Schlagwort: Illusionen – wie Schwanensee

  • BallettTester*innen »Illusionen – wie Schwanensee«

    BallettTester*innen »Illusionen – wie Schwanensee«

    Als BallettTester*innen durften Liliane, Miroslav und Lotte unsere Wiederaufnahme bereits in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen sie von ihren Erlebnissen und Eindrücken.

    Am 9. Februar 2023 durfte ich bei der Hauptprobe für »Illusionen – wie Schwanensee« als BallettTesterin dabei sein. Als ich am frühen Abend zur Staatsoper kam, waren schon mehrere Gäste im Foyer, die auch zuschauen wollten. Es gab noch zwei weitere Balletttester*innen, Lotte (13), die selber gerne tanzt, und Miroslav (19), der schon öfter bei Ballettaufführungen zugeschaut hat. Außerdem gab es noch eine Schüler*innengruppe aus der Ballettschule von John Neumeier und viele Erwachsene, die für die neuen Schwanenkostüme für »Illusionen – wie Schwanensee« gespendet hatten. Abgeholt wurden Lotte, Miroslav und ich von Friederike, die uns direkt mit in den Opernsaal nahm. Im Saal konnten wir uns Plätze aussuchen und warteten sehr gespannt auf die Aufführung.  

    Das Bühnenbild von Jürgen Rose ist inspiriert von den Schlössern von König Ludwig II © Kiran West

    Als der Vorhang sich dann öffnete, hat mich das Bühnenbild sofort begeistert. Eine Mauer, die wohl zu einem Schloss gehörte und wie eine echte alte Mauer aussah, und weiter seitlich konnte man ein Fenster erahnen, durch das warmes Sonnenlicht fiel. Bei den Tanzszenen, die alle unglaublich schön waren, hat mir am meisten eine Festszene gefallen. Bei der Szene wurde viel getanzt und gefeiert und es haben auch Kinder mitgemacht. Mir hat die Szene so gut gefallen, weil die Musik und das Tanzen richtig gute Laune verbreitet haben.

    In der Pause, die dann folgte, durften wir uns im Opernhaus umsehen und dann wurde von Lotte, Miroslav und mir noch ein Foto gemacht. Nach der Pause gab es eine Szene wie aus einem Märchen, in der bestimmt zwanzig Schwäne in unglaublich prächtigen Kostümen getanzt haben. Das war sehr beeindruckend. Auch der Maskenball hat mir gut gefallen, besonders die schillernden, bunten Kostüme fand ich sehr gelungen.

    Alexandr Trusch als König und David Rodriguez als Mann im Schatten © Kiran West

    Erwähnen möchte ich noch die Schlussszene, in der der König im See ertrank. Das war tragisch und das Licht war ganz besonders. Das hat irgendwie gut zum Ende gepasst. Insgesamt war es ein ganz toller Abend in der Staatsoper. Mit haben die Tänzer so gut gefallen, die wunderschönen Kostüme, die Musik, das Licht und das Bühnenbild. Einfach alles!

    Liliane, 13 Jahre

    Ich habe am 9.2. als BallettTester in der Hamburgischen Staatsoper eine Probe zu »Illusionen – wie Schwanensee« gesehen, inszeniert von John Neumeier. Der erste Eindruck begann mit dem Vorhang, der vor der Bühne hängt. Zwei Engel sind zu sehen, sie blasen in ihre Trompeten; es ist ein beeindruckender Anblick. Der golden und silbern strahlende Stoff regt zu hohen Erwartungen an. Der Vorhang fällt und der Thronsaal wird mit seinen sich öffnenden Türen gezeigt. Der König (Alexandr Trusch) tritt mit seinem Freund Graf Alexander (Jacopo Bellussi) herein und enthüllt sein Schmuckstück, das Schloss Neuschwanstein. Und der Mann im Schatten (David Rodriguez) verfolgt ihn mit ausladenden Bewegungen.

    Den König verfolgen seine Erinnerungen, er sieht das Richtfest wieder vor seinem inneren Auge. Das farbenfrohe Richtfest wird durch eine bunte Masse an Arbeitern und vielen Kränzen geschmückt. Die Arbeiter, die sich über den Erfolg des Baus freuen und ihn ausgelassen feiern, der kleine Junge, der den Älteren durch seinen Tanz seine Freude und seinen Ehrgeiz zeigt, indem er den Arbeiter nacheifert. Der König zeigt nun seine Schönheit und bedankt sich mit graziöse Bewegungen beim Volke. So kommen die Adeligen, die Königinmutter (Patricia Friza) und seine Verlobte (Madoka Sugai) herein. Sie feiern die Verlobung des Paares und tanzen dazu. Im ganzen Durcheinander ist die Musik fröhlich und rein.

    Alexandr Trusch als König beim Richtfest © Kiran West

    So sind in diesem Fest viele unterschiedliche Begebenheiten mit den jeweiligen Menschen passiert, doch Freude ist die einzige Emotion, die zu sehen war. Die Darstellung der Freude war dennoch in unterschiedlichen Formen vorhanden, die Adligen zeigten sich in eleganten Tänzen, die Arbeiter waren hingegen mit ihren Volkstänzen zu sehen und alle gemeinsam ergaben ein Bild. Da war die Erinnerung schon wieder vorüber und der König wieder im Thronsaal. Er rang mit dem Schatten, sie warfen sich aufeinander, es war der Schatten seiner selbst. In immer geschmeidigeren Bewegungen. Dunkel in dunklen Lichtern und Tanz. So ist es ein besonderes Erlebnis die Hauptfigur, den König, zu sehen, seine Geschichte zu erleben und die Liebe zu entdecken, die in ihm innewohnt. Durch viele ineinander verwobene Elemente des Balletts, die hier mit der Musik harmonieren und sich doch an manchen Stellen widersprechen.

    Eine Kunst, die mit Körper und Geist dem Zuschauer gezeigt wird. Mal wird es dunkler, mal wird es heller. So sind auch die Kostüme von eindeutiger Pracht, sie verfließen und vereinen sich immer mehr mit den Tänzern zu einer Figur, in ihren unterschiedlichen Farben vom reinen Weiß bis zu den kunterbuntesten Tönen des Maskenballs. Das ist die Art von Verführung, der man ausgeliefert ist, wenn man in diese Welt der Illusionen eintaucht. Das ist also die große Geschichte eines noch größeren Königs, die jeder für sich interpretieren und miterleben kann.

    So habe ich einen sehr erlebnisreichen Abend gehabt und Ihr sollt ihn auch noch erleben, daher habe ich Euch nur die Hälfte der Handlung aus meiner Sicht beschrieben, damit Ihr Euch immer noch etwas Neues vorstellen könnt. Und achtet bitte auf die Kinder, sie zeigen besondere Figuren, die sich faszinierend von den Solisten und dem Ensemble abheben. Diese Wiederaufnahme ist sehr zu empfehlen. Das war eine wunderbare Vorstellung und wenn Ihr in meinem Alter seid und ihr einmal die Möglichkeit habt als Tester oder einfach so ins Ballett zu gehen, dann würde ich euch raten das zu machen.

    Miroslav, 19 Jahre

    Rote Samtsessel, hölzerne Balkone und ein großer Orchestergraben empfangen einen, wenn man den großen Konzertsaal der Hamburger Staatsoper betritt. Ein einteiliger, königsblauer Vorhang mit goldenen Ranken und einem hübschen weißen Schwan in der Mitte verdeckt noch das Bühnenbild. Langsam füllt sich der Saal mit den Leuten, die sich bis eben unten im Foyer begrüßt haben. Darunter sind Eltern, deren Kinder im Ballett tanzen, Sponsoren, Fotografen und graziös wirkende Schüler der Hamburger Ballettschule. Nach einiger Zeit haben sich alle einen Platz gesucht und das Licht wird heruntergedimmt. Die Gespräche verstummen, die Blicke richten sich nach vorne und dann fällt der Vorhang und das Orchester beginnt zu spielen.

    Die Schwäne © Kiran West

    Einer dramatischen Szene in einem Schlosszimmer folgt ein heiteres Dorffest, auf dem getanzt, gesungen, gegessen, getrunken und ein mit Schleifen behangener Kranz aufgehängt wird. Eine feine Gesellschaft taucht zwischen den »einfachen« Leuten auf. Unter ihnen der König mit seiner in ein hübsches, blaues Kleid gekleideten Verlobten, Prinzessin Natalia. Außerdem der Freund des Königs, Graf Alexander mit seiner hübschen Braut Prinzessin Claire. Die feinen Paare tanzen mit den begeisterten Bürgern als Zuschauern. Später befindet sich der König an einem See und begegnet dort der Schwanenkönigin. Es wird schnell klar, dass er sich besonders zu ihr hingezogen fühlt. Dann senkt sich der Vorhang und das Licht wird wieder angemacht.

    Nach der Pause beginnt die zweite Hälfte mit einem Ball im Schloss. Wie im ersten Teil werden Musik und Licht passend auf die einzelnen Geschehnisse abgestimmt. Schließlich gibt es eine starke Wendung in der Geschichte. Ein überraschend, dramatisches Ende schließt eine, wie ich finde, gelungene Vorstellung von »Illusionen – wie Schwanensee« ab.

    Lotte, 13 Jahre

    »Illusionen – wie Schwanensee« wird auch in der kommenden Spielzeit 2023/2024 im Repertoire des Hamburg Ballett sein (25., 28., 31. Januar 2024 | 2., 7., 8. Februar 2024 | 1., 7. Juni 2024)
    Der allgemeine Vorverkauf für die Vorstellungen beginnt am 15. Mai 2023.

  • Der Stoff aus dem die Träume sind

    Der Stoff aus dem die Träume sind

    In unserer Reihe »Das Hamburg Ballett in Zahlen« veröffentlichen wir regelmäßig interessante Zahlen und Fakten rund um das Hamburg Ballett. Was verbirgt sich wohl hinter der heutigen Zahl?

    Als Inbegriff des klassischen Balletts verzaubert Peter I. Tschaikowskys »Schwanensee« seit der Inszenierung von Marius Petipa und Lew Ivanow 1895 in Sankt Petersburg ganze Zuschauergenerationen und inspiriert zahlreiche Interpretationen. John Neumeiers originelle an den bayerischen König Ludwig II. angelehnte Fassung unter dem Titel »Illusionen – wie Schwanensee« hat seit der Uraufführung 1976 in Hamburg selbst Kultstatus erlangt.

    Der König bezwungen vom Mann im Schatten © Kiran West

    Einer der Höhepunkte des träumerischen Werks und Sinnbild für klassische Ballettästhetik und Tanzkunst ist seit jeher der lyrische »weiße Schwanenakt«, der sich in der rekonstruierten Choreografie von Lew Ivanow als Zitat auch in John Neumeiers Version wiederfindet. Die überirdisch anmutende Schönheit der über die Bühne schwebenden Schwäne entsteht nicht nur durch die perfekt ausgeführte Choreografie, sondern auch durch die strahlend weißen, fedrigen Ballettkostüme, die im Zusammenspiel mit den flatternden Bewegungen die Tänzerinnen in einen prachtvollen Schwanenschwarm verwandeln.

    Der weiße Schwanenakt © Kiran West

    Doch haben die 47 Jahre und rund 170 Aufführungen, die unzähligen Sprünge, Hebungen und Pirouetten deutliche Spuren an den von Jürgen Rose entworfenen Original-Schwanenkostümen hinterlassen: Die Flügel und Tutus haben im wahrsten Sinne des Wortes »Federn gelassen« und die weißen bestickten Satin-Oberteile ihren Glanz verloren. Für die fünfte Wiederaufnahme des Publikumslieblings im Rahmen der 50. Jubiläumssaison des Hamburg Ballett hat die Kostümabteilung der Hamburgischen Staatsoper daher in Zusammenarbeit mit dem Gewandwerk Hamburg die Schwanen-Tutus für alle Damen des Ensembles neu angefertigt.

    Entstanden sind 40 aufwendig geschneiderte Haute Couture-Meisterwerke. Für jedes der 8-lagigen Tutus wurden 14 Meter Tüll und 10 Meter Federn verarbeitet. Die einzelnen Tülllagen sind miteinander durch viele separate Handstiche verbunden, die vor jeder Vorstellung kontrolliert und »nachgestichelt« werden müssen, sodass sie den schwebenden Eindruck der über die Bühne gleitenden Tänzerinnen verstärken und der »Illusion eines Schwanensees« nichts im Wege steht.

    Illusionen ‒ wie Schwanensee © Kiran West

    Eine Spende für die neuen Schwanen-Tutus kann über einen individuell gewünschten Betrag geleistet werden. Als Dankeschön vergibt die Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Staatsoper zusammen mit dem Hamburg Ballett exklusive Patenschaften für einzelne Kostüme. Mit einer Kostümspende von mind. 500 Euro kann beispielsweise die Patenschaft für das Schwanen-Tutu einer Gruppentänzerin übernommen werden, mit mind. 750 Euro die Patenschaft für das Kostüm einer Solotänzerin. Und mit einer Spende von mindestens 1500 Euro werden die Patenschaften eines Tutus der Hauptfiguren Odette oder Odile vergeben. Als Dank für die Spende werden alle Patinnen und Paten mit Namen im Kostüm verewigt. Um Spenderin/Spender oder Kostümpatin/Kostümpate zu werden, schreiben interessierte Personen eine E-Mail unter Angabe des Namens, der Anschrift und Telefonnummer sowie der Höhe der Spende an: info@opernstiftung-hamburg.de

  • 45 Jahre »Illusionen – wie Schwanensee«

    45 Jahre »Illusionen – wie Schwanensee«

    Vor 45 Jahren, im Jahr 1976, widmete sich John Neumeier einem der bekanntesten Ballette der Welt: »Schwanensee«. Die Ursprünge dieses Werkes, das mittlerweile zu einem Synonym für klassisches Ballett geworden ist, liegen Ende des 19. Jahrhunderts, um genauer zu sein im Jahr 1877. Damals komponierte Peter I. Tschaikowsky sein erstes abendfüllendes Ballett mit der eingängigen Musik, die internationalen Weltruhm erlangte. Einen weiteren Grundstein für die weltweite Bekanntheit legte die im Jahre 1895 von Lew Iwanov und Marius Petipa kreierte Choreografie, die in ihrer Form von vielen großen Choreografen des 20. Jahrhunderts interpretiert wurde, unter anderem George Balanchine, Rudolf Nurejew oder John Cranko.

    John Neumeier beschäftigte sich in seiner dritten Spielzeit am Hamburg Ballett mit dem Stück, das die Geschichte des jungen Prinzen Siegfried und seine tragische Liebe zur verzauberten Schwanenprinzessin Odette erzählt. Er erschuf eine träumerische Neuinterpretation des Werks, die vor 45 Jahren, am 2. Mai 1976 unter dem Titel »Illusionen – wie Schwanensee« zur Uraufführung kam.

    Ein choreografischer Anspruch John Neumeiers lag darin, den Kern der Choreografie von Marius Petipa und Lew Iwanow zu erhalten und gleichzeitig zeitgemäße Themen in dem Ballett zu verhandeln: »Eine ›Schwanensee‹-Konzeption für unsere Compagnie kann sich nicht auf die naive Nacherzählung eines Märchens mit den uns fremden Mitteln des 19. Jahrhunderts beschränken. Sie findet ihren Sinn nur, wenn sie das überzeitliche Thema der unverwirklichbaren Liebe und seine Interpretation, die es durch das 19. Jahrhundert erfahren hat, mit heutigen Mitteln darstellt.«

    Das Ende von John Neumeiers »Illusionen – wie Schwanensee« weicht von der Erzählung der traditionellen Version ab; der König folgt dem symbolischen »Mann im Schatten« und findet seinen Tod in den Fluten des Sees. © Kiran West


    John Neumeiers Ansatz liegt deshalb in einer Fokussierung auf eine geschichtlich reale Person: Er inszeniert die Rolle des Prinzen Siegfrieds nach historischem Beispiel an König Ludwig II von Bayern angelehnt. Dieser König, dessen Beiname Märchenkönig von den zahlreichen Bauprojekten namhafter deutscher Schlösser (zum Beispiel Neuschwanstein) herrührt, wurde seinerzeit aufgrund einer angeblichen Manie für wahnsinnig erklärt und entmündigt. Im Zentrum von John Neumeiers Fassung steht also die Figur eines Königs, der sich in träumerischen Illusionen verliert, zwischen Wahnsinn und Wirklichkeit transzendiert. Auch das opulente Bühnenbild von Jürgen Rose referiert auf die innere Zerrissenheit des tragischen Herrschers und ist inspiriert von dessen Schlössern.

    Jürgen Rose während der Besichtigung der Schlösser Ludwig II in Bayern im August 1975 © Jean-Marie Bottequin
    Prinzessin Natalia (Hélène Bouchet) besucht den eingesperrten König (Edvin Revazov) in seinem Gefängnis. Die Kulisse von Jürgen Rose ist inspiriert von den unfertigen Räumen im Schloss Herrenchiemsee © Kiran West

    Die Rolle dieses Königs wurde in den vergangenen 45 Jahren von vielen Tänzern interpretiert. Die Erstbesetzung der Uraufführung war der deutsche Tänzer Max Midinet, der im Schaffensprozess an der Kreation der Figur beteiligt war.

    Aber auch andere Stars des Hamburg Ballett wie Janusz Mazoń, Jean Laban, Vladimir Derevianko und Lloyd Riggins verkörperten die Rolle des tragischen, vom metaphorischen »Mann im Schatten« verfolgten Königs.

    »Illusionen – wie Schwanensee« erfreut sich bis heute großer Beliebtheit, wird von Zuschauern wie Presse immer wieder als originelle Neukonzeption des Weltklassikers beschrieben. Neben Gastspielen in Japan, München und Paris gehört das Ballett außerdem zum festen Repertoire des Bayerischen Staatsballetts und des Semperoper Ballett in Dresden. In Hamburg tanzten die Schwäne und der König zuletzt im Jahr 2018. Bei der Wiederaufnahme verkörperte der Erste Solist Edvin Revazov die Rolle des Königs.

    Anna Laudere als Odette und Edvin Revazov als König © Kiran West

    Friederike Adolph

  • »Illusionen – wie Schwanensee« aus den Augen junger Tänzer

    »Illusionen – wie Schwanensee« aus den Augen junger Tänzer

    »Illusionen – wie Schwanensee« ist seit dem 8. April wieder in der Hamburgischen Staatsoper zu sehen. Bereits vor der offiziellen Wiederaufnahme haben eine Ballettschülerin und ein Ballettschüler der Ballettschule des Hamburg Ballett die Hauptprobe des Stückes besucht. Ihre Eindrücke und Gedanken fassen sie für uns zusammen.

    Ich machte die Augen zu und atmete ein. Ich bin wieder ein kleines Kind, das die Musik von Schwanensee aus seiner Spieluhr hört. Die Tänzerin dreht sich in dem Schmuckkästchen und mich ergreift eine magische Atmosphäre. Dieses Mal brauchte ich meiner Fantasie keinen freien Lauf zu lassen, weil die Magie vor mir auf der Bühne ist.

    Schwanensee ist eines der wichtigsten Werke, welches die Ballettgeschichte geschrieben hat. Eines von denen, welches jeder Tänzer einmal in seiner Karriere gerne tanzen würde. »Illusionen-wie Schwanensee« von John Neumeier hat aber etwas Spezielles an sich, etwas Besonderes. Die komplizierte und mysteriöse Geschichte vom König Ludwig II, seine Vorstellungen, die dunkle Seele, die Schönheit der Schwäne und ihre Reinheit faszinieren die Zuschauer, die sich von der Geschichte in eine parallele Welt transportieren lassen. Das Ballett ist eine perfekte Kombination von Ausdruck, schönen Bühnenbildern, magischer Musik und wunderbaren Tänzern. Mein Lieblingsteil ist der originale zweite Akt, welcher in dieser Version von John Neumeier mit dem ersten verbunden wurde. Meine Augen glänzen, wenn ich die Magie, die Schönheit und die Leichtigkeit der Schwäne sehe. Ich mag ihre leichten Bewegungen der Arme und wie sie auch durch den Ausdruck ihre Zerbrechlichkeit und Scheu zeigen. Die Musik hebt all diese Aspekte noch mehr hervor.

    Ich bin deshalb sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit bekam, dieses sensationelle Werk zu genießen und in diese parallele Welt transportiert wurde. Die Vorhänge schließen sich wieder, das Licht geht an, das Ballett ist zu Ende. Aber in meinem Kopf spielt die Musik weiter und die Musik übermannt mich nach wie vor…

    Anna Zavalloni, Ballettschule des Hamburg Ballett, Klasse VI

    Edvin Revazov und im Hintergrund: Schülerinnen und Schüler der Ballettschule © Kiran West

    John Neumeiers »Illusionen – wie Schwanensee« feierte am 08. April seine Wiederaufnahme und kehrte zurück auf die Bühne der Hamburgischen Staatsoper. Auch 42 Jahren nach der Uraufführung 1976, zählt das Ballett weiterhin zu den beliebtesten Werken von John Neumeier und präsentiert sich mit einer neuen Tänzergeneration und vielen Rollendebuts.

    Vor der Wiederaufnahme hatte ich, als Schüler der Ballettschule des Hamburg Ballett, die wunderbare Möglichkeit, die Hauptprobe in voller Länge zu sehen. Es war spannend zu erleben, wie John Neumeier nach dem traditionellen »Schwanensee« eine eigene Fassung entwickelte und die Handlung um den bayerischen König Ludwig II aufbaute. Ich fand es faszinierend, wie er als halluzinierender König in einem großartigen Bühnenbild von Jürgen Rose in den Räumen seiner Schlösser dargestellt wird.

    Die Idee, diese Handlung mit dem traditionellen Schwan-Akt zu verbinden, ist zugleich eine tolle Kombination der klassischen Ballett-Tradition mit spannenden, neuen Ideen. So entsteht die Möglichkeit, die Schönheit der traditionellen Fassung in Verbindung mit einer neuen, ergreifenden Geschichte in einer unverwechselbaren Version zu erleben.

    Philip Langen, Ballettschule des Hamburg Ballett, Klasse V

    Hélène Bouchet und Edvin Revazov – Prinzessin Natalia und der König im Ballsaal des Schlosses © Kiran West
  • BallettTester »Illusionen – wie Schwanensee«

    BallettTester »Illusionen – wie Schwanensee«

    Vor der Wiederaufnahme von John Neumeiers Ballett »Illusionen – wie Schwanensee« durften zwei junge BallettTesterinnen das Stück bereits vor allen anderen bei der Hauptprobe erleben. Wir freuen uns sehr, dass Marlene Hausen und Katia Marin ihre Eindrücke und Erlebnisse mit uns teilen:

    Am 6. April 2018 durfte ich als BallettTesterin die Hauptprobe des Stückes »Illusionen – wie Schwanensee« sehen. Darüber habe ich mich riesig gefreut! Ich hatte zusammen mit einer anderen Balletttesterin tolle Plätze, von wo aus wir alles genau sehen konnten. Ich war überrascht, dass in dem Stück so viele akrobatische Hebefiguren gezeigt wurden; auch Räder wurden geschlagen und Flickflacks rückwärts wurden gezeigt. Das hat mir besser gefallen und war aufregender als in dem Originalstück »Schwanensee«. Sogar einige kleinere Kinder haben in dem Stück mitgespielt. Da hätte ich am liebsten auch mitgetanzt. 

    Alle Figuren wurden toll gespielt bzw. getanzt. Die Kostüme waren richtig schön – besonders die der Schwäne. Das Stück ging ziemlich lang, aber es war an keiner Stelle langweilig. Am Schluss fiel ein riesiges blaues Tuch über den König und den Mann im Schatten und die beiden wurden verdeckt und der König ertrank im See. Das war traurig, aber es sah toll aus!

    Marlene Hausen, Schülerin, 10 Jahre

    © Kiran West

    Die Geschichte von Schwanensee in einem interessanten anderen Rahmen zu sehen, hat mich bezaubert. Nach der Aufführung habe ich mich wie der König gefühlt, der sich zwischen seinen Erinnerungen und der Realität verloren hat.

    Ich hatte nicht das Gefühl, dass Menschen getanzt haben, sondern eher märchenhafte Kreaturen. Es schien mir fast so, als hätten die Tänzer keine Körper – für mich flogen sie in der Luft wie Schleier. Doch die menschlichen Gefühle konnte ich gut erkennen und mich so in die Rollen hineinversetzen…

    Die Kostüme der königlichen Zeit haben die Rollen gut dargestellt und die Farben haben sich wunderbar ergänzt. Jedes Detail, jedes kleinste Ornament war harmonisch. Das Kostüm der Schwanenprinzessin hat mich fasziniert, und die Bewegungen und die Formen der Schwäne waren äußerst gut choreografiert. Ich war mir sicher, dass vor mir Schwäne geschwommen sind und nicht Menschen, die getanzt haben. Insgesamt war das klassisch und originell.

    Das Bühnenbild ist wie ein Gemälde! Die Farben und die Musik passen zusammen und jeder Ort der Träume und der Erinnerung kontrastiert wunderbar mit den Orten der »Realität« im Stück, wo sogar das Licht, das durch die Fenster den Raum erleuchtete, realistisch schien. 

    Die Geschichte sowie die Tänze von »Schwanensee« wurden respektiert, jedoch persönlich und modern interpretiert. Ballett im zeitgenössischen Stil und mit Geschmack. Die Musik von Tschaikowsky ist natürlich transzendent, aber im Zusammenhang mit dem Licht, den Figuren und der leidenschaftlichen Interpretation ist der atemberaubende Effekt garantiert. 

    Letztendlich kann man nicht alles in Worte fassen – man muss es erleben, um zu verstehen. Wo die Worte aufhören, fängt die Kunst an. Dunkler Saal, Stille, Vorhang auf und Musik!

    Katia Marin, Erasmus-Studentin aus Frankreich, 18 Jahre

  • Von Seide, Schwänen und Schlagmetall

    Von Seide, Schwänen und Schlagmetall

    Am 8. April steht die Wiederaufnahme von John Neumeiers Ballett »Illusionen – wie Schwanensee« auf dem Spielplan des Hamburg Ballett. Damit das 1976 uraufgeführte Stück auf die Bühne der Hamburgischen Staatsoper zurückkehren kann, wird in den Werkstätten seit Wochen intensiv am Bühnenbild gearbeitet. Eines der aufwendigsten Projekte, mit dem die Theatermalerinnen und -maler zurzeit beschäftigt sind, ist der blau-goldene Schmuckvorhang. Wir haben die Kolleginnen und Kollegen in den Werkstätten besucht und ihnen bei der Arbeit über die Schulter geschaut.

    Zeichnen, Tupfen, Malen, Schneiden, Kleben: Seit neun Wochen arbeiten die Theatermalerinnen und -maler in den Werkstätten in Hamburg-Barmbek am Schmuckvorhang für »Illusionen – wie Schwanensee«. Insgesamt fast 170 Quadratmeter Seide werden für die Neuanfertigung des Vorhangs aufwendig von Hand verziert. Denn der Originalvorhang hat nach 42 Jahren im Bühneneinsatz ausgedient. Die goldene Farbe hat an Glanz verloren und blättert langsam ab, die Seide franst aus und wird löchrig. Nun dient das Original, das für die Uraufführung des Balletts ursprünglich in München angefertigt wurde, als Vorlage für die Neugestaltung und hängt imposant im großen Malsaal der Opernwerkstätten.

    Auf dem Boden davor liegt der neue Vorhang, an dem an allen Seiten fleißig gearbeitet wird. Die Theatermalerin Natalia Vottariello erklärt, wie man ein solches Großprojekt angeht: »Zunächst wurde der Stoff ausgesucht – wir brauchen eine sehr leichte und feine Seide, damit der Vorhang nicht zu steif wirkt und sich gut bewegen lässt. Nachdem der Stoff gefunden war, wurde er extra eingefärbt und an die Farbigkeit des Originalvorhangs angepasst und anschließend mit Essigwasser imprägniert. Das verhindert später, dass die aufgetragenen Farben auslaufen.«

    Muster für die Schatten-Schablonen

    Bevor mit den Verzierungen begonnen werden konnte, wurden mehrere breite Streifen der Seide für die benötigte Größe des Tuchs zusammengenäht. Damit sich die dabei entstehenden Nähte in das Muster einfügen, wurde vorher anhand des Originaltuchs genau errechnet, wie breit die Streifen sein müssen. Um das Muster der Verzierungen passgenau auf den neuen Vorhang zu übertragen, haben die Theatermalerinnen und -maler den Stoff zunächst mithilfe von Fäden in quadratische Raster eingeteilt und die Maße der Verzierungen des Originalvorhangs übertragen. »Als diese Vorarbeit geschafft war, haben wir die Lilien und Schwäne, die das Tuch verzieren, auf weißem Satin neu angefertigt. Da aufgetragene weiße Farbe auf blauem Grund nicht so gut zur Geltung kommt, werden diese Elemente nicht aufgemalt, sondern aus Stoff angefertigt und später aufgeklebt«, erklärt Natalia Vottariello. Die Dekorateurinnen und Dekorateure schneiden die insgesamt 160 Lilien und Schwäne dafür von Hand aus.

    Im nächsten Schritt wurden die unterschiedlichen Ornamente des Vorhangs auf Schablonierpapier übertragen, mithilfe der Schablonen wurde dann die goldene Bordüre auf den Stoff gesetzt. Vergoldet wird nicht mit Goldfarbe, sondern mit Schlagmetall, erläutert Theatermalerin Jezebel Nachtigall, die ebenfalls am Schwanensee-Vorhang arbeitet: »Mit goldener Farbe zu arbeiten, hätte uns sicher zwei bis drei Arbeitsschritte gespart, denn das Auftragen des Schlagmetalls ist sehr aufwendig. Aber Goldfarbe ist matter und hat nicht so viel Strahlkraft wie Schlagmetall. Das Ergebnis wird so viel edler«, erklärt sie.

    Mit diesen Schablonen werden die goldenen Ornamente aufgetragen

    Warum das Auftragen des Schlagmetalls so aufwendig ist, demonstrieren Natalia Vottariello und Jezebel Nachtigall dann auch direkt: Bevor die hauchdünnen quadratischen Blättchen aufgelegt werden können, muss die sogenannte Anlegemilch in zwei Schichten auf den Stoff aufgetragen werden; sie dient als Kleber. Nach dem Auftragen der Anlegemilch muss diese jeweils ca. 10 Minuten trocknen, erst dann kann das empfindliche Schlagmetall aufgelegt und an die Form der Schablone angepasst werden. Die Goldblättchen dürfen dabei nur mit Handschuhen angefasst werden, da das Gold sonst durch den Schweiß der Hände oxidieren könnte. Sitzt das Gold perfekt, wird es mit einem Überzugslack fixiert. Zum Schluss werden mit dunklerer Stofffarbe Schatten auf die goldenen Ornamente gesetzt; für eine dreidimensionale Wirkung, die auch aus größerer Entfernung – wie aus dem Zuschauerraum – sichtbar ist.

    Stück für Stück entstehen so die goldene Bordüre und die kreisförmigen Ornamente des Tuchs, in die später die Stofflilien und -schwäne geklebt werden. An einem Arbeitstag schaffen es die Malerinnen und Maler, durchschnittlich 16 Quadratmeter Stoff zu vergolden – im Sitzen: »Größere Muster wie die Schwäne können wir im Stehen mit langen Theatermalerpinseln malen. Die meisten Ornamente des Tuchs sind aber so fein, dass sie im Sitzen und mit kleineren Pinseln aufgetragen werden müssen. Eigentlich malen wir fast alle Details auf dem Boden kriechend«, sagt Natalia Vottariello lachend. Dabei darf das Tuch natürlich nicht mit Straßenschuhen betreten werden. Am Rand liegen Schläppchen und Hausschuhe bereit, manche der Malerinnen und Maler haben nur ihre Socken an. So arbeiten sie sich auf ihren Sitzkissen von Raster zu Raster vorwärts.

    Theatermalerin Natalia Vottariello trägt das Schlagmetall auf

    Im direkten Vergleich der beiden Vorhänge wird deutlich, welche Spuren die 42 Jahre des Einsatzes am Original hinterlassen haben: Die Farben leuchten nicht mehr so eindringlich, das Gold verblasst und an manchen Stellen haben sich kleine Löcher in der Seide gebildet. Einerseits ist das ein natürlicher Prozess in der Alterung des Stoffes. Andererseits wurden zur Zeit der Anfertigung des Originaltuchs natürlich auch andere Materialen genutzt, erklärt Jezebel Nachtigall: »Das Gold wurde beispielsweise mit einem Kleber aufgetragen, der die Seide stärker angreift als neuere Produkte, die auf Wasserbasis produziert werden und damit schonender für den Stoff sind.«

    Als feststand, dass »Illusionen – wie Schwanensee« auf den Spielplan zurückkehrt, war schnell klar, dass der Vorhang neu angefertigt werden muss, da eine Restauration des Originals zu aufwendig gewesen wäre. Bis Ende März muss die Arbeit abgeschlossen sein, da dann die technischen Einrichtungen auf der Bühne der Staatsoper stattfinden und der Vorhang gehängt wird. Bis dahin müssen noch Schwäne geklebt, Schattierungen gemalt, Ösen gestanzt und Ränder vernäht werden. Wenn das Tuch erst einmal hängt, können sie nicht mehr viel verändern.

    Betreten verboten! Es sei denn, man zieht die Schuhe aus …

    Deswegen hoffen die Theatermalerinnen und -maler, dass das Ergebnis ihrer Arbeit am Ende alle überzeugen wird. In Hochphasen arbeiten momentan sechs Personen gleichzeitig am Tuch. Da muss man sich gut absprechen, damit niemand aus Versehen in noch nicht getrocknete Farbe tritt. Fehler lassen sich nur sehr schwer wieder beheben, erläutern die Theatermalerinnen, da der Stoff sehr empfindlich ist und nicht einfach ausgewaschen werden kann.

    »Wir machen immer wieder Reparaturarbeiten an Bühnenbildern, das gehört zu unserem Alltag. Aber in dieser Dimension habe ich das noch nicht erlebt«, sagt Natalia Vottariello. Insgesamt werden sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dekorationswerkstätten 11 Wochen Arbeit in dieses eine Detail des Bühnenbildes investiert haben. Wie das fertige Tuch am Ende auf der Bühne wirkt – davon werden sich Jezebel Nachtigall und Natalia Vottariello auf jeden Fall selbst überzeugen.

    Frieda Fielers