unseren Blog haben Sophia, Eileen und Sarah ihre Eindrücke aufgeschrieben.

    Am 19. Juni 2018 hatte die erste Klasse der Erika Klütz Schule die Möglichkeit, bei einer Probe des »Beethoven-Projekts« zuzuschauen. Als wir unsere Plätze auf dem Balkon des 1. Ranges einnehmen, die eine gute Sicht auf das Geschehen zulassen, herrscht noch reges Treiben auf der Bühne. Die Tänzer wärmen sich auf, das Orchester spielt sich ein, Bühnentechniker überprüfen die Aufzüge und Assistenten huschen mit Klemmbrettern über die Bühne. Bei der heutigen Probe treffen Orchestermusik und Tanz das erste Mal aufeinander, weshalb es immer wieder zu Unterbrechungen kommt, bei dem das Orchester unerwartet stark im Vordergrund steht.

    Wir sehen den zweiten Teil des Balletts, der von der Musik aus »Die Geschöpfe des Prometheus« und der 3. Sinfonie »Eroica« geprägt ist. Obwohl John Neumeier angibt, keine konkreten Handlungen oder Charaktere darstellen zu wollen, können wir uns im Part des Prometheus an einige Elemente aus der Handlung von »Geschöpfe des Prometheus« erinnern. Wir erkennen zwei Geschöpfe, die etwas unkoordiniert und ein wenig verwirrt tanzen, die sich zudem von einer dritten Person beeinflussen lassen. Es scheint so, als würden sich die Geschöpfe gegenseitig Leben einhauchen. Nach kurzer Zeit treten weitere Tänzer auf, in denen wir die Rollen der Musen erkennen. Die Musen, die der Sage zufolge den Geschöpfen das Tanzen beibringen und sie in die Künste einführen.

    Beethoven-Projekt © Kiran West

    Es ist nicht schwer, sich voll und ganz auf den Tanz und die Handlung zu konzentrieren, da das Bühnenbild minimalistisch gehalten ist und auch die taghelle Lichteinstellung nicht verändert wird. Außer des in schwarz und weiß diagonal geteilten Fußbodens und einem verwaschenen Bild in Blau- und Grautönen von Wolken und Meer, gibt es lediglich einen schwarzen Rahmen, der die Bühne kleiner erscheinen lässt.

    Dieser wird für die »Eroica« allerdings durch eine schief in der Luft hängende Glasscheibe ersetzt. Die »Eroica« wird eingeleitet durch ein Männerensemble, der sehr ausdrucksstark und mit vielen akrobatischen und modernen Elementen getanzt wird. Der folgende Auftritt der Frauen bringt zusätzlichen Schwung auf die Bühne und die sichtbare Freude der Tänzer lädt zum Tanz ein, bevor sich die Stimmung zum Pas de deux drastisch verändert. Kontraste scheinen eine wichtige Rolle zu spielen. Diese zeigen sich im farblich getrennten Fußboden, der räumlichen Trennung durch eine Glaswand mitten auf der Bühne und in der Musik. Der Wechsel aus abstrakten Hebungen und intensiver Bodenarbeit erzeugt eine Spannung, die durch die Reflektionen auf der Glasscheibe intensiviert wird. Die düstere und dramatische Endzeitstimmung spitzt sich zu, als ein Ensemble aus Männern hinter der Glasscheibe auftritt. Das Finale der »Eroica« wird durch ein beeindruckendes Auftreten aller Tänzerinnen und Tänzer eingeleitet.

    Während des gesamten Stückes arbeitet der Choreograf wiederholt mit Kanons, hier kommt es nun aber zu einem wahren Höhepunkt: Eine kurze Folge an Schritten wird in derartig viele Kanon-Einsätze aufgeteilt, dass auf der Bühne ein regelrechtes Chaos entsteht, jedoch ein wohlgeordnetes Chaos, das einen energiereichen Abschluss bildet. Unser Lob geht zuletzt besonders an die Tänzer, die durch ihren authentischen Auftritt und ihre offensichtliche Freude am Tanz eine mitreißende Stimmung erzeugt haben. Wir danken dem Hamburg Ballett für die Möglichkeit, einen kleinen Einblick in die Choreografie und die Proben gehabt haben zu dürfen!

    Bericht vom 19.06.2018 von Sophia und Eileen, Schülerinnen der 1. Ausbildungsklasse der Erika Klütz Schule, staatlich anerkannte Berufsfachschule für Tanzpädagogik

    Beethoven-Projekt © Kiran West

    Es ist 9.45 Uhr, meine Klasse und ich warten gespannt, dass wir abgeholt werden. Ich bin wahrscheinlich diejenige, die am meisten aufgeregt ist. Ich habe mich sehr gefreut, dass wir die Möglichkeit bekommen, bei dieser Bühnenprobe des Hamburg Balletts dabei zu sein. Für mich ist die Staatsoper ein ganz besonderer Ort. Ich habe schon so einige Stücke gesehen, vor allem von John Neumeier. Eigentlich kenne ich die Staatsoper nur gefüllt, mit viel Trubel und Gemurmel. Es war am heutigen Tag etwas Neues, die Oper komplett leer und so leise zu erleben. Türen stehen offen oder Menschen sind unterwegs, die man sonst nie zu Gesicht bekommt.

    Als ich den Saal betrete, werde ich mit Klängen der Musiker, dem Gemurmel der Techniker und dem Gewusel der restlichen Mitwirkenden empfangen. Für mich ist dies ein tolles Bild. Ich bin selber in einem Theater groß geworden und kann mich sehr gut an die Probenzeiten erinnern. Es liegt immer eine gewisse Anspannung und hohe Konzentration in der Luft. Ich setze mich und bin sehr gespannt, was als nächstes passiert. Und da war es auch schon so weit, das bekommt man nur in Proben zu sehen: Aleix Martínez kommt auf die Bühne, begrüßt den Pianisten, winkt jemandem im Saal zu und versucht auf einmal, sich in dem Klavier zu verstecken. Ich grinse – erst später bemerke ich, dass es eine Übung war, da es ein Teil des Stückes ist. Ich blicke auf das Bühnenbild und bemerke, dass die schwarzen Samtvorhänge noch nicht an Ort und Stelle sind und ich die Möglichkeit habe, eine winzige Ecke von den hinteren Kulissen zu sehen. Es sind einige bekannte Gesichter zu erkennen, die sich aufwärmen, etwas besprechen oder sich kurz noch einmal strecken. Ich musste auflachen, als ich einen Spitzenschuh hervorlugen sah, der wahrscheinlich zu Florencia Chinellato gehörte, die auf ihren Einsatz wartet.

    Der Dirigent betritt den Orchestergraben und macht dem Orchester eine Ansage, wie die Probe verlaufen soll. Es gab ein Problem, doch es wurde schnell gelöst, alle lachen auf. Der Dirigent entschuldigt sich und John Neumeier wechselt noch ein paar Sätze mit dem Orchester. Bis es auf einmal etwas hektischer wird. Ich weiß aus eigener Erfahrung, die Zeit drängt; alle Musiker nehmen ihren Platz ein, der Inspizient, der Choreograf und die Ballettmeister nehmen am Regiepult Platz. Das Licht wurde gedimmt. Die Probe beginnt. Doch dann ertönt von Herrn Neumeier die Frage, wo denn der Vorhang bleibe. Von dem Inspizienten bekommt er zu hören, dass der momentan nicht zu Verfügung stehe. John Neumeier macht die Ansage, dass es losgeht. Alle auf Position und die ersten Klavierklänge erfüllen den Raum.

    Beethoven-Projekt © Kiran West

    Ab da versinke ich in den Klängen und den Bewegungen von Aleix Martínez. Ich versuche, die einzelnen Tänzer rauszufrimeln, wer wen in dem Stück darstellt. Da kommt mir der Gedanke, wie wichtig Kostüme doch sind, um den Zuschauer verständlich zu machen, wer wen in dem Stück darstellt. Es ist eine Bühnenprobe, daher haben die Tänzer ihre eignen Trainingsklamotten an. Außer hier und da war mal ein Requisit oder eine Toga zusehen. Ich folge den Bewegungen der Tänzer und bin gespannt wie es weitergeht, auf einmal stürzen gefühlte 100 Menschen auf die Bühne, die allesamt nicht wie Tänzer aussehen. Ich begriff, das sind Techniker und Musiker, die ihre Position einnehmen, um einen schnellen Bühnenbildwechsel vorzunehmen. Der Ton ist rau. »Das muss schneller gehen.« Der Techniker entschuldigt sich und gibt Bescheid, dass erst bestimmte Haken gelöst werden müssen. Ach schön – Szenen, die ein Zuschauer im Normalfall, in der Vorstellung, nie mitbekommen würde. Ich merke, dass Theater nur funktioniert, wenn ein Rad in das andere greift, jeder weiß, was er zu tun hat und was untersagt ist. Und ebenso bin ich immer wieder fasziniert, wie viele Menschen auf, neben, hinter und seitlich von der Bühne beschäftigt sind, damit alles funktioniert und der Zuschauer einen schönen Abend hat.

    Nach dem Umbau war ich verwirrt und wusste nicht, wie ich die Szene einordnen soll, weil das Publikum begrüßt wird – später finden wir heraus, dass es genauso so zu ein hat. Vom zweiten Teil war ich sehr angetan. Es passiert viel und schöne Formationen entstehen, an denen wahrscheinlich noch etwas gearbeitet werden muss, da sie noch nicht perfekt synchron waren. Der Vorhang geht runter, die Stimme von John Neumeier ertönt. Er gibt die Anweisung, dass jetzt die Pause ist und sie sich in wenigen Minuten wieder treffen. Da kam auch unsere Koordinatorin, sie meinte: »… für uns war‘s das leider schon.« Ich habe mir gedacht »neeeiinnn, jetzt kommt doch der spannendste Teil, wo besprochen wird, was gut gelaufen ist, voran gearbeitet werden muss und ob noch bestimmte Licht-, Musik- oder andere Einstellungen vorgenommen werden müssen.« Naja, man kann nicht alles haben. Auf jeden Fall war es ein gelungenes Vormittagsprogramm und ich bin sehr auf die kommenden Vorstellungen gespannt. Vielen Dank an dieser Stelle, das es einer großen Ballettliebhaberin ermöglicht wurde, bei solch einer großen Produktion zuschauen zu dürfen.

    Bericht vom 20.06.2018 von Sarah Edna, Schülerinnen der 2. Ausbildungsklasse der Erika Klütz Schule, staatlich anerkannte Berufsfachschule für Tanzpädagogik