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Bei einer Probe von »Brahms/Balanchine« II

Zwei Klassen der Erika Klütz Schule für Tanzpädagogik besuchten in der vergangenen Woche Bühnenproben zur Premiere des Ballettabends »Brahms/Balanchine«. Geprobt wurde der zweite Teil des Abends, Balanchines Choreografie »Brahms-Schoenberg Quartet«. Paulina hat ihre Eindrücke für uns aufgeschrieben.

»Der Choreograf hat sich von den Grenzen der realen Zeit zu lösen, so wie sich der Tänzer von seiner Körperschwere gelöst hat.«
George Balanchine

Wir, die Schüler und Dozenten der Erika Klütz Schule, durften genau dieses Phänomen, »sich von den Grenzen der realen Zeit zu lösen«, erleben. Am vergangenen Mittwoch hatten wir das große Privileg, bei einer Bühnenprobe des »Brahms-Schoenberg Quartet« von George Balanchine in der Hamburgischen Staatsoper zuzuschauen – dem zweiten Teil des Ballettabends »Brahms/Balanchine« des Hamburg Ballett.

Am Mittwochvormittag sind wir somit die einzigen Zuschauer in der großen Staatsoper. Als wir den Saal betreten, ist bereits viel los auf der Bühne: Die Tänzer machen sich in ihrer Trainingskleidung an den Seiten warm, proben unter Anleitung von Ballettmeistern, alles unabhängig voneinander. Wie ein Training auf der Bühne. Immer wieder laufen Personen kreuz und quer über die Bühne, andere unterhalten sich und alle sehen dabei unglaublich beschäftigt aus, was sie mit Sicherheit auch sind!

Das Orchester spielt sich währenddessen unabhängig von den Tänzern ein. Alle sind sehr in ihre Rollen vertieft, lassen sich von uns gar nicht stören und scheinen gar nicht erst zu bemerken, dass wir in den Reihen sitzen und fasziniert beobachten. Von einem Bühnenbild ist weit und breit noch nichts zu sehen, die Aufgänge an den Bühnenseiten sind lediglich abgegrenzt. Man kann viel von dem hinteren Bereich der Bühne sehen, was auf jeden Fall ein interessantes Bild darstellt.

Lucia Rios und Ensemble bei einer Bühnenprobe © Kiran West

Die eigentliche Probe hat zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht begonnen und trotzdem ist das gesamte Bild unglaublich faszinierend, aber auf eine andere Art und Weise als bei einer Aufführung. Alle wirken so konzentriert und sind schon mit vollem Herz und Seele dabei. Auch wenn hier und da nur angedeutet wird, sind alle Bewegungen sehr anmutig und elegant. Fast kommt das Gefühl auf, ein Teil von dieser Gruppe zu sein, da wir so private Einblicke bekommen.

Der Dirigent meldet sich nun zu Wort, wünscht allen einen guten Morgen und erklärt, dass zwischendurch unterbrochen werden muss, um einige Dinge zu klären. Als sich der Vorhang kurz schließt, ist dies das Zeichen, dass die Probe beginnt. Die Tänzer zeigen eine wundervolle Vorstellung, obwohl es nur eine Probe ist und alle in ihrer Trainingskleidung auftreten. Es ist ein sehr interessantes Bild, ganz anders als wenn alle in ihren Kostümen stecken. Immer wieder wird die Probe unterbrochen und einzelne Parts müssen wiederholt werden, damit alles für die Vorstellung sitzt und aufeinander abgestimmt ist. Nebenbei werden auch noch Fotos gemacht.

Yun-Su Park, Edvin Revazov und Ensemble bei der Probe © Kiran West

Einige Tänzer, die wahrscheinlich eine längere Pause haben, sitzen zwischendurch in den Reihen und gucken zu, die Ballettmeister besprechen viel miteinander und mit den Tänzern. Das Ganze ist für mich als Zuschauerin überhaupt nicht langweilig oder anstrengend, ganz im Gegenteil – es ist toll, solch einen Einblick in ein professionelles Tänzerleben zu bekommen. Als die Probe endet, müssen wir uns zusammenreißen, um nicht zu klatschen. Der Dirigent sagt noch: »Beautiful job! Maestro, any corrections? Otherwise: delicious!« Ein sehr schöner, sympathischer Abschluss.

Als ich nun am Montagabend die Staatsoper betrete, entdecke ich sofort meine Mitschülerinnen und Mitschüler sowie meine Lehrer. In diesem Moment wird mir nochmal bewusst, was für ein wertvolles Geschenk es ist, mit der gesamten Schule eine Probe und die Aufführung sehen zu dürfen! Ein großes Privileg, welches wir alle einzeln, aber auch als gesamte Schule genossen haben. Dadurch, dass ich das erste Mal zuerst eine Probe des Hamburg Ballett gesehen habe und nun auch noch die gesamte Vorstellung, bin ich umso neugieriger. Wie ist der Unterschied? Erkenne ich Änderungen? Wie wirkt das Stück mit dem richtigen Kostüm?

Momentaufnahme des »Brahms-Schoenberg Quartet« © Kiran West

Da ich Teil der Gruppe war, die nur den zweiten Teil des Ballettabends gesehen hat, bin ich sehr gespannt auf den ersten Teil. Ich bin sehr positiv überrascht, dass Sängerinnen und Sänger beteiligt sind und der Anfang nicht auf Spitzenschuhen getanzt wird. Ein sehr interessantes Bild, natürlich mit wunderschönen Kostümen. Als nach der Pause dann das »Brahms-Schoenberg Quartet« an der Reihe ist, bin ich sehr gespannt, wie es im Vergleich zu der Probe sein wird – und ich muss sagen, dass es für mich wie ein komplett anderes Stück wirkt: Die prägnanten Formationen sind mir natürlich sofort wieder aufgefallen. Auch die Kostüme sind beeindruckend, wobei ich wie bereits erwähnt sagen muss, dass ich das Stück in Trainingsbekleidung getanzt ebenfalls als sehr interessant empfunden habe. Ich denke, der Abend wird uns allen in Erinnerung bleiben!

Bericht vom 5. Dezember und 10. Dezember 2018 von Paulina, Schülerin der 3. Ausbildungsklasse der Erika Klütz Schule, staatlich anerkannte Berufsfachschule für Tanzpädagogik. Hier geht es zu den Berichten des ersten Probenbesuchs.