Jubiläum in der Requisite
Als Requisitenmeister zeichnet Jürgen Tessmann verantwortlich für die Requisiten, Möbel, die Pyrotechnik und Waffen. Er ist bei allen Proben und Aufführungen des Hamburg Ballett dabei und reist mit der Compagnie um die ganze Welt. Nun feiert er sein 40-jähriges Dienstjubiläum. In einem Interview spricht er über besondere Herausforderungen, Lieblingsrequisiten und seine schönsten Erinnerungen.
Seit 40 Jahren ist er schon dabei, unser Requisitenmeister Jürgen Tessmann. Für das Hamburg Ballett steht der Jubilar für große Verlässlichkeit, für Kontinuität und einen breiten Schatz an Erfahrung – aber auch für seine Herzlichkeit, mit der er Kolleginnen und Kollegen unterstützend zur Seite steht. Er ist eine maßgebliche Stütze für den Spielbetrieb. Ob er nun dafür sorgt, dass der Flügel in »Beethoven-Projekt II« auch wirklich aus der Zeit Beethovens stammt, die Requisiten pünktlich bereitstehen oder beim Einsatz von Pyrotechnik in »Die Möwe« die Rechtsvorschriften beachtet werden.
Als Requisitenmeister zeichnet Jürgen Tessmann verantwortlich für die Requisiten, Möbel, die Pyrotechnik und Waffen. Auch die Organisation der Transporte von den Werkstätten zur Staatsoper und zurück, die Wartung, Lagerung und Neubeschaffung von Requisiten liegt in seinem Verantwortungsbereich. Er ist bei allen Proben und Aufführungen des Hamburg Ballett dabei und reist mit der Compagnie um die ganze Welt.
»Das Reisen habe ich immer geliebt, schon mit 16 Jahren bin ich getrampt«, erzählt er mir in einem persönlichen Gespräch im Ballettzentrum Hamburg. Sein erstes Gastspiel führte ihn 1984 nach Japan. Da war er noch für die Staatsoper tätig. 1999 folgte dann der Schritt ins Hamburg Ballett. Seitdem hat er alle Ballette von John Neumeier betreut, auch auf Gastspielen. Findet er überhaupt Zeit, etwas von den Städten zu sehen?
»Der Kontakt zum Team vor Ort ist mir wichtig. Oft kommt es dann vor, dass wir gemeinsam die Mittagspause verbringen und Restaurants entdecken, die wir als Touristen so nie gefunden hätten!«. Ein guter Kontakt kommt letztendlich auch der Vorstellung zu Gute, »man kann sich dann schnell verständigen«. Auf Gastspiel gibt es zusätzliche Aufgaben, die man als Requisitenmeister im Blick haben muss. »Für Gastspiele im Ausland müssen Carnets erstellt werden. Außerdem muss sorgfältig geplant werden, welche Requisiten wo reinpassen und vor allem was überhaupt mitdarf. Waffen oder Pyrotechnik darf man nicht ausführen, dann muss ich sicherstellen, dass ich vor Ort Gleichwertiges beschaffen kann. John Neumeiers Anspruch ist sehr hoch und dem will ich auch gerecht werden!«
Wenn es um Requisiten geht, kommt Jürgen Tessmann schnell ins Schwärmen. Eine besondere Herausforderung und sicherlich eines der kuriosesten Requisiten ist der Trecker in »Anna Karenina«: »Ein grüner Oldtimer-Trecker auf der Bühne – ich habe lange nach einem passenden Modell gesucht, das man auch für die Ballettbühne umbauen konnte!«
Einzelne Requisiten findet Jürgen Tessmann im Fundus. Meist kauft er sie von Händlern oder Privatpersonen, manchmal leiht er sie auch aus. »Für die ˃Josephs Legende˂ wollte John Neumeier drei Kelim-Teppiche in einem bestimmten Muster haben. Ich habe dann eine ganze Woche lang nach Kelims Ausschau gehalten. Ich bin täglich zum Zollhafen gefahren und habe mit einem Händler literweise Tee getrunken und mir dabei stapelweise Kelims vorführen lassen. Dabei habe ich auch alles über Kelims gelernt, wunderbar!«
Manchmal fertigt Jürgen Tessmann Requisiten auch selbst an, so zum Beispiel den Teddy in »Parzival – Episoden und Echo«. Die Uraufführung fand in Baden-Baden statt, John Neumeier wünschte sich eine zweite Besetzung für sein Ballett. »Da der Teddy aber ein Unikat war, habe ich zwei Tage lang eine Kopie davon genäht!«
Gibt es das Lieblingsrequisit?
»Das Grammophon in ˃Die Glasmenagerie˂, das ist der Hammer gewesen! Ich habe einen alten Schallplattenspieler erstanden, dazu auch ein paar Platten aus der Entstehungszeit der Glasmenagerie. Und da habe ich tatsächlich die Musik getroffen, die John Neumeier für sein Ballett haben wollte, ich kann es immer noch nicht glauben …«
Foto: Alina Cojocaru, Patricia Friza, Edvin Revazov und Félix Paquet in »Die Glasmenagerie«, im Hintergrund ist das Grammophon zu sehen © Kiran West
Wenn man Jürgen Tessmann zuhört, merkt man sofort die Begeisterung für seinen Beruf. Vermeintliche Schwierigkeiten halten ihn nicht auf, im Gegenteil, er hat Freude daran, alles zu ermöglichen. Dabei kann er auf die Unterstützung von seinen Kolleginnen und Kollegen zählen, ohne die das alles nicht möglich wäre. Wenn sich ihm dann später bei den Proben eröffnet, wie und wozu die Requisiten zum Einsatz kommen, ist ihm das jede Anstrengung wert. »40 Jahre vergingen wie im Fluge, ich kann das nicht ganz glauben, ich habe immer noch so viel Spaß bei der Arbeit«.
Wir gratulieren zu diesem beeindruckenden Jubiläum!
Nathalia Schmidt