Die Suche nach dem richtigen Schuh
Am 9. Dezember feiert der Doppelabend »Brahms/Balanchine« mit dem Hamburg Ballett Premiere. Und wenn eine Premiere auf dem Spielplan steht, bedeutet das für alle beteiligten Abteilungen schon lange im Voraus viel Recherche und Vorbereitung. Welche Aufgaben und Schwierigkeiten bei der anstehenden Premiere der beiden Choreografien von George Balanchine auf die Kostümabteilung zukamen, wollten wir von Produktionsleiterin Kirsten Fischer wissen. In diesem ersten Teil des Blogs erzählt sie uns von der aufwendigen Suche nach den richtigen Tanzschuhen und welche Rolle die Erste Solistin des Hamburg Ballett Silvia Azzoni dabei spielte.
Über 3500 Spitzenschuhe sind im Spitzenschuhlager des Ballettzentrums jederzeit vorrätig. Auch verschiedene Schläppchen für Damen und Herren lagern dort und in den Räumen der Staatsoper. Doch in der Balanchine-Choreografie »Liebeslieder Walzer«, die in der nächsten Woche zum ersten Mal auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper zu sehen ist, tragen die Tänzerinnen und Tänzer zum Teil spezielle Tanzschuhe mit Absätzen, die bisher nicht im Kostümfundus zu finden waren. Dabei handelt es sich nicht um die im Gesellschaftstanz üblichen Schuhe, sondern um besondere, extra für das Ballett entwickelte Modelle: »Die Männer benötigen schwarze Lackschuhe, die allerdings weicher und flexibler gearbeitet sind als gewöhnliche Tanzschuhe«, erklärt Kirsten Fischer. Das passende Modell für die Männer war schnell gefunden und musste für den reibungslosen Gebrauch auf der Bühne nur leicht von den Schuhmachern der Staatsoper modifiziert werden.
Der Weg zum richtigen Tanzschuh der Damen war dagegen fast schon Detektivarbeit, erzählt Kirsten Fischer: Ein rosafarbener Satinschuh mit kleinem Absatz ist in der Inszenierung vorgesehen. Als sich die Kostümabteilung nach den Vorgaben des Balanchine Trusts, der die Aufführungsrechte der Choreografien vergibt, auf die Suche machte, meldete sich Silvia Azzoni bei Kirsten Fischer. Sie hatte auf einem Foto von »Liebeslieder Walzer« des New York City Ballet die befreundete Tänzerin Ashley Bouder erkannt, die die Tanzschuhe trug.
»Silvia war wirklich eine große Hilfe bei der Suche nach den richtigen Schuhen«, sagt Kirsten Fischer. Sie rief ihre Freundin an, um sich nach dem in New York verwendeten Schuh zu erkundigen. Ashley Bouder schickte ihr daraufhin Fotos der Schuhe sowie den Namen der Herstellerfirma. Als die Kostümabteilung den Hersteller kontaktierte, stellte sich jedoch schnell heraus, dass die Lieferzeit dieser Schuhe zu lang für die verfügbare Zeit bis zur Premiere in Hamburg gewesen wäre. Die Tänzerinnen brauchen schließlich bereits vor der ersten Aufführung genügend Zeit in den Proben, um die Schuhe auszuprobieren und sich an sie zu gewöhnen.
Ein anderer Schuh musste also gefunden werden. Zusammen mit der Kostümabteilung machte sich Silvia Azzoni auf die Suche. In Anlehnung an das Modell aus New York fanden sie schließlich verschiedene ähnliche Schuhe in einem Tanzgeschäft in Hamburg und nahmen sie in die Proben mit, damit die Tänzerinnen sie anprobieren konnten. Die Wahl fiel schließlich auf einen Schuh aus Italien, der allerdings noch etwas zu steif für die Bewegungen der Choreografie war. »Die sogenannte ‚Zunge‘ im Fußbett des Schuhs musste gekürzt und biegsamer gemacht werden, damit die Tänzerinnen den Fuß vollständig strecken können«, erläutert Kirsten Fischer. Außerdem sollte der Satin eine hellere Farbe bekommen. In Italien fertigte die Firma zunächst einen veränderten Prototyp für Silvia Azzoni an und schickte ihn zur Anprobe. Als alle Änderungen perfekt waren, produzierte die Firma die restlichen benötigten Schuhe für die Tänzerinnen.
Mehr als drei Monate hat die Suche insgesamt gedauert, seit vier Tagen sind die Schuhe nun bei den Proben im Einsatz und müssen sich bewähren. Wie lange die Modelle halten werden, kann Kirsten Fischer noch nicht absehen: »Aber zum Glück können wir jetzt, wo wir den richtigen Schuh gefunden haben, auch schnell nachbestellen. Anders als bei vielen Spitzenschuhmodellen, die lange Lieferzeiten haben, wären die neuen Tanzschuhe nun in einer Woche bei uns.«
Auch wenn die Kostümabteilung die Schuhe für die männlichen Tänzer schnell fand, sorgte ein anderer Teil des Herrenkostüms für aufwendige Recherche und stundenlange Handarbeit. Um was es geht, erfahren Sie im zweiten Teil des Blogs mit Kirsten Fischer.
Frieda Fielers