Im »Steckbrief« stellen sich unsere Tänzerinnen und Tänzer vor, hier kommt Hermine Sutra-Fourcade.
Name: Hermine Sutra-Fourcade Geburtsdatum und -ort: 23.10.2000 in Paris Engagement: Hamburg Ballett ab 2020/2021
Lieblingsfarbe: Türkisblau, Gelb, Rot, Dunkelgrün, ich kann nicht nur eine auswählen. Lieblingsfilm: »Ratatouille« Lieblingssong: »I Follow Rivers« von Lykke Li und alle Lieder von Johnny Hallyday.
Wenn ich keine Tänzerin wäre, wäre ich … … eine Schriftstellerin. Ich kann vielleicht immer noch beides werden.
Welche ist deine schönste Erinnerung mit dem Hamburg Ballett? Als ich noch Schülerin war, habe ich einmal das morgendliche Training der Männer der Compagnie gesehen. Ich war verblüfft darüber, wie schön eine Routineübung durchgeführt werden kann. Ich habe auch eine magische Erinnerung daran, als ich die Compagnie »Liebeslieder Walzer« von George Balanchine tanzen sah. Und natürlich daran, als wir letzte Saison mit der Compagnie »Ein Sommernachtstraum« getanzt haben!
Welche Musik inspiriert dich als Tänzerin? Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1 in h-Moll op. 23, das »Adagio von Spartacus und Phrygia« von Chatschaturjan und Chopin.
Dies oder Das …
Comedy oder Drama? Komödie, aber ich bevorzuge historische und Science-Fiction-Filme, die sowieso alle irgendwann dramatisch werden.
Bücher oder Filme? Bücher.
Zuhören oder Sprechen? Zuhören, wenn es interessant ist.
Früher Vogel oder Nachteule? Ich kann beides sein, es kommt darauf an.
Sommer oder Winter? Ich kann den einen ohne den anderen nicht genießen. Können Sie das? Frühling und Herbst sind auch schön.
Zwei Klassen der Erika Klütz Schule für Tanzpädagogik besuchten in der vergangenen Woche Bühnenproben zur Premiere des Ballettabends »Brahms/Balanchine«. Geprobt wurde der zweite Teil des Abends, Balanchines Choreografie »Brahms-Schoenberg Quartet«. Paulina hat ihre Eindrücke für uns aufgeschrieben.
»Der Choreograf hat sich von den Grenzen der realen Zeit zu lösen, so wie sich der Tänzer von seiner Körperschwere gelöst hat.« George Balanchine
Wir, die Schüler und Dozenten der Erika Klütz Schule, durften genau dieses Phänomen, »sich von den Grenzen der realen Zeit zu lösen«, erleben. Am vergangenen Mittwoch hatten wir das große Privileg, bei einer Bühnenprobe des »Brahms-Schoenberg Quartet« von George Balanchine in der Hamburgischen Staatsoper zuzuschauen – dem zweiten Teil des Ballettabends »Brahms/Balanchine« des Hamburg Ballett.
Am Mittwochvormittag sind wir somit die einzigen Zuschauer in der großen Staatsoper. Als wir den Saal betreten, ist bereits viel los auf der Bühne: Die Tänzer machen sich in ihrer Trainingskleidung an den Seiten warm, proben unter Anleitung von Ballettmeistern, alles unabhängig voneinander. Wie ein Training auf der Bühne. Immer wieder laufen Personen kreuz und quer über die Bühne, andere unterhalten sich und alle sehen dabei unglaublich beschäftigt aus, was sie mit Sicherheit auch sind!
Das Orchester spielt sich währenddessen unabhängig von den Tänzern ein. Alle sind sehr in ihre Rollen vertieft, lassen sich von uns gar nicht stören und scheinen gar nicht erst zu bemerken, dass wir in den Reihen sitzen und fasziniert beobachten. Von einem Bühnenbild ist weit und breit noch nichts zu sehen, die Aufgänge an den Bühnenseiten sind lediglich abgegrenzt. Man kann viel von dem hinteren Bereich der Bühne sehen, was auf jeden Fall ein interessantes Bild darstellt.
Die
eigentliche Probe hat zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht begonnen und trotzdem
ist das gesamte Bild unglaublich faszinierend, aber auf eine andere Art und
Weise als bei einer Aufführung. Alle wirken so konzentriert und sind schon mit
vollem Herz und Seele dabei. Auch wenn hier und da nur angedeutet wird, sind
alle Bewegungen sehr anmutig und elegant. Fast kommt das Gefühl auf, ein Teil
von dieser Gruppe zu sein, da wir so private Einblicke bekommen.
Der Dirigent meldet sich nun zu Wort, wünscht allen einen guten Morgen und erklärt, dass zwischendurch unterbrochen werden muss, um einige Dinge zu klären. Als sich der Vorhang kurz schließt, ist dies das Zeichen, dass die Probe beginnt. Die Tänzer zeigen eine wundervolle Vorstellung, obwohl es nur eine Probe ist und alle in ihrer Trainingskleidung auftreten. Es ist ein sehr interessantes Bild, ganz anders als wenn alle in ihren Kostümen stecken. Immer wieder wird die Probe unterbrochen und einzelne Parts müssen wiederholt werden, damit alles für die Vorstellung sitzt und aufeinander abgestimmt ist. Nebenbei werden auch noch Fotos gemacht.
Einige
Tänzer, die wahrscheinlich eine längere Pause haben, sitzen zwischendurch in
den Reihen und gucken zu, die Ballettmeister besprechen viel miteinander und
mit den Tänzern. Das Ganze ist für mich als Zuschauerin überhaupt nicht
langweilig oder anstrengend, ganz im Gegenteil – es ist toll, solch einen
Einblick in ein professionelles Tänzerleben zu bekommen. Als die Probe endet,
müssen wir uns zusammenreißen, um nicht zu klatschen. Der Dirigent sagt noch: »Beautiful
job! Maestro, any corrections? Otherwise: delicious!« Ein sehr schöner,
sympathischer Abschluss.
Als ich nun am Montagabend die Staatsoper betrete, entdecke ich sofort meine Mitschülerinnen und Mitschüler sowie meine Lehrer. In diesem Moment wird mir nochmal bewusst, was für ein wertvolles Geschenk es ist, mit der gesamten Schule eine Probe und die Aufführung sehen zu dürfen! Ein großes Privileg, welches wir alle einzeln, aber auch als gesamte Schule genossen haben. Dadurch, dass ich das erste Mal zuerst eine Probe des Hamburg Ballett gesehen habe und nun auch noch die gesamte Vorstellung, bin ich umso neugieriger. Wie ist der Unterschied? Erkenne ich Änderungen? Wie wirkt das Stück mit dem richtigen Kostüm?
Da
ich Teil der Gruppe war, die nur den zweiten Teil des Ballettabends gesehen
hat, bin ich sehr gespannt auf den ersten Teil. Ich bin sehr positiv
überrascht, dass Sängerinnen und Sänger beteiligt sind und der Anfang nicht auf
Spitzenschuhen getanzt wird. Ein sehr interessantes Bild, natürlich mit
wunderschönen Kostümen. Als nach der Pause dann das »Brahms-Schoenberg Quartet«
an der Reihe ist, bin ich sehr gespannt, wie es im Vergleich zu der Probe sein
wird – und ich muss sagen, dass es für mich wie ein komplett anderes Stück wirkt:
Die prägnanten Formationen sind mir natürlich sofort wieder aufgefallen. Auch
die Kostüme sind beeindruckend, wobei ich wie bereits erwähnt sagen muss, dass
ich das Stück in Trainingsbekleidung getanzt ebenfalls als sehr interessant
empfunden habe. Ich denke, der Abend wird uns allen in Erinnerung bleiben!
Bericht vom 5. Dezember und 10. Dezember 2018 von Paulina, Schülerin der 3. Ausbildungsklasse der Erika Klütz Schule, staatlich anerkannte Berufsfachschule für Tanzpädagogik. Hier geht es zu den Berichten des ersten Probenbesuchs.
Zwei Klassen der Erika Klütz Schule für Tanzpädagogik besuchten in dieser Woche Bühnenproben zur Premiere des Ballettabends »Brahms/Balanchine«. Geprobt wurde der erste Teil des Abends, Balanchines Choreografie »Liebeslieder Walzer«. Für unseren Blog haben Lucia und Linn ihre Eindrücke aufgeschrieben.
Am Donnerstag hatten wir als Schülerinnen und Schüler der Erika Klütz Schule das Glück, bei einer Bühnenprobe des Hamburg Ballett in der Hamburgischen Staatsoper zugucken zu dürfen. Geprobt wurde der erste Teil aus dem Ballettabend »Brahms/Balanchine«, der aus zwei Choreografien George Balanchines besteht und zur Musik von Johannes Brahms am kommenden Sonntag erstmalig in Hamburg aufgeführt wird.
Als wir den großen,
leeren Saal der Staatsoper betraten, hatte die Probe noch nicht begonnen.
Bühnentechniker in Turnschuhen und schwarzen Jeans liefen über die Bühne, das
Bühnenbild wurde gerade aufgebaut und auch der schwarze Behang der Bühnenwand
war noch nicht heruntergelassen. Man konnte deshalb tief in die Bühne hineingucken,
deren hinterer Teil aussah wie ein Baumarktlager mit vielen Brettern,
Eisenstangen und sogar kleinen Fahrzeugen.
Auch kam es mir komisch vor, dass Menschen in Straßenkleidung einfach auf der Bühne herumstanden, sich unterhielten und herumliefen, ohne sich dabei dem Zuschauerraum zuzuwenden. Denn eine Bühne, vor allem die einer Oper, hatte ich bisher nur als öffentlichen, besonderen Ort gesehen, auf der es keinen Raum für Alltägliches, Uneinstudiertes und Beilläufiges gibt.
Es war toll, Edvin Revazov, den ich schon zwei Mal auf der Bühne tanzen gesehen habe, zuzusehen, wie er sich ganz privat am Bühnenrand aufwärmt. Eine Pianistin spielt sich ein, dann kommt ein zweiter Pianist dazu und sie spielen gemeinsam, vollkommen synchron, hören jedoch auch gleich wieder auf. Plötzlich kommt eine Ballerina in ungebundenen Spitzenschuhen, deren Bänder lose auf dem Boden schleifen, über die Bühne gelaufen. Immer mehr bekannte Ballettgesichter tauchen auf wie zum Beispiel Carsten Jung. Auch zwei Sängerinnen und zwei Sänger, ebenfalls in privater Kleidung, stellen sich auf, der Vorhang schließt und öffnet sich, die Probe beginnt.
Auf einmal sind die
Tänzerinnen und Tänzer nicht mehr privat, sondern tanzen auf der Bühne so, als
ginge es dabei nicht um das Einstudieren eines Stückes in Abstimmung mit der
musikalischen Begleitung, sondern als wäre dies nun schon die eigentliche
Aufführung. Sie wirken vollkommen eingenommen von ihrem Tanz und Schauspiel,
drücken Freude, Leid oder Ernsthaftigkeit durch ihre Mimik aus und nichts an
ihren Bewegungen und ihrem Ausdruck verrät, dass sie »lediglich« bei einer
Probe sind. Dennoch brechen Tanz, Musik und Schauspiel manchmal nach mehreren
Minuten oder schon nach einigen Sekunden schlagartig ab, wenn die Stimme eines
Ballettmeisters auf Englisch, verstärkt durch ein Mikrofon, unterbricht und
Korrekturen gibt.
Bei den meisten
Korrekturen ging es um die Abstimmung der musikalischen Begleitung auf den Tanz
und umgekehrt. Besonders Sänger und Pianisten wurden oft unterbrochen und
mussten sich in ihrem Tempo der Choreografie anpassen. Die Konzentration,
Professionalität und die Genauigkeit aller Teilnehmer der Probe, bei der ich
für 90 Minuten zuschauen durfte, hat mich besonders beeindruckt. Nach genau 90
Minuten wurde die Probe schlagartig beendet, der Vorhang fiel ohne Beifall und
alle Beteiligten gingen geschäftig davon, um zur nächsten Tagesordnung überzugehen.
Als wäre der eben gezeigte Tanz, Gesang und die Musik, die mich alle so
beeindruckt haben, etwas ganz Selbstverständliches.
Bericht vom 6. Dezember 2018 von Lucia, Schülerin der 2. Ausbildungsklasse der Erika Klütz Schule, staatlich anerkannte Berufsfachschule für Tanzpädagogik.
Als wir am Donnerstag
den 1. Rang der Staatsoper betraten, fiel mir als erstes die Größe der Bühne
auf. Bei vorigen Besuchen der Oper habe ich nie hinter die Kulissen sehen
können, aber nun sah ich, dass die Bühne zweimal so groß ist als nur der Teil,
den man als Zuschauer sieht. Überall liefen Bühnenarbeiter herum und bauten das
Bühnenbild auf, welches aus drei großen Flügeltüren und ein paar kleinen Sofas
und gepolsterten Stühlen bestand. Während noch an der Aufhängung der Türen
getüftelt wurde, betrat der erste Tänzer die Bühne und machte sich warm. Er
führte an einem Seitenteil der Bühne ein schnelles Exercise durch. Dabei sah er
sehr entspannt aus und machte alles in Ruhe. Als das Bühnenbild gerade stand,
huschte die erste Tänzerin in Trainingskleidung über die Bühne. Die Pianistin
und der Pianist sowie das Gesangsquartett fanden sich am Flügel zusammen. Nun
schien alles bereit und nachdem alle Beteiligten ein gemeinsames Foto machten, ging
es los.
Die Ballettmeister zogen sich in das Parkett zurück, um die Probe gut inspizieren zu können. Die Tänzerinnen zogen sich schnell ihre Röcke an und die Sänger zückten ihre Noten. Der Vorhand ging zu und ich sah noch schnell die Tänzer auf ihre Positionen schreiten. Die Musik begann, der Vorhang ging auf und die Tänzer tanzten Wienerwalzer. Sofort kam man sich vor wie bei einer echten Aufführung. Mir fiel auf, dass die Tänzer und Tänzerinnen in der ersten Hälfte nicht in Ballettschläppchen und Spitzenschuhen tanzten, sondern in Absatzschuhen, was ich sehr ungewohnt fand. Obwohl Kostüme und die richtige Beleuchtung fehlten, war man wie verzaubert und konnte nur noch die schwungvollen, eleganten Bewegungen der Tanzpaare ansehen. Ich war durch das simple Bühnenbild und die Musik sofort in einen edlen Ballsaal aus einer anderen Zeit versetzt.
Insgesamt waren es
acht Tänzerinnen und Tänzer, also vier Paare. Die Tänzer tanzten abwechselnd
alle zusammen, zu zweit, zu dritt und seltener zu viert. Ich unterscheide sie
im Folgenden anhand der Farbe der Trikots und Röcke der Damen: Es gab das Paar
mit der Tänzerin im grünlichen Rock. Dieses Paar fiel mir von Anfang an am
meisten auf, da der Tänzer so jung aussah und die Tänzerin eine melancholische
Rolle darzustellen schien. Bei ihrer Art zu tanzen musste ich an russische
Folklore aus unserem Unterricht denken, weil die Tänzerin so traurig und
melancholisch wirkte. Mir kam in den Kopf, dass sie ihren Rollenpartner
vielleicht mag, ihn aber nicht wirklich liebt. Oder dass sie sich zu ihm
hingezogen fühlt, aber nicht mit ihm zusammen sein darf. Er war sehr
zuvorkommend und lieb, doch sie wies ihn hin und wieder ab. Am Ende ihres
ersten Pas de deux kniet er vor ihr nieder und sie legt ihm die Hand zärtlich
aufs Haar. Diese Bewegung ist mir besonders aufgefallen und hat in mir wieder
das Gefühl ausgelöst, dass dieses Paar noch jung ist und miteinander sehr
vorsichtig umgeht.
Teil des nächsten
Paars war eine Tänzerin im pinken Rock. Sie wirkte sehr selbstbewusst, genau
wie ihr Partner, doch hatte ich das Gefühl, dass sie ein wenig kess mit ihm
spielte, weil sie oft wegging und sich von ihm bitten ließ, als wäre sie eine
kleine Prinzessin. Er war sich dessen bewusst, konnte ihr aber nicht
widerstehen. Sie war auch die erste Tänzerin, die mit zwei Männern tanzte und
dem anderen Mann hinterher guckte, dann aber doch mit ihrem Partner ging. Meiner
Meinung nach hatten sie im zweiten Teil eines der schönsten und zärtlichsten
Pas de deux des Stücks.
Die Tänzerin des dritten Paars trug ein violettes Oberteil, sie und ihr Partner tanzten innig, aber ausgelassener. Sie tanzten wie frisch verliebt. Im Laufe des Stücks hatten sie einen Streit wie mir schien, weil sie jeweils kurz alleine getanzt haben, als hätten sie ein Wortgefecht. Am Ende des Liedes rannte sie ohne ihn von der Bühne, als ob sie verletzt wäre. Bei diesem letzten Paar war auffällig, dass beide temperamentvoll waren und sie mir reifer vorkamen. Sie tanzten manchmal auch ungefasst oder alleine, doch fand ich das sehr harmonisch und trotzdem beieinander. Sie vertrauten sich und spielten trotzdem ein wenig miteinander. Auch als die Tänzerin mit zwei Männern tanzet, hatte ich das Gefühl, dass er ihr vertraute, nicht so wie der Partner der Dame im pinken Rock.
Mir gefiel an der
Probe, dass man einmal sehen konnte, wie die Bühne ohne Bühnenbild aussieht und
wie schnell die Tänzer bei einer Unterbrechung durch die Regie aus- und genauso
schnell wieder in die Rolle wechselten. Das Stück hatte zwar keine
offensichtliche Handlung, doch war die Choreografie so raffiniert, dass sehr
schöne Bilder und Linien zu sehen waren, besonders als alle acht Tänzer
zusammen tanzten. Auch ohne Handlung waren viele Gefühle durch große Sprünge
sowie kleine Gesten, Blicke und Neigungen des Kopfes zu erkennen.
Ich habe hier berichtet, was ich persönlich gesehen und gefühlt habe beim
Zuschauen, und möchte mich im Namen der Schüler für diese Gelegenheit bedanken,
bei den Profis zugucken zu können.
Bericht vom 6. Dezember 2018 von Linn, Schülerin der 2. Ausbildungsklasse der Erika Klütz Schule, staatlich anerkannte Berufsfachschule für Tanzpädagogik. Hier geht es zum Bericht des zweiten Probenbesuchs.
Im ersten Teil des Blogs zur Premiere des Doppelabends »Brahms/Balanchine« drehte sich alles um die speziellen Tanzschuhe. Die Produktionsleiterin der Kostümabteilung Kirsten Fischer erzählte von der aufwendigen Suche nach dem richtigen Schuhmodell. Für die Ballette von George Balanchine gibt es neben den tollen Absatzschuhen aber auch wunderschöne Kostüme. Im zweiten Teil des Blogs erzählt Kirsten Fischer, welche Arbeit auf die Schneider der Kostümabteilung zugekommen ist und wie lange es dauert, bis ein Frack bühnentauglich ist.
Der Kostümfundus des Hamburg Ballett und der Staatsoper Hamburg ist überwältigend. Im Lager der Werkstätten in Rothenburgsort und auch in der übersichtlicheren Schneiderei im Großen Haus am Gänsemarkt finden unzählige Kleider, Röcke und Anzüge ihren Platz. In der neuen Ballettpremiere »Brahms/Balanchine« sind die Kostüme durch die Originalinszenierung von George Balanchine vorgegeben. Sie wurden ursprünglich von den Designerinnen und Kostümbildnerinnen Karinska und Judanna Lynn kreiert. In solch einem Fall ist es üblich, dass Kostüme von anderen Häusern, die die Ballette im Repertoire haben, für die Dauer der Aufführungsserie ausgeliehen werden.
Für »Liebeslieder Walzer«, den ersten Teil des Doppelabends, erhielt die Kostümabteilung die Kostüme des San Francisco Ballet. Im Idealfall können die Leihgaben für die Hamburg-Premiere übernommen und lediglich durch kleine Änderungen für die jeweiligen TänzerInnen und MusikerInnen angepasst werden. Für den ersten Part von »Liebeslieder Walzer« mussten nur zwei der Kleider nach Vorlage der Geliehenen ganz neu von den Schneiderinnen und Schneidern angefertigt werden. Im zweiten Teil der Choreografie tragen die Tänzerinnen mehrfarbige Tüllröcke. Die Kostüme aus San Francisco sind für unsere Tänzerinnen zu lang. Da man von den Leihgaben nicht einfach ein Stück abschneiden kann, hat sich das Team um Kirsten Fischer dafür entschieden, sie neu zu nähen. Die Oberteile werden jedoch übernommen.
In der Damenschneiderei sind die Mitarbeiterinnen fleißig zu Gange und erklären gerne, wie die Röcke gefertigt werden: Sie bestehen aus fünf verschiedenen Tülllagen, die jeweils in sich einen Farbverlauf haben. Durch die Überlappung der einzelnen Lagen ergibt sich ein romantisch-buntes Streifenmuster. Jeder der vier Röcke wird ganz individuell und anders aussehen. Ein bisschen erleichtert wird die Arbeit dann aber doch: Anstatt auch die angenähten Verzierungen komplett neu zu machen, werden sie von den Leihgaben vorsichtig abgetrennt und an den Hamburger Röcken angebracht. Kirsten Fischer erklärt: »Die Arbeit mit geliehenen Kostümen ist wirklich eine Herausforderung, da alle Änderungen dokumentiert werden müssen. Die Kostüme werden nach der Aufführungsserie nämlich wieder zurückgegeben und müssen dann wieder gleich aussehen und dieselbe Passform haben wie vor der Leihgabe.«
Für die männlichen Tänzer musste das gesamte Kostüm neu gefertigt werden. Das San Francisco Ballet hatte keine Herren-Kostüme mitgeschickt, da sie die Fräcke selbst vom New York City Ballet ausgeliehen hatten. Kein Wunder: Die Anfertigung der wunderschönen Kleidungsstücke ist sehr aufwendig! Diese Herausforderung haben die SchneiderInnen der Herrenschneiderei angenommen und gleich acht Tänzer- und vier Sängerfräcke in Handarbeit und maßgeschneidert angefertigt. »Das sind wunderschöne Fräcke, da ist man froh, wenn man sie danach im Fundus hat!«, schwärmt Kirsten Fischer. Und sie verspricht nicht zu viel: Im Produktionslager lassen sich die schönen Westen, Hosen und vor allem Jacken bereits bewundern.
Der Stoff für die Frack-typisch taillierten Jacken, mit den zwei Schwalbenschwänzen an der Rückseite, wurde nach dem Muster des Originals exklusiv für das Hamburg Ballett gewebt! Kirsten Fischer erklärt: »Es ist ein Rips in einer wirklich speziellen Farbe. Er ist dunkelblau, aber violett changierend.« Nach langer Recherche trat die Schneiderei der Hamburgischen Staatsoper mit einem deutschen Weber in Kontakt, der sich bereit erklärte, den Stoff nach dem Originalmuster anzufertigen.
Einen Stoff von der Stange zu nehmen, kam für Kirsten Fischer nicht in Frage. Denn durch das nachträgliche Einfärben verliere er viel von seinem Charakter und würde bei weitem nicht originalgetreu aussehen. Dadurch, dass die Weberei in Deutschland ansässig ist, ging der Prozess trotz Spezialanfertigung schnell: Nach zwei Wochen Vorbereitung inklusive Korrespondenz mit dem Weber, stand der Stoff der Kostümabteilung in zehn Tagen zur Weiterverarbeitung zur Verfügung. »Das muss schnell gehen, denn so ein Frack ist ja auch ein aufwendiges Kleidungsstück!«, sagt Kirsten Fischer.
Wie aufwendig die Anfertigung ist, erfahren wir, als wir die Herrenschneiderei besuchen. Dort werden wir Zeuge, wie an den Fräcken gearbeitet wird. Eine Mitarbeiterin schlüsselt für uns die Herstellungsdauer auf: Ca. 35 Stunden und damit fast eine ganze Arbeitswoche benötigen die Profis aus der Schneiderei um einen Frack anzufertigen! Manche Nähte können mit der Maschine gemacht werden. Das sei vor allem für die tragenden Nähte wichtig, erklärt eine Schneiderin. Der Großteil wird aber in präzisester Handarbeit abgesteckt, umgenäht und zusammengefügt.
Die exklusiv gestalteten Fräcke, Röcke und Kleider können ab dem 9. Dezember 2018 auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper im Ballett-Doppelabend »Brahms/Balanchine« bewundert werden.
Am 9. Dezember feiert der Doppelabend »Brahms/Balanchine« mit dem Hamburg Ballett Premiere. Und wenn eine Premiere auf dem Spielplan steht, bedeutet das für alle beteiligten Abteilungen schon lange im Voraus viel Recherche und Vorbereitung. Welche Aufgaben und Schwierigkeiten bei der anstehenden Premiere der beiden Choreografien von George Balanchine auf die Kostümabteilung zukamen, wollten wir von Produktionsleiterin Kirsten Fischer wissen. In diesem ersten Teil des Blogs erzählt sie uns von der aufwendigen Suche nach den richtigen Tanzschuhen und welche Rolle die Erste Solistin des Hamburg Ballett Silvia Azzoni dabei spielte.
Über 3500 Spitzenschuhe sind im Spitzenschuhlager des Ballettzentrums jederzeit vorrätig. Auch verschiedene Schläppchen für Damen und Herren lagern dort und in den Räumen der Staatsoper. Doch in der Balanchine-Choreografie »Liebeslieder Walzer«, die in der nächsten Woche zum ersten Mal auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper zu sehen ist, tragen die Tänzerinnen und Tänzer zum Teil spezielle Tanzschuhe mit Absätzen, die bisher nicht im Kostümfundus zu finden waren. Dabei handelt es sich nicht um die im Gesellschaftstanz üblichen Schuhe, sondern um besondere, extra für das Ballett entwickelte Modelle: »Die Männer benötigen schwarze Lackschuhe, die allerdings weicher und flexibler gearbeitet sind als gewöhnliche Tanzschuhe«, erklärt Kirsten Fischer. Das passende Modell für die Männer war schnell gefunden und musste für den reibungslosen Gebrauch auf der Bühne nur leicht von den Schuhmachern der Staatsoper modifiziert werden.
Der Weg zum richtigen Tanzschuh der Damen war dagegen fast schon Detektivarbeit, erzählt Kirsten Fischer: Ein rosafarbener Satinschuh mit kleinem Absatz ist in der Inszenierung vorgesehen. Als sich die Kostümabteilung nach den Vorgaben des Balanchine Trusts, der die Aufführungsrechte der Choreografien vergibt, auf die Suche machte, meldete sich Silvia Azzoni bei Kirsten Fischer. Sie hatte auf einem Foto von »Liebeslieder Walzer« des New York City Ballet die befreundete Tänzerin Ashley Bouder erkannt, die die Tanzschuhe trug.
»Silvia war wirklich eine große Hilfe bei der Suche nach den richtigen Schuhen«, sagt Kirsten Fischer. Sie rief ihre Freundin an, um sich nach dem in New York verwendeten Schuh zu erkundigen. Ashley Bouder schickte ihr daraufhin Fotos der Schuhe sowie den Namen der Herstellerfirma. Als die Kostümabteilung den Hersteller kontaktierte, stellte sich jedoch schnell heraus, dass die Lieferzeit dieser Schuhe zu lang für die verfügbare Zeit bis zur Premiere in Hamburg gewesen wäre. Die Tänzerinnen brauchen schließlich bereits vor der ersten Aufführung genügend Zeit in den Proben, um die Schuhe auszuprobieren und sich an sie zu gewöhnen.
Ein anderer Schuh musste also gefunden werden. Zusammen mit der Kostümabteilung machte sich Silvia Azzoni auf die Suche. In Anlehnung an das Modell aus New York fanden sie schließlich verschiedene ähnliche Schuhe in einem Tanzgeschäft in Hamburg und nahmen sie in die Proben mit, damit die Tänzerinnen sie anprobieren konnten. Die Wahl fiel schließlich auf einen Schuh aus Italien, der allerdings noch etwas zu steif für die Bewegungen der Choreografie war. »Die sogenannte ‚Zunge‘ im Fußbett des Schuhs musste gekürzt und biegsamer gemacht werden, damit die Tänzerinnen den Fuß vollständig strecken können«, erläutert Kirsten Fischer. Außerdem sollte der Satin eine hellere Farbe bekommen. In Italien fertigte die Firma zunächst einen veränderten Prototyp für Silvia Azzoni an und schickte ihn zur Anprobe. Als alle Änderungen perfekt waren, produzierte die Firma die restlichen benötigten Schuhe für die Tänzerinnen.
Mehr als drei Monate hat die Suche insgesamt gedauert, seit vier Tagen sind die Schuhe nun bei den Proben im Einsatz und müssen sich bewähren. Wie lange die Modelle halten werden, kann Kirsten Fischer noch nicht absehen: »Aber zum Glück können wir jetzt, wo wir den richtigen Schuh gefunden haben, auch schnell nachbestellen. Anders als bei vielen Spitzenschuhmodellen, die lange Lieferzeiten haben, wären die neuen Tanzschuhe nun in einer Woche bei uns.« Auch wenn die Kostümabteilung die Schuhe für die männlichen Tänzer schnell fand, sorgte ein anderer Teil des Herrenkostüms für aufwendige Recherche und stundenlange Handarbeit. Um was es geht, erfahren Sie im zweiten Teil des Blogs mit Kirsten Fischer.