Das Hamburg Ballett ist bereits zum vierten Mal Gast beim Hong Kong Arts Festival und bringt drei große Ballettproduktionen auf die Bühne: »Der Nussknacker«, »Beethoven-Projekt« und das Galaprogramm »The World of John Neumeier«. Nach einer ereignisreichen Woche bekommen wir Daheimgebliebenen Nachricht aus Hongkong: Ulrike Schmidt, Ballettbetriebsdirektorin und Stellvertreterin des Ballettintendanten John Neumeier, berichtet uns von ihren Erlebnissen vor Ort:
Ein Wiedersehen im Frühling beim Hong Kong Arts Festival: Gestartet sind wir – nach dem ersten Schock durch die Streichung unseres Fluges von Hamburg nach Frankfurt – bei stürmischem Winterwetter und gelandet bei herrlichem Sonnenschein im Frühling in Hongkong. Glücklicherweise sind alle 80 Teilnehmer, unsere Tänzerinnen und Tänzer sowie unser Team, in China gelandet, ›nur‹ 15 Koffer fehlten!
Wir sind bereits zum vierten Mal beim Arts Festival in
Hongkong eingeladen. Mit im Gepäck sind drei verschiedene Ballette von John
Neumeier. Insgesamt neun Vorstellungen zeigen wir im beeindruckenden Hong Kong
Cultural Centre Grand Theatre, bevor wir weiter nach Beijing reisen.
Zum Auftakt unserer Tournee tanzten wir vor ausverkauftem Haus John Neumeiers »Der Nussknacker« in zwei Besetzungen, musikalisch begleitet vom Hongkong Philharmonic Orchestra. Es gab zwei Nachmittagsvorstellungen, die nur für Kinder angeboten wurden. Gespannt verfolgten die Kleinen die Ereignisse auf der großen Bühne. Entdeckt ihr oben auf dem Bild John Neumeier?
Wir sind sehr froh, dass alle »Nussknacker«-Vorstellungen ein großer Erfolg waren. Zusätzlich gab es ein besonderes Rahmenprogramm: Unser Stellvertretender Ballettdirektor Lloyd Riggins gab eine Meisterklasse für angehende Tänzerinnen und Tänzer. Unser Solist Konstantin Tselikov brachte jungen Kindern erste Tanzschritte bei. Unsere Gastspielleiterin Rachel Nowak führte interessierte Besucherinnen und Besucher hinter die Bühne und ich hielt eine englischsprachige Einführung zum Thema Networking.
Nach der letzten »Nussknacker«-Vorstellung, eine Matinee, begann bereits der Umbau für unsere nächste Produktion: »Beethoven-Projekt«. Dieses Ballett nehmen wir zum ersten Mal mit auf Tournee und wir sind natürlich gespannt, wie die neueste Kreation von John Neumeier hier in China ankommen wird!
Am 24. Februar feierte der Intendant und Chefchoreograf des Hamburg Ballett seinen 80. Geburtstag. Mit der Benefizgala »The World of John Neumeier« und einer privaten Feier im Ballettzentrum wurde der Geburtstag gebührend zelebriert. Eindrücke von den Festlichkeiten gibt es hier zu sehen.
»Nijinsky«, »Die Kameliendame«, »Anna Karenina«, »Dritte Sinfonie von Gustav Mahler«: Ausschnitte aus zahlreichen Balletten von John Neumeier fügten sich am vergangenen Sonntag zu einem beeindruckenden Galaprogramm zusammen.
Die autobiografische inspirierte Gala war zum ersten Mal in Hamburg zu sehen. Neben den Tänzerinnen und Tänzern des Hamburg Ballett traten auch international gefeierte Gastsolisten wie Roberto Bolle und Alessandra Ferri auf.
Nach vier Stunden, die der Ballettintendant moderierend begleitete, endete die Gala in der ausverkauften Hamburgischen Staatsoper mit goldenem Konfettiregen und Standing Ovations! Der Erlös von rund 150.000 € kommt der Stiftung John Neumeier zugute.
Gruppenfoto mit den Gastsolisten nach der Vorstellung
Gruppenfoto nach der Gala mit den 14 Gästtänzerinnen und -tänzern, die extra aus Russland, Kanada, den USA, Italien, Dänemark, Österreich, Frankreich und England anreisten, um zu Ehren des Jubilars aufzutreten.
Unter der Gästen im Publikum war auch Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher mit seiner Ehefrau Eva-Maria Tschentscher.
Geburtstagsfeier im Ballettzentrum Hamburg
Einen Tag nach der großen Geburtstagsgala lud John Neumeier die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hamburgischen Staatsoper ein, mit ihm gemeinsam im Ballettzentrum zu feiern. Für diesen Anlass kreierte die Ballettschule des Hamburg Ballett ein Überraschungsprogramm, das den Gästen im Ballettsaal Petipa präsentiert wurde.
Unter dem Titel »80 Insights for 80 Years« zeigten die Schülerinnen und Schüler aller Klassen kurze Ausschnitte aus 80 Choreografien von John Neumeier, die sie zu einem ineinandergreifenden Programm zusammengestellt hatten.
Das Ensemble des Hamburg Ballett, das Bundesjugendballett sowie das Philharmonische Staatsorchester steuerten ebenfalls persönliche Überraschungsauftritte bei. Die Tänzer und Choreografen Aleix Martínez, Marc Jubete und Edvin Revazov gaben den Gästen Einblicke in ihre Kreationsproben der kommenden Sommerpremiere »Shakespeare – Sonette«.
Auch das Internat der Ballettschule präsentierte sich künstlerisch: Die Schülerinnen und Schüler zeichneten 80 Porträts von John Neumeier, die sie im Internatsflur ausstellten.
Erst spät am Abend gingen die Feierlichkeiten zuende – mit einem Jubilar, der sichtlich bewegt und berührt war von den vielen persönlichen Überraschungen zu seinen Ehren.
Als BallettTesterinnen durften Jona und Evelyn unsere Wiederaufnahme »All Our Yesterdays« bereits am Freitag in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen sie von ihren Eindrücken.
Die langen Treppen, die roten, samtigen Sessel, die Logen und das tönende Orchester. Und ich mitten im Raum, die Bühne nur verschwommen sichtbar, alles wirkte groß und unreal auf mich. Die Bühne so weit weg und ich erwartete, dass die Tänzer genau so weit entfernt und klein aussehen würden. Doch dann kamen die ersten Tänzer und die Musik, alles war auf einmal anders, sehr groß und überwältigend. Die Melodie und der Gesang schallten laut durch den ganzen Raum und drangen bis tief in meine Ohren. Die Tänzer wirkten erhaben, sie nahmen die gesamte Bühne ein.
Ich versuchte, eine Handlung wahrzunehmen und Zusammenhänge zu erschließen. Zwar nahm ich so etwas wie Soldaten und Mädchen wahr und ihre Verbindungen zueinander, erschuf in meinen Gedanken eine Handlung. Jedoch wurden diese immer wieder verworfen durch neue szenische Darstellungen.
In der Pause
nahm ich mir das Programmheft und begann zu lesen. Es stellte sich heraus, dass
sich mein Bewusstsein nicht geirrt hatte, da das Stück tatsächlich keine
greifbare Handlung hat. Mit dem Wissen begann ich, mich anders auf das Stück
einzulassen, mehr auf die Tänze und die Darstellung und weniger auf die
Handlung zu fixieren.
Im zweiten Teil wurde auf die stimmliche Begleitung verzichtet, was mir persönlich sehr gut gefallen hat. Die gesamte Inszenierung hat mir mehr zugesagt, vor allem die eleganten Kleider. Die Solos und die Paare waren wunderbar und haben toll harmoniert, insbesondere eins hat mich stark beeindruckt. Mit welcher Leichtigkeit sie sich durch den Raum bewegt haben, war magisch.
Die Ballettprobe am Freitagabend war eine neuartige Erfahrung für mich. Als Austauschschülerin aus China ist Ballett kein üblicher Teil meines Lebens. Als ich 14 Jahre alt war, habe ich meine bisher erste und einzige Ballettaufführung in China gesehen. Das war »Schwanensee«, getanzt von einer russischen Tanzcompanie. In Hamburg war ich jetzt als BallettTester das erste Mal bei einer Ballettprobe in einem richtigen Theater.
Das Stück »All Our Yesterdays« setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Sie bestehen sowohl aus klassischem als auch modernem Ballett, was ich ganz besonders fand. In jedem Stück waren viele verschiedene, ausgezeichnete Balletttänzer und -tänzerinnen zu sehen. Als etwas ganz Besonderes habe ich die musikalische Begleitung durch das Orchester und die beiden Sänger erlebt. Diese Livemusik erzeugte bei mir ein ganz anderes Gefühl als Musik vom Tonband.
Ich selber
tanze kein Ballett und kann daher nur erahnen, wie schwierig die Darbietung für
die Tänzer war. Bei den Darstellern wirkte jedoch nichts schwer, sondern alles
war elegant. Besonders die graziösen Fuß- und Handstellungen haben mich
fasziniert. An den erstaunlichen Sprüngen und Drehungen konnte ich erkennen,
dass es ein Ballett von sehr hohem Niveau war.
Von den zwei
Teilen war mein persönlicher Favorit der erste: »Soldatenlieder«. Verglichen mit
dem zweiten Teil, bei dem ich keine zusammenhängende Handlung erkennen konnte,
hat »Soldatenlieder« für mich eine Geschichte, die ich verstanden habe. Auch
hat mir hier die sehr emotionale Darstellung gefallen. Die Musik wirkte
zunächst leicht und glücklich, ist dann immer schwerer und schwerer geworden
und am Ende war sie richtig traurig. Dazu passend hat sich auch der Tanz
verändert: Die Gruppentänze wirkten fröhlich, die Solotänze melancholisch.
Besonders die Choreografie der Gruppentänze hat mich beeindruckt.
Bühnenbild
und Licht waren sehr schlicht. Auch die Kostüme waren nicht so typisch, wie ich
sie bei einer Ballettaufführung erwartet hätte. Ich empfand sie als eher
unauffällig, wobei die Farbzusammenstellungen durchaus interessant waren und
Rückschlüsse auf die Geschichte zuließen. Bei dem zweiten Teil »Fünfte Sinfonie
von Gustav Mahler« gab es die auffälligsten Kostüme, die mit ihren Farben und
Schnitten besonders bei den Sprüngen einen tollen Bühneneffekt produziert
haben.
Insgesamt war der Abend ein tolles Erlebnis für mich und ich bin dankbar, dass ich BallettTester sein konnte. Gerne würde ich weitere Stücke des Hamburg Ballett sehen und freue mich auf meinen nächsten Besuch.
Mitte März bricht das Hamburg Ballett zu einer Gastspielreise nach Hongkong und Peking auf. Im Gepäck: Die Ballette „Der Nussknacker“, „Die Kameliendame“, „Beethoven-Projekt“ und die Gala „The World of John Neumeier“. Um die vier unterschiedlichen Programme in beiden Städten zeigen zu können, reisen neben 133 Mitarbeitern auch jede Menge Requisiten, Kostüme und technisches Equipment mit. Damit alles rechtzeitig und unversehrt ankommt, wird in Hamburg und München aufwendige logistische Vorarbeit geleistet. Simone Krammer vom Logistikpartner HEED! aus München hat uns Fragen zum Planungsprozess des Gastspiels beantwortet.
Kleider, Röcke, Hosen und
Schuhe. Perücken, Schnurrbärte, Hüte und Schmuck. Vorhänge, Werkzeug, Schwingboden
und meterweise Kabel machen sich für das Gastspiel nach Hongkong und Peking auf
den Weg. Manches Equipment wird schon Monate vorher mit Containerschiffen
transportiert. 11 Container werden dafür beladen. Anderes wird mit kürzerem
Vorlauf per Luftfracht verschickt. Um Bühnenbild, Requisiten, Technik & Co
überhaupt nach Hongkong und Peking einführen zu können, ist die vorherige
Anfertigung eines sogenannten Carnet A.T.A. (Carnet ist das französische Wort
für Heft, A.T.A. steht für »Admission Temporaire / Temporary Admission«) notwendig.
Simone Krammer von HEED! erklärt: »Das Carnet ist ein Zollpassierscheinheft und
regelt die Ein- und Ausfuhr von Gebrauchsgegenständen, die das Gastspielland
nach Ende der Tournee wieder verlassen werden. Es listet in unserem Fall also
alle 3521 Posten auf, die die Compagnie nach Hongkong und Peking begleiten. Der
Vorteil eines solches Carnets: Am Zoll werden keine Gebühren für die Einfuhr
der Waren fällig, auch die Abfertigung an den Grenzen erfolgt schneller.«
Um das Carnet A.T.A. zu
erstellen, benötigt der Logistikpartner detaillierte Listen aller zu
transportierender Gegenstände. Alle Abteilungen des Hamburg Ballett sind
gefragt: Technik, Requisite, Maske, Kostümmitarbeiter listen auf, was sie für
das Gastspiel und die vier unterschiedlichen Ballette mitnehmen. Dazu müssen
sie genaue Angaben zu Anzahl, Größe, Gewicht und Material der Ware machen. Die Warenliste
allein reicht aber noch nicht aus. Alle Gegenstände, die keine Seriennummer
haben, über die sie eindeutig zugeordnet werden können, müssen außerdem
fotografiert werden. Denn viele der Gegenstände sind mit spezifischen Begriffen
aus dem Ballett versehen – und welcher Zöllner kann sich ohne Foto schon
vorstellen, was mit dem »Blumenwalzer-Kleid« oder dem Hut der »Betrunkenen
Tante« gemeint ist.
Fotos der Kostümteile für das Carnet
Der Logistikpartner
übernimmt dann die Erstellung und korrekte Formatierung der Listen und
kontrolliert die eindeutige Nummerierung, Beschriftung und Zuordnung der Fotos,
die ebenfalls Teil des Carnets werden. »Mit dieser Arbeit sind wir ungefähr
zwei Tage beschäftig«, sagt Simone Krammer. In unserem Fall ist das Carnet am
Ende über 800 Seiten lang und 15 cm dick geworden. Insgesamt 3521 verschiedene
Posten enthält die Liste. Dabei kommen interessante Zahlen zum Vorschein: Wer
hätte gedacht, dass man für ein Ballettgastspiel 56 falsche Schnurrbärte
benötigt?
Ausschnitte des Carnets
Aus den Warenlisten ergibt
sich auch der Gesamtwert der Fracht, der für den Transport abgesichert werden
muss. Der Warenwert wird von der zuständigen Industrie- und Handelskammer
überprüft. Die IHK eröffnet anschließend auch das offizielle Carnet-Dokument, HEED!
sendet es per Kurier nach Hamburg, von wo aus die Verladung des
Gastspiel-Equipments stattfindet. Bevor sich die Ladung auf den Weg nach
Hongkong und Peking machen kann, ist noch eine sogenannte Zollbeschau notwendig.
Simone Krammer erklärt: »Wir beantragen und stimmen den Termin der Zollbeschau mit
dem Zollamt ab. Der Zöllner kontrolliert dabei vor Ort die Ware und vergleicht
sie mit dem Carnet. Generell hat der Zoll jederzeit die Möglichkeit, jedes Teil
der Fracht zu kontrollieren. Aber bei so einer großen Menge an Kleinteilen wird
meist nur stichprobenartig kontrolliert, ob die Ware mit dem Carnet
übereinstimmt. Der Zöllner stempelt anschließend den Export aus Deutschland ab,
dann darf sich das Equipment per See- oder Luftfracht auf den Weg machen.«
Kostümfotos aus dem Carnet
Unsere Ladung ist in Bezug
auf das Freigabeverfahren unkompliziert. Für bestimmte Fracht gibt es aber
Sonderregelungen: »Gefahrengut muss man natürlich separat anmelden und
kennzeichnen«; erläutert Simone Krammer. »Das trifft auf unsere Ladung aber
nicht zu. In manchen Ländern muss man bspw. für Requisitenwaffen sogenannte
Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausfüllen, die bestätigen, dass es sich nur um
Attrappen handelt.« Das Holzgewehr für das Ballett »Beethoven-Projekt« wird deswegen
im Carnet eindeutig mit dem Zusatz »Toy« und dem Hinweis »Not a weapon«
gekennzeichnet.
Während der kompletten Reise begleitet das Carnet die Ware, bei jedem Wechsel in ein anderes Land muss das Dokument vom Zoll abgestempelt und freigegeben werden. Und am Ende des Gastspiels? »Zurück in Deutschland muss wiederum der Re-Import bestätigt werden. Sobald der Zoll in Deutschland die Sendung für den Re-Import freigegeben hat, dürfen wir die Ware wieder in Hamburg zustellen.«
Als BallettTesterinnen durften Louisa, Sina und Lucy bereits am Freitag John Neumeiers Inszenierung von Glucks Oper »Orphée et Eurydice« während der Hauptprobe erleben. Auf unserem Blog und dem Blog der Staatsoper berichten sie von ihren Eindrücken.
Als der Vorhang aufging, fühlte ich mich so, als würde ich mitten in einer
Ballettprobe sitzen. Das einfache Bühnenbild, welches sich an jede Szene
anpasste, ließ einen in die Geschichte eintauchen. Ich konnte den Schmerz von
Orpheus gut nachvollziehen, als seine geliebte Eurydike starb. Diese
Eingangsszene gefiel mir sehr, da man sich in alle Trauernden, welche Schwarz
gekleidet auf der Bühne tanzten, hineinversetzen konnte. Das dramatische
Bühnenbild mit dem im Nebel stehenden Auto im Hintergrund und die lange Arie,
in der sich Orpheus seinem Gefährten Amor anvertraut, berührt einen sehr.
Als die beiden sich schließlich auf den Weg in die Unterwelt machen, ließen
einen die Furien, welche fantastische, mit glitzernden Steinen besetzte Kostüme
trugen, regelrecht zusammenzucken. Diese tanzten ausdrucksstark und aggressiv.
Man konnte erkennen, dass sie sich gegen Orpheus stellten und versuchten, ihn
von seiner Geliebten fernzuhalten. Doch der singende Orpheus brachte sie zum
Schmelzen.
Als Orpheus nach seiner langen Reise durch die Unterwelt endlich bei
Eurydike ankommt, rührt einen die Szene zu Tränen. Dass er sich nicht umdrehen
darf, macht einen wütend. Man fühlt den Schmerz von Eurydike, die an der Liebe
von Orpheus zweifelt, und erlebt, wie Orpheus mit sich ringt und sich
eigentlich zu seiner Geliebten umdrehen will.
Das Ende fand ich wunderschön und tröstlich: Denn die Botschaft, dass die
geliebten Seelen immer mit einem sind, egal was man tut und wo man sich gerade
befindet, erreicht einen durch die immer wieder als Braut erscheinende Eurydike
sehr gut. In jeder alltäglichen Situation wie zum Beispiel im Ballettsaal steht
sie, unsichtbar für die anderen, neben ihm und drückt die immerwährende endlose
Liebe der beiden aus.
Die schöne Eurydike stirbt! Dargestellt als Autounfall. Die Zuschauer hören
passende Geräusche dazu, im nächsten Moment steht ein kaputter Kleinwagen auf
der Bühne und die leblose Eurydike liegt davor. Die Trauer wird durch die
schwarze Kleidung der Tänzer eingefangen.
Das Bühnenbild ist sehr klar und einfach. Deutlich ist für mich eine moderne
Struktur zu erkennen. Bei manchen Szenen sieht es sogar fast futuristisch aus.
Weiße Wände und Spiegel geben dem Raum auf der Bühne eine klare Linie und doch
eine Weite. Aktiv werden alle beim Steuern des Bühnenbilds mit eingebunden.
Tänzer schieben Wände, sind Deko und Darsteller zugleich. Ohne viel Steuerung
von außen kommt das Bühnenbild hier aus, so wirkt es zumindest auf die
Zuschauer.
Beim Betreten der Totenwelt muss Orpheus Furien und Geister mit seinem
Gesang überzeugen. Alle sind in weiß gekleidet. Am besten gefallen mir hier
aber die drei schwarzen Wächter! Ihre Kostüme sind Ganzkörperanzüge, die selbst
das Gesicht aus unserer Entfernung nicht klar erkennen lassen. Ihre Bewegungen
erscheinen wie ein Spiel miteinander – herausragende Rollen und Leistungen der
drei Kreaturen! Sie haben mich am meisten beeindruckt am Abend.
Als die wiedervereinten Liebenden sich auf den Weg zurück in die normale
Welt machen, beginnt ein Streit über die meidenden Blicke des Ehemanns. Das
Bühnenbild wechselt hierbei durch sich drehende Wandelemente, die durch schwarz
gekleidete Tänzer bewegt werden. Außer diesen Wänden braucht das Bild nicht
mehr. Die Energie entsteht durch den Gesang und die Konversation der beiden.
Es war für mich die erste Inszenierung bei der sowohl Oper als auch Ballett mitgewirkt haben. Daran muss man sich als Zuschauer auch erstmal gewöhnen, kann es aber auch umso mehr genießen. Der Handlungsrahmen von John Neumeier ergänzt das Stück hervorragend und macht die Geschichte schlüssiger. Der Solistengesang hat mir gut gefallen, vor allem die Stimme der Eurydike habe ich sehr genossen. Der Gesang wurde gut mit der Inszenierung auf der Bühne verbunden und wirkte nie wie eintöniger Operngesang. Der Tanz hat mir sehr gut gefallen. In der Regel waren es Gruppentänze aus denen immer wieder ein Paar hervorstach, es wurde viel variiert. Die vielen Hebefiguren waren spektakulär.
Auch besonders gefallen haben mir Bühnenbild und Kostüm. Die Teile des Bühnenbildes waren großartig – multifunktional und trotzdem simpel gehalten. Generell fand im Bühnenbild viel Bewegung statt, durch die Spiegel konnte man teilweise eine dreidimensionale Sicht auf das Geschehen haben.
Zwei Klassen der Erika Klütz Schule für Tanzpädagogik besuchten in der vergangenen Woche Bühnenproben zur Premiere des Ballettabends »Brahms/Balanchine«. Geprobt wurde der zweite Teil des Abends, Balanchines Choreografie »Brahms-Schoenberg Quartet«. Paulina hat ihre Eindrücke für uns aufgeschrieben.
»Der Choreograf hat sich von den Grenzen der realen Zeit zu lösen, so wie sich der Tänzer von seiner Körperschwere gelöst hat.« George Balanchine
Wir, die Schüler und Dozenten der Erika Klütz Schule, durften genau dieses Phänomen, »sich von den Grenzen der realen Zeit zu lösen«, erleben. Am vergangenen Mittwoch hatten wir das große Privileg, bei einer Bühnenprobe des »Brahms-Schoenberg Quartet« von George Balanchine in der Hamburgischen Staatsoper zuzuschauen – dem zweiten Teil des Ballettabends »Brahms/Balanchine« des Hamburg Ballett.
Am Mittwochvormittag sind wir somit die einzigen Zuschauer in der großen Staatsoper. Als wir den Saal betreten, ist bereits viel los auf der Bühne: Die Tänzer machen sich in ihrer Trainingskleidung an den Seiten warm, proben unter Anleitung von Ballettmeistern, alles unabhängig voneinander. Wie ein Training auf der Bühne. Immer wieder laufen Personen kreuz und quer über die Bühne, andere unterhalten sich und alle sehen dabei unglaublich beschäftigt aus, was sie mit Sicherheit auch sind!
Das Orchester spielt sich währenddessen unabhängig von den Tänzern ein. Alle sind sehr in ihre Rollen vertieft, lassen sich von uns gar nicht stören und scheinen gar nicht erst zu bemerken, dass wir in den Reihen sitzen und fasziniert beobachten. Von einem Bühnenbild ist weit und breit noch nichts zu sehen, die Aufgänge an den Bühnenseiten sind lediglich abgegrenzt. Man kann viel von dem hinteren Bereich der Bühne sehen, was auf jeden Fall ein interessantes Bild darstellt.
Die
eigentliche Probe hat zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht begonnen und trotzdem
ist das gesamte Bild unglaublich faszinierend, aber auf eine andere Art und
Weise als bei einer Aufführung. Alle wirken so konzentriert und sind schon mit
vollem Herz und Seele dabei. Auch wenn hier und da nur angedeutet wird, sind
alle Bewegungen sehr anmutig und elegant. Fast kommt das Gefühl auf, ein Teil
von dieser Gruppe zu sein, da wir so private Einblicke bekommen.
Der Dirigent meldet sich nun zu Wort, wünscht allen einen guten Morgen und erklärt, dass zwischendurch unterbrochen werden muss, um einige Dinge zu klären. Als sich der Vorhang kurz schließt, ist dies das Zeichen, dass die Probe beginnt. Die Tänzer zeigen eine wundervolle Vorstellung, obwohl es nur eine Probe ist und alle in ihrer Trainingskleidung auftreten. Es ist ein sehr interessantes Bild, ganz anders als wenn alle in ihren Kostümen stecken. Immer wieder wird die Probe unterbrochen und einzelne Parts müssen wiederholt werden, damit alles für die Vorstellung sitzt und aufeinander abgestimmt ist. Nebenbei werden auch noch Fotos gemacht.
Einige
Tänzer, die wahrscheinlich eine längere Pause haben, sitzen zwischendurch in
den Reihen und gucken zu, die Ballettmeister besprechen viel miteinander und
mit den Tänzern. Das Ganze ist für mich als Zuschauerin überhaupt nicht
langweilig oder anstrengend, ganz im Gegenteil – es ist toll, solch einen
Einblick in ein professionelles Tänzerleben zu bekommen. Als die Probe endet,
müssen wir uns zusammenreißen, um nicht zu klatschen. Der Dirigent sagt noch: »Beautiful
job! Maestro, any corrections? Otherwise: delicious!« Ein sehr schöner,
sympathischer Abschluss.
Als ich nun am Montagabend die Staatsoper betrete, entdecke ich sofort meine Mitschülerinnen und Mitschüler sowie meine Lehrer. In diesem Moment wird mir nochmal bewusst, was für ein wertvolles Geschenk es ist, mit der gesamten Schule eine Probe und die Aufführung sehen zu dürfen! Ein großes Privileg, welches wir alle einzeln, aber auch als gesamte Schule genossen haben. Dadurch, dass ich das erste Mal zuerst eine Probe des Hamburg Ballett gesehen habe und nun auch noch die gesamte Vorstellung, bin ich umso neugieriger. Wie ist der Unterschied? Erkenne ich Änderungen? Wie wirkt das Stück mit dem richtigen Kostüm?
Da
ich Teil der Gruppe war, die nur den zweiten Teil des Ballettabends gesehen
hat, bin ich sehr gespannt auf den ersten Teil. Ich bin sehr positiv
überrascht, dass Sängerinnen und Sänger beteiligt sind und der Anfang nicht auf
Spitzenschuhen getanzt wird. Ein sehr interessantes Bild, natürlich mit
wunderschönen Kostümen. Als nach der Pause dann das »Brahms-Schoenberg Quartet«
an der Reihe ist, bin ich sehr gespannt, wie es im Vergleich zu der Probe sein
wird – und ich muss sagen, dass es für mich wie ein komplett anderes Stück wirkt:
Die prägnanten Formationen sind mir natürlich sofort wieder aufgefallen. Auch
die Kostüme sind beeindruckend, wobei ich wie bereits erwähnt sagen muss, dass
ich das Stück in Trainingsbekleidung getanzt ebenfalls als sehr interessant
empfunden habe. Ich denke, der Abend wird uns allen in Erinnerung bleiben!
Bericht vom 5. Dezember und 10. Dezember 2018 von Paulina, Schülerin der 3. Ausbildungsklasse der Erika Klütz Schule, staatlich anerkannte Berufsfachschule für Tanzpädagogik. Hier geht es zu den Berichten des ersten Probenbesuchs.
Zwei Klassen der Erika Klütz Schule für Tanzpädagogik besuchten in dieser Woche Bühnenproben zur Premiere des Ballettabends »Brahms/Balanchine«. Geprobt wurde der erste Teil des Abends, Balanchines Choreografie »Liebeslieder Walzer«. Für unseren Blog haben Lucia und Linn ihre Eindrücke aufgeschrieben.
Am Donnerstag hatten wir als Schülerinnen und Schüler der Erika Klütz Schule das Glück, bei einer Bühnenprobe des Hamburg Ballett in der Hamburgischen Staatsoper zugucken zu dürfen. Geprobt wurde der erste Teil aus dem Ballettabend »Brahms/Balanchine«, der aus zwei Choreografien George Balanchines besteht und zur Musik von Johannes Brahms am kommenden Sonntag erstmalig in Hamburg aufgeführt wird.
Als wir den großen,
leeren Saal der Staatsoper betraten, hatte die Probe noch nicht begonnen.
Bühnentechniker in Turnschuhen und schwarzen Jeans liefen über die Bühne, das
Bühnenbild wurde gerade aufgebaut und auch der schwarze Behang der Bühnenwand
war noch nicht heruntergelassen. Man konnte deshalb tief in die Bühne hineingucken,
deren hinterer Teil aussah wie ein Baumarktlager mit vielen Brettern,
Eisenstangen und sogar kleinen Fahrzeugen.
Auch kam es mir komisch vor, dass Menschen in Straßenkleidung einfach auf der Bühne herumstanden, sich unterhielten und herumliefen, ohne sich dabei dem Zuschauerraum zuzuwenden. Denn eine Bühne, vor allem die einer Oper, hatte ich bisher nur als öffentlichen, besonderen Ort gesehen, auf der es keinen Raum für Alltägliches, Uneinstudiertes und Beilläufiges gibt.
Es war toll, Edvin Revazov, den ich schon zwei Mal auf der Bühne tanzen gesehen habe, zuzusehen, wie er sich ganz privat am Bühnenrand aufwärmt. Eine Pianistin spielt sich ein, dann kommt ein zweiter Pianist dazu und sie spielen gemeinsam, vollkommen synchron, hören jedoch auch gleich wieder auf. Plötzlich kommt eine Ballerina in ungebundenen Spitzenschuhen, deren Bänder lose auf dem Boden schleifen, über die Bühne gelaufen. Immer mehr bekannte Ballettgesichter tauchen auf wie zum Beispiel Carsten Jung. Auch zwei Sängerinnen und zwei Sänger, ebenfalls in privater Kleidung, stellen sich auf, der Vorhang schließt und öffnet sich, die Probe beginnt.
Auf einmal sind die
Tänzerinnen und Tänzer nicht mehr privat, sondern tanzen auf der Bühne so, als
ginge es dabei nicht um das Einstudieren eines Stückes in Abstimmung mit der
musikalischen Begleitung, sondern als wäre dies nun schon die eigentliche
Aufführung. Sie wirken vollkommen eingenommen von ihrem Tanz und Schauspiel,
drücken Freude, Leid oder Ernsthaftigkeit durch ihre Mimik aus und nichts an
ihren Bewegungen und ihrem Ausdruck verrät, dass sie »lediglich« bei einer
Probe sind. Dennoch brechen Tanz, Musik und Schauspiel manchmal nach mehreren
Minuten oder schon nach einigen Sekunden schlagartig ab, wenn die Stimme eines
Ballettmeisters auf Englisch, verstärkt durch ein Mikrofon, unterbricht und
Korrekturen gibt.
Bei den meisten
Korrekturen ging es um die Abstimmung der musikalischen Begleitung auf den Tanz
und umgekehrt. Besonders Sänger und Pianisten wurden oft unterbrochen und
mussten sich in ihrem Tempo der Choreografie anpassen. Die Konzentration,
Professionalität und die Genauigkeit aller Teilnehmer der Probe, bei der ich
für 90 Minuten zuschauen durfte, hat mich besonders beeindruckt. Nach genau 90
Minuten wurde die Probe schlagartig beendet, der Vorhang fiel ohne Beifall und
alle Beteiligten gingen geschäftig davon, um zur nächsten Tagesordnung überzugehen.
Als wäre der eben gezeigte Tanz, Gesang und die Musik, die mich alle so
beeindruckt haben, etwas ganz Selbstverständliches.
Bericht vom 6. Dezember 2018 von Lucia, Schülerin der 2. Ausbildungsklasse der Erika Klütz Schule, staatlich anerkannte Berufsfachschule für Tanzpädagogik.
Als wir am Donnerstag
den 1. Rang der Staatsoper betraten, fiel mir als erstes die Größe der Bühne
auf. Bei vorigen Besuchen der Oper habe ich nie hinter die Kulissen sehen
können, aber nun sah ich, dass die Bühne zweimal so groß ist als nur der Teil,
den man als Zuschauer sieht. Überall liefen Bühnenarbeiter herum und bauten das
Bühnenbild auf, welches aus drei großen Flügeltüren und ein paar kleinen Sofas
und gepolsterten Stühlen bestand. Während noch an der Aufhängung der Türen
getüftelt wurde, betrat der erste Tänzer die Bühne und machte sich warm. Er
führte an einem Seitenteil der Bühne ein schnelles Exercise durch. Dabei sah er
sehr entspannt aus und machte alles in Ruhe. Als das Bühnenbild gerade stand,
huschte die erste Tänzerin in Trainingskleidung über die Bühne. Die Pianistin
und der Pianist sowie das Gesangsquartett fanden sich am Flügel zusammen. Nun
schien alles bereit und nachdem alle Beteiligten ein gemeinsames Foto machten, ging
es los.
Die Ballettmeister zogen sich in das Parkett zurück, um die Probe gut inspizieren zu können. Die Tänzerinnen zogen sich schnell ihre Röcke an und die Sänger zückten ihre Noten. Der Vorhand ging zu und ich sah noch schnell die Tänzer auf ihre Positionen schreiten. Die Musik begann, der Vorhang ging auf und die Tänzer tanzten Wienerwalzer. Sofort kam man sich vor wie bei einer echten Aufführung. Mir fiel auf, dass die Tänzer und Tänzerinnen in der ersten Hälfte nicht in Ballettschläppchen und Spitzenschuhen tanzten, sondern in Absatzschuhen, was ich sehr ungewohnt fand. Obwohl Kostüme und die richtige Beleuchtung fehlten, war man wie verzaubert und konnte nur noch die schwungvollen, eleganten Bewegungen der Tanzpaare ansehen. Ich war durch das simple Bühnenbild und die Musik sofort in einen edlen Ballsaal aus einer anderen Zeit versetzt.
Insgesamt waren es
acht Tänzerinnen und Tänzer, also vier Paare. Die Tänzer tanzten abwechselnd
alle zusammen, zu zweit, zu dritt und seltener zu viert. Ich unterscheide sie
im Folgenden anhand der Farbe der Trikots und Röcke der Damen: Es gab das Paar
mit der Tänzerin im grünlichen Rock. Dieses Paar fiel mir von Anfang an am
meisten auf, da der Tänzer so jung aussah und die Tänzerin eine melancholische
Rolle darzustellen schien. Bei ihrer Art zu tanzen musste ich an russische
Folklore aus unserem Unterricht denken, weil die Tänzerin so traurig und
melancholisch wirkte. Mir kam in den Kopf, dass sie ihren Rollenpartner
vielleicht mag, ihn aber nicht wirklich liebt. Oder dass sie sich zu ihm
hingezogen fühlt, aber nicht mit ihm zusammen sein darf. Er war sehr
zuvorkommend und lieb, doch sie wies ihn hin und wieder ab. Am Ende ihres
ersten Pas de deux kniet er vor ihr nieder und sie legt ihm die Hand zärtlich
aufs Haar. Diese Bewegung ist mir besonders aufgefallen und hat in mir wieder
das Gefühl ausgelöst, dass dieses Paar noch jung ist und miteinander sehr
vorsichtig umgeht.
Teil des nächsten
Paars war eine Tänzerin im pinken Rock. Sie wirkte sehr selbstbewusst, genau
wie ihr Partner, doch hatte ich das Gefühl, dass sie ein wenig kess mit ihm
spielte, weil sie oft wegging und sich von ihm bitten ließ, als wäre sie eine
kleine Prinzessin. Er war sich dessen bewusst, konnte ihr aber nicht
widerstehen. Sie war auch die erste Tänzerin, die mit zwei Männern tanzte und
dem anderen Mann hinterher guckte, dann aber doch mit ihrem Partner ging. Meiner
Meinung nach hatten sie im zweiten Teil eines der schönsten und zärtlichsten
Pas de deux des Stücks.
Die Tänzerin des dritten Paars trug ein violettes Oberteil, sie und ihr Partner tanzten innig, aber ausgelassener. Sie tanzten wie frisch verliebt. Im Laufe des Stücks hatten sie einen Streit wie mir schien, weil sie jeweils kurz alleine getanzt haben, als hätten sie ein Wortgefecht. Am Ende des Liedes rannte sie ohne ihn von der Bühne, als ob sie verletzt wäre. Bei diesem letzten Paar war auffällig, dass beide temperamentvoll waren und sie mir reifer vorkamen. Sie tanzten manchmal auch ungefasst oder alleine, doch fand ich das sehr harmonisch und trotzdem beieinander. Sie vertrauten sich und spielten trotzdem ein wenig miteinander. Auch als die Tänzerin mit zwei Männern tanzet, hatte ich das Gefühl, dass er ihr vertraute, nicht so wie der Partner der Dame im pinken Rock.
Mir gefiel an der
Probe, dass man einmal sehen konnte, wie die Bühne ohne Bühnenbild aussieht und
wie schnell die Tänzer bei einer Unterbrechung durch die Regie aus- und genauso
schnell wieder in die Rolle wechselten. Das Stück hatte zwar keine
offensichtliche Handlung, doch war die Choreografie so raffiniert, dass sehr
schöne Bilder und Linien zu sehen waren, besonders als alle acht Tänzer
zusammen tanzten. Auch ohne Handlung waren viele Gefühle durch große Sprünge
sowie kleine Gesten, Blicke und Neigungen des Kopfes zu erkennen.
Ich habe hier berichtet, was ich persönlich gesehen und gefühlt habe beim
Zuschauen, und möchte mich im Namen der Schüler für diese Gelegenheit bedanken,
bei den Profis zugucken zu können.
Bericht vom 6. Dezember 2018 von Linn, Schülerin der 2. Ausbildungsklasse der Erika Klütz Schule, staatlich anerkannte Berufsfachschule für Tanzpädagogik. Hier geht es zum Bericht des zweiten Probenbesuchs.
Im ersten Teil des Blogs zur Premiere des Doppelabends »Brahms/Balanchine« drehte sich alles um die speziellen Tanzschuhe. Die Produktionsleiterin der Kostümabteilung Kirsten Fischer erzählte von der aufwendigen Suche nach dem richtigen Schuhmodell. Für die Ballette von George Balanchine gibt es neben den tollen Absatzschuhen aber auch wunderschöne Kostüme. Im zweiten Teil des Blogs erzählt Kirsten Fischer, welche Arbeit auf die Schneider der Kostümabteilung zugekommen ist und wie lange es dauert, bis ein Frack bühnentauglich ist.
Der Kostümfundus des Hamburg Ballett und der Staatsoper Hamburg ist überwältigend. Im Lager der Werkstätten in Rothenburgsort und auch in der übersichtlicheren Schneiderei im Großen Haus am Gänsemarkt finden unzählige Kleider, Röcke und Anzüge ihren Platz. In der neuen Ballettpremiere »Brahms/Balanchine« sind die Kostüme durch die Originalinszenierung von George Balanchine vorgegeben. Sie wurden ursprünglich von den Designerinnen und Kostümbildnerinnen Karinska und Judanna Lynn kreiert. In solch einem Fall ist es üblich, dass Kostüme von anderen Häusern, die die Ballette im Repertoire haben, für die Dauer der Aufführungsserie ausgeliehen werden.
Für »Liebeslieder Walzer«, den ersten Teil des Doppelabends, erhielt die Kostümabteilung die Kostüme des San Francisco Ballet. Im Idealfall können die Leihgaben für die Hamburg-Premiere übernommen und lediglich durch kleine Änderungen für die jeweiligen TänzerInnen und MusikerInnen angepasst werden. Für den ersten Part von »Liebeslieder Walzer« mussten nur zwei der Kleider nach Vorlage der Geliehenen ganz neu von den Schneiderinnen und Schneidern angefertigt werden. Im zweiten Teil der Choreografie tragen die Tänzerinnen mehrfarbige Tüllröcke. Die Kostüme aus San Francisco sind für unsere Tänzerinnen zu lang. Da man von den Leihgaben nicht einfach ein Stück abschneiden kann, hat sich das Team um Kirsten Fischer dafür entschieden, sie neu zu nähen. Die Oberteile werden jedoch übernommen.
In der Damenschneiderei sind die Mitarbeiterinnen fleißig zu Gange und erklären gerne, wie die Röcke gefertigt werden: Sie bestehen aus fünf verschiedenen Tülllagen, die jeweils in sich einen Farbverlauf haben. Durch die Überlappung der einzelnen Lagen ergibt sich ein romantisch-buntes Streifenmuster. Jeder der vier Röcke wird ganz individuell und anders aussehen. Ein bisschen erleichtert wird die Arbeit dann aber doch: Anstatt auch die angenähten Verzierungen komplett neu zu machen, werden sie von den Leihgaben vorsichtig abgetrennt und an den Hamburger Röcken angebracht. Kirsten Fischer erklärt: »Die Arbeit mit geliehenen Kostümen ist wirklich eine Herausforderung, da alle Änderungen dokumentiert werden müssen. Die Kostüme werden nach der Aufführungsserie nämlich wieder zurückgegeben und müssen dann wieder gleich aussehen und dieselbe Passform haben wie vor der Leihgabe.«
Für die männlichen Tänzer musste das gesamte Kostüm neu gefertigt werden. Das San Francisco Ballet hatte keine Herren-Kostüme mitgeschickt, da sie die Fräcke selbst vom New York City Ballet ausgeliehen hatten. Kein Wunder: Die Anfertigung der wunderschönen Kleidungsstücke ist sehr aufwendig! Diese Herausforderung haben die SchneiderInnen der Herrenschneiderei angenommen und gleich acht Tänzer- und vier Sängerfräcke in Handarbeit und maßgeschneidert angefertigt. »Das sind wunderschöne Fräcke, da ist man froh, wenn man sie danach im Fundus hat!«, schwärmt Kirsten Fischer. Und sie verspricht nicht zu viel: Im Produktionslager lassen sich die schönen Westen, Hosen und vor allem Jacken bereits bewundern.
Der Stoff für die Frack-typisch taillierten Jacken, mit den zwei Schwalbenschwänzen an der Rückseite, wurde nach dem Muster des Originals exklusiv für das Hamburg Ballett gewebt! Kirsten Fischer erklärt: »Es ist ein Rips in einer wirklich speziellen Farbe. Er ist dunkelblau, aber violett changierend.« Nach langer Recherche trat die Schneiderei der Hamburgischen Staatsoper mit einem deutschen Weber in Kontakt, der sich bereit erklärte, den Stoff nach dem Originalmuster anzufertigen.
Einen Stoff von der Stange zu nehmen, kam für Kirsten Fischer nicht in Frage. Denn durch das nachträgliche Einfärben verliere er viel von seinem Charakter und würde bei weitem nicht originalgetreu aussehen. Dadurch, dass die Weberei in Deutschland ansässig ist, ging der Prozess trotz Spezialanfertigung schnell: Nach zwei Wochen Vorbereitung inklusive Korrespondenz mit dem Weber, stand der Stoff der Kostümabteilung in zehn Tagen zur Weiterverarbeitung zur Verfügung. »Das muss schnell gehen, denn so ein Frack ist ja auch ein aufwendiges Kleidungsstück!«, sagt Kirsten Fischer.
Wie aufwendig die Anfertigung ist, erfahren wir, als wir die Herrenschneiderei besuchen. Dort werden wir Zeuge, wie an den Fräcken gearbeitet wird. Eine Mitarbeiterin schlüsselt für uns die Herstellungsdauer auf: Ca. 35 Stunden und damit fast eine ganze Arbeitswoche benötigen die Profis aus der Schneiderei um einen Frack anzufertigen! Manche Nähte können mit der Maschine gemacht werden. Das sei vor allem für die tragenden Nähte wichtig, erklärt eine Schneiderin. Der Großteil wird aber in präzisester Handarbeit abgesteckt, umgenäht und zusammengefügt.
Die exklusiv gestalteten Fräcke, Röcke und Kleider können ab dem 9. Dezember 2018 auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper im Ballett-Doppelabend »Brahms/Balanchine« bewundert werden.
Am 9. Dezember feiert der Doppelabend »Brahms/Balanchine« mit dem Hamburg Ballett Premiere. Und wenn eine Premiere auf dem Spielplan steht, bedeutet das für alle beteiligten Abteilungen schon lange im Voraus viel Recherche und Vorbereitung. Welche Aufgaben und Schwierigkeiten bei der anstehenden Premiere der beiden Choreografien von George Balanchine auf die Kostümabteilung zukamen, wollten wir von Produktionsleiterin Kirsten Fischer wissen. In diesem ersten Teil des Blogs erzählt sie uns von der aufwendigen Suche nach den richtigen Tanzschuhen und welche Rolle die Erste Solistin des Hamburg Ballett Silvia Azzoni dabei spielte.
Über 3500 Spitzenschuhe sind im Spitzenschuhlager des Ballettzentrums jederzeit vorrätig. Auch verschiedene Schläppchen für Damen und Herren lagern dort und in den Räumen der Staatsoper. Doch in der Balanchine-Choreografie »Liebeslieder Walzer«, die in der nächsten Woche zum ersten Mal auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper zu sehen ist, tragen die Tänzerinnen und Tänzer zum Teil spezielle Tanzschuhe mit Absätzen, die bisher nicht im Kostümfundus zu finden waren. Dabei handelt es sich nicht um die im Gesellschaftstanz üblichen Schuhe, sondern um besondere, extra für das Ballett entwickelte Modelle: »Die Männer benötigen schwarze Lackschuhe, die allerdings weicher und flexibler gearbeitet sind als gewöhnliche Tanzschuhe«, erklärt Kirsten Fischer. Das passende Modell für die Männer war schnell gefunden und musste für den reibungslosen Gebrauch auf der Bühne nur leicht von den Schuhmachern der Staatsoper modifiziert werden.
Der Weg zum richtigen Tanzschuh der Damen war dagegen fast schon Detektivarbeit, erzählt Kirsten Fischer: Ein rosafarbener Satinschuh mit kleinem Absatz ist in der Inszenierung vorgesehen. Als sich die Kostümabteilung nach den Vorgaben des Balanchine Trusts, der die Aufführungsrechte der Choreografien vergibt, auf die Suche machte, meldete sich Silvia Azzoni bei Kirsten Fischer. Sie hatte auf einem Foto von »Liebeslieder Walzer« des New York City Ballet die befreundete Tänzerin Ashley Bouder erkannt, die die Tanzschuhe trug.
»Silvia war wirklich eine große Hilfe bei der Suche nach den richtigen Schuhen«, sagt Kirsten Fischer. Sie rief ihre Freundin an, um sich nach dem in New York verwendeten Schuh zu erkundigen. Ashley Bouder schickte ihr daraufhin Fotos der Schuhe sowie den Namen der Herstellerfirma. Als die Kostümabteilung den Hersteller kontaktierte, stellte sich jedoch schnell heraus, dass die Lieferzeit dieser Schuhe zu lang für die verfügbare Zeit bis zur Premiere in Hamburg gewesen wäre. Die Tänzerinnen brauchen schließlich bereits vor der ersten Aufführung genügend Zeit in den Proben, um die Schuhe auszuprobieren und sich an sie zu gewöhnen.
Ein anderer Schuh musste also gefunden werden. Zusammen mit der Kostümabteilung machte sich Silvia Azzoni auf die Suche. In Anlehnung an das Modell aus New York fanden sie schließlich verschiedene ähnliche Schuhe in einem Tanzgeschäft in Hamburg und nahmen sie in die Proben mit, damit die Tänzerinnen sie anprobieren konnten. Die Wahl fiel schließlich auf einen Schuh aus Italien, der allerdings noch etwas zu steif für die Bewegungen der Choreografie war. »Die sogenannte ‚Zunge‘ im Fußbett des Schuhs musste gekürzt und biegsamer gemacht werden, damit die Tänzerinnen den Fuß vollständig strecken können«, erläutert Kirsten Fischer. Außerdem sollte der Satin eine hellere Farbe bekommen. In Italien fertigte die Firma zunächst einen veränderten Prototyp für Silvia Azzoni an und schickte ihn zur Anprobe. Als alle Änderungen perfekt waren, produzierte die Firma die restlichen benötigten Schuhe für die Tänzerinnen.
Mehr als drei Monate hat die Suche insgesamt gedauert, seit vier Tagen sind die Schuhe nun bei den Proben im Einsatz und müssen sich bewähren. Wie lange die Modelle halten werden, kann Kirsten Fischer noch nicht absehen: »Aber zum Glück können wir jetzt, wo wir den richtigen Schuh gefunden haben, auch schnell nachbestellen. Anders als bei vielen Spitzenschuhmodellen, die lange Lieferzeiten haben, wären die neuen Tanzschuhe nun in einer Woche bei uns.« Auch wenn die Kostümabteilung die Schuhe für die männlichen Tänzer schnell fand, sorgte ein anderer Teil des Herrenkostüms für aufwendige Recherche und stundenlange Handarbeit. Um was es geht, erfahren Sie im zweiten Teil des Blogs mit Kirsten Fischer.