Suchergebnisse für: „Matias Oberlin“

  • 3 Fragen an Matias Oberlin

    3 Fragen an Matias Oberlin

    Matias Oberlin ist seit Beginn der Saison 2023-24 neuer Erster Solist beim Hamburg Ballett. Für unseren Blog spricht er über die Rollen eines Bösewichts, die er aktuell in Hamburg (Stanley in »Endstation Sehnsucht«) und auf Gastspiel in Baden-Baden (Der Dorn in »Dornröschen«) verkörpert.

    Matias, erst einmal gratuliere ich dir sehr herzlich zu deiner Beförderung zum Ersten Solisten, wohlverdient! Als neuer Erster Solist hast du dich Anfang dieser Spielzeit in Hamburg in der Rolle des Stanley Kowalski in »Endstation Sehnsucht« präsentiert. Was sind die besonderen Herausforderungen an dieser Rolle? Wie schaffst du es nach einer Vorstellung aus dieser Rolle des Bösewichts wieder herauszukommen?

    Matias Oberlin: Eine der Herausforderungen der Rolle besteht darin, dass ich mich nicht persönlich davon beeinflussen lasse. Ich liebe es jedoch, diese Art von Rollen zu interpretieren, und ich hatte in letzter Zeit mehrfach Gelegenheit, sie zu erkunden. Deshalb versetze ich mich auch sehr stark in sie hinein, denn als Künstler möchte ich Teile von mir entdecken, die ich noch nicht kenne. Ich glaube, dass wir alle eine »böse« Seite in uns verborgen haben, warum sollten wir sie also nicht ergründen, und wo könnte man das besser tun als in einer Rolle wie Stanley.

    Zu Beginn des Arbeitsprozesses für diese Rolle hat mich diese dunkle Seite sehr belastet, und ich habe mit meiner Mutter darüber gesprochen. Sie sagte, dass ich nach den Aufführungen oder Proben einfach mal kräftig durchatmen sollte, damit diese Facette wieder verschwindet. Und das hat wirklich gut funktioniert. Die Unterstützung meiner Freunde und Familie war eine große Hilfe.

    Matias Oberlin als Stanley Kowalski mit Anna Laudere als Blanche DuBois in »Endstation Sehnsucht« © Kiran West

    Jetzt sind wir hier in Baden-Baden und tanzen in unserer zweiten Gastspielwoche »Dornröschen« im Festspielhaus. Die Rolle des Dorns, die du bereits in Hamburg verkörpert hast, kann man auch zu den »bösen« Rollen in deinem Repertoire zählen. Wer ist der Dorn und welche Rolle spielt er in John Neumeiers Ballett?

    Der Dorn ist der Widersacher der Rose, die Aurora beschützt. Er stellt das Hindernis dar, gegen das der Prinz kämpfen muss, um den Zauber zu brechen und seine Liebe zu treffen, die 100 Jahre lang geschlafen hat. Er spielt eine sehr wichtige Rolle in der Geschichte, denn natürlich kann es das Gute nicht ohne das Böse geben.

    Der Dorn (Matias Oberlin in der Mitte) versucht mithilfe der Dornengestalten den Prinzen von seinem Weg abzubringen © Kiran West

    Baden-Baden hat für das Hamburg Ballett eine lange Tradition. Was gefällt dir besonders an der Stadt? Gibt es einen Lieblingsort, den du neben Proben und Vorstellungen im Theater immer wieder aufsuchst? 

    Baden-Baden ist für mich wie eine zweite Heimat. Seit ich vor 10 Jahren in der Compagnie anfing, komme ich immer wieder hierher, und so gibt es viele Orte, die ich Jahr für Jahr immer wieder gerne besuche. Ich bin ein bescheidener Mensch, daher finde ich, dass das Schönste an der Stadt die Stadt selbst ist. Ich liebe es, durch die Straßen zu ziehen und die schöne Natur zu genießen, die Baden-Baden umgibt.

    Vielen Dank für das Interview, lieber Matias, und viel Erfolg weiterhin in Baden-Baden!

    Hier kannst du mehr über Matias erfahren.

  • Steckbrief: Matias Oberlin

    Steckbrief: Matias Oberlin

    Im »Steckbrief« stellen sich unsere Tänzerinnen und Tänzer vor, hier kommt Matias Oberlin.

    Name: Matias Oberlin
    Geburtsdatum und -ort:  27.04.96 in Santa Fe. Argentinier
    Engagement: Hamburg Ballett seit 2014, Solist ab 2018

    Lieblingsfarbe: Gelb
    Lieblingsfilm: »Wie ein einziger Tag«
    Lieblingssong: »Si Tu No Estas Aqui« von Sin Bandera

    Wenn ich kein Tänzer wäre, wäre ich …
    … Facility-Manager, denn ich liebe es zu putzen und meine Wohnung aufgeräumt und sauber zu haben.

    Wie und womit verbringst du deine Zeit in Quarantäne? Was ist dein Corona-Tipp?
    In dieser schwierigen Zeit versuche ich aktiv zu bleiben, indem ich gleich morgens mein Ballett-Training mache. Wenn ich früh aufstehe, kann ich den restlichen Tag genießen. Ich spreche dann mit meiner Familie, schaue einen guten Film, experimentiere in der Küche oder verbringe Zeit mit meinen Katzen.

    Ein Tipp, den ich den Leuten geben würde ist, all das zu machen, wofür man vorher nie Zeit hatte und die einen glücklich machen. Positives Denken ist der beste Weg, um durch diese harte Zeit der Isolation zu kommen.

    Du bist aus Argentinien nach Hamburg gekommen, um deine Ausbildung hier abzuschließen. Welche argentinischen Traditionen hast du mitgebracht?
    Ich bin nach Hamburg gekommen, als ich 15 Jahre alt war. Es gibt so viele Traditionen in meinem Heimatland, aber das präsenteste für mich ist »Mate«. Es ist eine besondere Art Mate-Tee zuzubereiten und zu trinken. Das mache ich, wenn ich meine Familie und Freunde vermisse. Die Leute trinken Mate mit vielen anderen gemeinsam und teilen sich dabei das gleiche Getränk, Gespräche, Lebenserfahrungen oder auch einfach nur wie der Tag so läuft. Es ist eine sehr besondere Tradition, die ich beibehalte und die viele wunderschöne Erinnerungen hervorruft; auch wenn ich alleine Mate trinke.

    Dies oder Das …

    Comedy oder Drama?
    Drama.

    Bücher oder Filme?
    Filme.

    Zuhören oder Sprechen?
    Sprechen.

    Frühaufsteher oder Nachteule?
    Nachteule.

    Sommer oder Winter?
    Sommer.

    Berge oder Meer?
    Meer.

    Familie oder Freunde?
    Beides.

    Tee oder Kaffee?
    Kaffee.

    Kochen oder Bestellen?
    Bestellen oder meinen Freund David kochen lassen 😉

    Alster oder Elbe?
    Elbe.

    Lisa Zillessen

  • BallettTester*innen »Die kleine Meerjungfrau«

    BallettTester*innen »Die kleine Meerjungfrau«

    Als BallettTester*innen durften Ulukbek, Ning und Ruby unsere Neufassung von »Die kleine Meerjungfrau« bereits in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen die BallettTester*innen von ihren Erlebnissen und Eindrücken.

    Ich bin Ulukbek, in einer Woche werde ich 28 – und studiere im Master PuNo an der Uni Hamburg. Ganz zufällig bin ich auf das Angebot gestoßen, als BallettTester bei John Neumeiers »Die kleine Meerjungfrau« dabei zu sein. Ballett fasziniert mich seit Langem, also sagte ich sofort zu.

    Die Probe heute hat mich tief bewegt. Direkt nach einem ganztägigen Blockseminar ins Opernhaus zu hetzen, war zwar anstrengend, aber ich wollte mir diese Chance nicht entgehen lassen. (Keine Sorge: Ich habe den Kurs nicht geschwänzt!) Nach dem Schlussapplaus sagte ich zu Nathalia [Dramaturgin Hamburg Ballett]: »Ich muss das zu Hause erst einmal verdauen.«

    Ehrlich gesagt war es mir fast ein bisschen peinlich, wie schwer es mir fiel, die Disney-Version mit Arielle aus dem Kopf zu verbannen, zumal ich das Original von Hans Christian Andersen nie vollständig gelesen habe. In der Pause tauschte ich mich mit anderen BallettTester*innen darüber aus: Wir alle hatten unsere eigenen Bilder im Kopf, und doch ist das, was wir auf der Bühne sehen, eine Interpretation des Choreografen. Dieses ständige Umschalten zwischen Kindheitserinnerung und Neumeiers vielschichtig-poetischer Umsetzung hat das Mitkommen nicht leichter gemacht.

    Lennard Giesenberg als Der Dichter in »Die kleine Meerjungfrau« © Kiran West

    Etwa nach 50 Minuten fand ich endlich meinen Rhythmus: Ich begriff, wer Hans Christian Andersen auf der Bühne ist, wer die Meerjungfrau, wer der Prinz und wie sich die Ebenen miteinander verweben. Dabei war ich gleichzeitig überwältigt von Choreografie, Licht, Kostümen und Bühnenbild. Alles griff ineinander, sodass ich manchmal gar nicht wusste, wohin zuerst schauen.

    In der Pause erzählte uns Nathalia noch eine biografische Anekdote über Andersen: seine Vormundschaft bei einer adligen Familie und seine tiefe, unerwiderte Zuneigung zu Edvard Collin. Plötzlich ergab die »Golfschläger Szene« – diese vom Prinzen – einen ganz neuen Sinn: Die vermeintliche »Bindung« war wohl nicht ernst gemeint, sondern vielleicht eher kleines Spiel, flüchtig, bedeutungslos. Ich spürte den Schmerz einer Liebe, die nie erwidert wird, und fragte mich, ob manche Menschen tatsächlich ihr Leben lang allein bleiben müssen.

    Diese Frage traf mich persönlich. Die Szene, in der die Meerjungfrau auf dem Schiff steht, noch ungeübt mit ihren neuen Beinen, während alle anderen mühelos tanzen, erinnerte mich an meine ersten Monate in Hamburg: neue Stadt, Pandemie, Online-Uni, fremde Sprache. Man fühlt sich unbeholfen, sehnt sich nach Zugehörigkeit.

    Am Ende blieb ein bittersüßer Nachhall: Entscheidet man selbst, ob man allein bleibt, oder hofft man weiter und wählt das Glück vielleicht auch im Alleinsein? Dieses Ballett hat in mir einen Sturm aus Kindheit, Gegenwart und Zukunft losgetreten. Ich weiß, dass ich in den nächsten Tagen viel darüber nachdenken werde und ich bin dankbar für jede einzelne Emotion, die es freigesetzt hat.

    Ulukbek, 27 Jahre

    Lennard Giesenberg, Xue Lin, Matias Oberlin und Ida Praetorius © Kiran West

    Im Ballett »Die kleine Meerjungfrau« geht es um eine junge Meerjungfrau, die einen Prinzen vor dem Ertrinken rettet. Er war auf dem Weg zu seiner Hochzeit, als sein Schiff unterging. Sie bringt ihn ans Ufer und beobachtet ihn heimlich, bis Menschen auftauchen und sie schnell zurück ins Meer muss. Ein Mädchen aus der Gruppe, die Prinzessin, bleibt bei dem bewusstlosen Prinzen. Als er aufwacht, denkt er, sie hätte ihn gerettet, und verliebt sich sofort in sie. Die Meerjungfrau beobachtet das aus der Ferne und wünscht sich, selbst ein Mensch zu sein. Also geht sie zu einer »Oktopushexe«, die sie in einen Menschen verwandelt. Doch der Prinz erkennt sie nicht. Sie versucht, ihm näherzukommen, aber es klappt nicht. Am Ende heiratet er die Prinzessin. Die Hexe will, dass die Meerjungfrau ihn tötet, damit sie ihre Flosse wieder bekommt, doch sie liebt ihn zu sehr. Am Schluss wird ihr klar, dass sie ihn loslassen muss.

    Louis Musin als Der Meerhexer mit Xue Lin (Die kleine Meerjungfrau) © Kiran West

    Ich fand das Ballett wunderschön. Die Choreografie war beeindruckend, und die Tänzer*innen konnten nicht nur toll tanzen, sondern auch stark schauspielern, ihre Emotionen waren richtig spürbar. Auch das Bühnenbild war super kreativ, mit wenigen Requisiten wurde viel gezeigt, z. B. die Wellen und das kleine Boot. Eine coole Ergänzung war der Erzähler, der dem Ganzen eine extra Ebene gegeben hat. Mein Lieblingsteil war die Szene, in der der Prinz Golf auf dem Schiff spielt, total witzig und irgendwie tiefsinnig. Insgesamt war das Stück eines meiner Highlights. Ich kann es nur weiterempfehlen!

    Ning, 14 Jahre

    Xue Lin als Die kleine Meerjungfrau und Ensemble © Kiran West

    Ich durfte am 04.07.25 bei der Hauptprobe der kleinen Meerjungfrau zuschauen und es war sehr toll. Was am Anfang schon extrem auffallend bzw. beeindruckend war, waren die Lichter, die teilweise auch bunt waren. Ich hatte mir eine Ballettaufführung immer so mit klassischer Musik und nur Frauen in rosa Kleidchen vorgestellt. Aber es war ganz anders, viel interessanter und beeindruckender. Es waren echt viele Tänzer*innen, und alle hatten so ihre eigene wichtige Rolle. Auch hier dachte ich, dass eher alles synchron getanzt wird, aber jede einzelne Rolle war bis ins Detail durchdacht und abgestimmt. Man musste immer darauf achten, was der oder diejenige, auf den das Licht gerichtet war, macht, während gleichzeitig eine andere Person im Hintergrund etwas genauso Grandioses gemacht hat. Die Kostüme waren auch sehr verschieden, besonders und vor allem bunt. Von der Schlabberhose bis zum Hochzeitskleid war alles dabei.

    Ensemble in »Die kleine Meerjungfrau« © Kiran West

    Es war auf der Bühne sehr viel los, und man musste immer gut aufpassen, um allem zu folgen, aber genau das hat es auch so spannend gemacht. Ich war sehr beeindruckt, wie man nur durch Tanzen so gut eine besondere Geschichte verstehen kann. Zumal ich das Buch vorher nicht gekannt/gelesen habe.

    In dem ganzen Tanzstück hat einen alles ein bisschen zum Nachdenken angeregt, und ich habe sehr stark gemerkt, wie viele Gedanken hinter dem Stück stecken.

    Die Musik hat alles sehr schön begleitet, und alleine durch sie hat man sich schon ein Bild von dem Ganzen machen können. Das Einzige, was ich kritisieren würde, ist, dass manche Stellen sehr lang waren. Etwas kürzer wäre vielleicht noch toller gewesen, in der Kürze liegt die Würze. Das gilt vor allem für jüngere Gäste. Ich dachte, dass die Meerjungfrau eher für junge Gäste ist, aber in Betracht der Länge und der Konzentration würde ich das Stück nicht für ganz junge Gäste empfehlen.

    Alles in allem fand ich es aber sehr atemberaubend. DANKE!

    Ruby, 13 Jahre

  • BallettTester*innen »The Times Are Racing«

    BallettTester*innen »The Times Are Racing«

    Als BallettTester*innen durften Lale, Franziska und Sehri unsere Ballettpremiere bereits in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen sie von ihren Erlebnissen und Eindrücken.

    Der Ballettabend beginnt mit »Adagio« von Pina Bausch. Ohne Bühnenbild, ohne Requisiten und ohne eindeutige Handlung. Dafür mit wehenden Haaren und – einem Stuhl. Im Fokus scheinen stattdessen die Beziehungen zu stehen, die sich auf der Bühne vor unseren Augen entfalten. Und obwohl es keine klare Handlung gibt, vermittelt das Stück eine unglaubliche Emotionalität. Dadurch, dass keine Geschichte vorgegeben wird, konnte ich mich selbst in dem, was auf der Bühne passiert, wiederfinden. Beziehungen sind ja schließlich etwas, das wir alle erleben. Wir alle erleben Nähe, Distanz, Versuchung, Trauer – all das konnte ich auf der Bühne wiederfinden. Für mich war das das Schöne an dem Stück: Irgendwie versteht man es. Man versteht es eben im Kontext seines eigenen Lebens, seiner eigenen Erfahrungen. Man versteht es vermutlich anders als seine Sitznachbar*innen, aber man versteht es.

    Ebenfalls reduziert, aber doch ganz anders wirkt das zweite Stück von Hans van Manen. In »Variations for Two Couples« scheinen zwei Paare tänzerisch miteinander zu wetteifern – kraftvoll, ausdrucksstark und poetisch zugleich. Die Tänzer*innen tragen schlichte Balletttrikots als Kostüme, auch hier gibt es kein Bühnenbild. Stattdessen stehen die Bewegungssprache und die Körper im Vordergrund, durch die die Tänzer*innen so viel zu vermitteln vermögen. Hier war ich vor allem beeindruckt von dem puren tänzerischen Können, das so völlig ohne Ablenkung durch Kostüme oder Bühnenbild präsentiert wurde.

    Jack Bruce und Alessandro Frola in Demis Volpis »The thing with feathers«, Foto (c) Kiran West

    »The thing with feathers« ist das dritte Stück, dessen Name eine Anspielung auf das Gedicht von Emily Dickinson ist, in dem sie die Hoffnung mit einem Vogel vergleicht. Genau wie das Gedicht hat mich auch das Stück von Demis Volpi sehr gerührt. Das Stück sah für mich aus, wie sich das Gedicht anfühlt: voller Schwere, Wissen und Hoffnung. In dem Stück kommt es immer wieder vor, dass die Tänzer*innen sich in die Arme fallen. Dabei kam mir der Gedanke an eine spezifische Komponente von Hoffnung: andere Menschen. „Die Hölle, das sind die Anderen“, wusste Sartre – die Hoffnung aber eben auch. Für mich war dieses Stück ein Zeugnis davon, dass wir füreinander die größte Quelle von Hoffnung sind. Davon, dass wir uns trotz aller Schwierigkeiten gegenseitig haben und halten können, uns auffangen und stützen, so wie die Tänzer*innen auf der Bühne.

    Meine Melancholie wurde dann durch das letzte Stück von Justin Peck gebrochen. Das Stück »The Times Are Racing« ist so mitreißend wie unkonventionell. In Sneakers und Straßenkleidung, mit Elementen von Stepptanz und Breakdance, nehmen uns die Tänzer*innen mit auf eine Reise durch … was eigentlich? So ganz weiß ich es auch nicht, aber es fühlt sich wie eine Reise an. Auch hier ist wieder jede Menge Raum, seine eigenen Themen in dem zu finden, was auf der Bühne passiert. Ich konnte beim Zuschauen nicht mehr aufhören zu lächeln und wollte einfach nicht, dass es vorbei geht (was ich am Ende von so manchem dreistündigen Handlungsballett nicht behaupten kann). Ich habe den Zuschauerraum gerührt, euphorisiert und beeindruckt verlassen.

    Dadurch, dass vier sehr unterschiedliche Stücke gezeigt wurden, war der Abend für mich ungewöhnlich kurzweilig. Es mag ein Problem meiner Generation sein, die sich durch Instagram und Co. ihre Aufmerksamkeitsspanne zerschossen hat, dass so ein Ballettabend oder ein Theaterstück zwischendurch seine Längen hat. Das war an diesem Abend zu keinem Zeitpunkt der Fall. Im Gegenteil, es hätte von mir aus noch ewig so weitergehen können!

    Insgesamt werden also vier Stücke gezeigt, die in sehr unterschiedliche Richtungen gehen. Für mich ist dieser neue Ballettabend eine Demonstration dessen, was Tanz alles sein kann: Theater, sportliche Höchstleistung, poetisch und mitreißend zugleich.

    Lale, 23 Jahre
    Ensemble des Hamburg Ballett in Justin Pecks »The Times Are Racing«, Foto (c) Kiran West

    Als Ballett-Neuling freute ich mich riesig über die Möglichkeit, bei der Hauptprobe von „The Times Are Racing“ dabei zu sein.

    Anfangs beeindruckte mich die Anzahl aller Beteiligten. Von Tänzer*innen über Techniker*innen bis hin zum Orchester – es war faszinierend zu sehen, wie viele Menschen zusammenarbeiten, um solch einen Ballettabend zu ermöglichen. Umgeben von allen Mitwirkenden konnte ich dann ganz in die Proben eintauchen.

    Mit vier unterschiedlichen Werken von Pina Bausch, Hans van Manen, Demis Volpi und Justin Peck war der Abend wahnsinnig beeindruckend. Ob Spitzenschuhe, Sneakers oder barfuß – die Werke verdeutlichten eindrucksvoll die Vielfalt und Ausdruckskraft der einzelnen Stücke und weckten unterschiedliche Gefühle.

    Den krönenden Abschluss bildete Pecks modernes Werk »The Times Are Racing«. Die Energie und die Lebendigkeit hinterließen bei mir ein Gefühl voller Freude und Begeisterung. Mit genau diesem Gefühl erinnere ich mich an den großartigen Probenabend.

    Der Ballettabend „The Times Are Racing“ ist definitiv ein Must-See … auch für Neulinge!

    Franziska, 27 Jahre
    Charlotte Kragh, Lennard Giesenberg, Lormaigne Bockmühl, Olivia Betteridge und Ensemble in Pina Bauschs »Adagio«, Foto (c) Kiran West

    Vom Ballett in Sneakers bis hin zu einem wunderschönen Pas de Deux zwischen zwei Paaren, all das bietet uns der Ballettabend »The Times Are Racing«, den uns der neue Intendant des Hamburg Ballett in seiner ersten Spielzeit präsentiert. Doch bei diesem Ballettabend werden nicht nur Volpis eigene Stücke präsentiert, sondern auch drei andere sorgfältig ausgewählte Stücke von verschiedensten Choreograf*innen. Jedes Stück hatte einen eigenen Fokus und ein eigenes Thema, das wunderschön getanzt wurde. Genau das macht es auch so unmöglich zu sagen, welches Stück mir am besten gefallen hat; eins kann ich aber sagen: Jedes war unglaublich schön zu sehen.

    Fangen wir bei Pina Bauschs »Adagio« an: Für mich hat sich »Adagio« sehr mit dem Übernatürlichen und zwischenmenschlichen Beziehungen beschäftigt, da es teilweise so aussah, als würde der in der Mitte liegende Tänzer tot sein und nur zum Tanzen „aufwachen“. Vielleicht ist es aber auch gerade das, was das Stück so eindrucksvoll macht. Die Bühne war, abgesehen von einem Stuhl, vollkommen leer, aber trotzdem füllte der Tanz die ganze Bühne, sodass ein Bühnenbild fast schon überflüssig war.

    Als Nächstes möchte ich gerne über »Variations for Two Couples« von Hans van Manen schreiben. Dieses Pas de Deux wurde von zwei Paaren getanzt und war wie eine Art Wettbewerb zwischen den beiden. Jedes Paar übertrumpfte das andere immer wieder mit noch beeindruckenderen Schritten, zwischen beiden Paaren lag eine Art Spannung in der Luft, ich war vom Pas de Deux völlig mitgerissen.

    Madoka Sugai, Alexandr Trusch, Ida Praetorius und Matias Oberlin in »Variations for Two Couples« von Hans van Manen, Foto (c) Kiran West

    Das vorletzte Stück war »The thing with feathers« von Demis Volpi. Auf dieses Stück war ich schon die ganze Zeit gespannt, weil es von Emily Dickinsons Gedicht »Hope is the thing with feathers« inspiriert ist, und ich das Gedicht sehr gerne mag. Um es kurz zu fassen: Dieses Stück hat mich keinesfalls enttäuscht! Es war wunderschön und befasste sich meiner Meinung nach mit der Hoffnung. Man sieht die Tänzer*innen als eine Gemeinschaft, die sich gegenseitig in Liebe, Trauer und Freude unterstützen und es gemeinsam schaffen, aus der Trauer Hoffnung zu gewinnen.

    Auch »The Times Are Racing« von Justin Peck befasst sich mit dem Thema Zusammenhalt, aber eher in dem Sinne, gemeinsam etwas zum Guten zu verändern. Die Kostüme waren für mich das Beste aus all den Stücken, weil sie die Botschaft der Choreografie stark unterstützt haben. Dieses Stück war alles andere als klassisch, aber so schön anzusehen und ein gelungener Abschluss für einen wunderbaren Ballettabend.

    Sehri, 14 Jahre
  • BallettTester*innen »Endstation Sehnsucht«

    BallettTester*innen »Endstation Sehnsucht«

    Als BallettTester*innen durften Sophie, Judith und Sammy unsere Wiederaufnahme bereits in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen sie von ihren Erlebnissen und Eindrücken.

    In der Staatsoper durfte ich das erste Mal bei einer Hauptprobe eines professionellen Ballettstückes zuschauen. Das Stück von Tennessee Williams kannte ich vorher nicht, weshalb ich umso aufgeregter war, die Geschichte auf mich zukommen zu lassen. Wir werden in den Saal geführt und dürfen gemeinsam mit den Fotografen, Technikern und John Neumeier selbst Platz nehmen. Die Stimmung ist ganz anders als bei einer ausverkauften Vorstellung. Irgendwie entspannter, aber deshalb auch umso spannender. Und dann geht der Vorhang auf. Die starken Emotionen von Blanche kommen mit jeder Szene mehr und mehr zum Vorschein. Besonders ihre Wut am Tage ihrer Hochzeit sowie ihr großer Schmerz im 2. Akt, am Höhepunkt des Geschehens, gehen einem sehr unter die Haut. Mit einer Mischung aus klassischem und modernem Ballett wird ihr Charakter und ihre Geschichte verkörpert, was mir sehr gefiel.

    Anna Laudere als Blanche DuBois © Kiran West

    Der Ausdruck ihrer inneren Gefühle wird nochmal verstärkt durch das Zusammenspiel aus Musik und Stille. Die Musik baut sich immer mehr auf, bis sie zu einem ohrenbetäubenden Klang wird und im nächsten Moment herrscht Schweigen. An einigen Höhepunkten hört man nur einen Schuss, der so laut ist, dass man nicht anders kann, als sich zu erschrecken. Je weiter das Stück voranschreitet, desto mehr gehen Realität und Illusion ineinander über. Das Bühnenbild schmilzt dahin und fällt in sich zusammen, was die Situation des Geschehens und der Charaktere sehr gut widerspiegelt und zu einem eindrücklichen Bild führt. Bühnenbild und Requisite sind nicht nur im Hintergrund des Stücks, sondern werden wichtige Teile der Geschichte, wodurch ein emotionales Gesamtbild entsteht. Das Ende ist eher simpel, aber ergreifend. Die Erzählung macht einen Bogen und schließt wieder an den Anfang an, auf den man nun mit anderen Augen schaut. Man versteht jetzt die Umstände von Blanches Situation und ihre Vergangenheit, doch die Zukunft bleibt offen. Insgesamt ein zutiefst ergreifendes und emotionales Erlebnis.

    Sophie, 21 Jahre

    »Endstation Sehnsucht« ist ein sehr emotionales Ballettstück. Beginnend in der Irrenanstalt lernt man Blanche kennen. Sie so zu Beginn und am Ende zu sehen, ist für den Zuschauer sehr schockierend. Hingegen die Hochzeit in Belle Rêve verzaubert den Zuschauer: Für diesen Moment taucht man in eine andere, sehr pompöse und friedliche Welt ein. Die festliche Kleidung und die harmonische Stimmung auf dem Ball imponieren sehr. Besonders beeindruckend wirkte der Auftritt von ihrem Mann Allan Gray. Eine wirklich romantische Hochzeit und doch nimmt der Hochzeitstag ein tragisches Ende.

    Charlotte Larzelere als Blanches Schwester Stella © Silvano Ballone

    Der Tod ist plötzlich allgegenwärtig und das beachtliche Familienanwesen wird verloren. Die tatsächlich fallenden Schüsse sowie die Sirene haben die Dramatik des Stücks nochmals verstärkt. Im zweiten Teil ist der Wechsel der Kulisse sowie insbesondere der Musik sehr auffällig. Hier ist es den Darsteller*innen gelungen, die intimen Momente, die Gewalt und die damit einhergehenden Emotionen aufzuzeigen. Die Szene an den Straßenbahnschienen vermittelt dem Zuschauer das Gefühl, zur damaligen Zeit in New Orleans zu sein.

    Blanche DuBois (Ida Praetorius) bei ihrer Ankunft in New Orleans © Kiran West

    Mit der erneuten Darstellung der Irrenanstalt, schlicht durch das eine Bett als Hauptrequisite, endet das Drama. Hier zeigt die Hauptdarstellerin erneut auf beeindruckende Weise, wohin sie das Drama schließlich brachte. John Neumeier ist mit seinen Künstler*innen eine erfolgreiche Wiederaufnahme des Stücks gelungen!

    Judith, 30 Jahre

    John Neumeier, einer der renommiertesten Ballettchoreografen unserer Zeit, hat wieder sein Können mit »Endstation Sehnsucht« unter Beweis gestellt. Dieses Ballett, das auf Tennessee Williams‘ gleichnamigem Theaterstück basiert und von Sergej Prokofjews und Alfred Schnittkes Musik begleitet wird, entführt das Publikum in eine Welt der zerrissenen Träume, der Leidenschaft und des emotionalen Aufruhrs.

    Matias Oberlin als Stanley Kowalski mit Anna Laudere als Blanche DuBois © Kiran West

    Die Hauptdarsteller waren sehr gut. Die Primaballerina verkörperte Blanche DuBois mit einer tiefen Emotionalität und einer kraftvollen Bühnenpräsenz. Ihr Tanz war anmutig und gleichzeitig zutiefst ausdrucksstark. Der männliche Hauptdarsteller brachte Stanley Kowalskis animalische Energie und Brutalität in jeder Bewegung zum Ausdruck. Die Chemie zwischen den beiden Hauptfiguren war spürbar.

    Die eindringliche Musik verlieh der Handlung eine emotionale Tiefe. Die schweren, melancholischen Melodien schufen eine bedrückt-angespannte Atmosphäre, die die emotionalen Nuancen der Handlung unterstrich. Ich schätze dieses Ballett wegen seiner emotionalen Unverfälschtheit. Es hinterlässt Eindruck.

    Sammy, 20 Jahre

  • BallettTester »Ein Sommernachtstraum«

    BallettTester »Ein Sommernachtstraum«

    Als BallettTester durften Paula, Elise und Ole unsere Wiederaufnahme bereits in der Hauptprobe erleben. Hier erzählen sie von ihren Erlebnissen und Eindrücken.

    »Seid ihr denn des Wachens auch gewiss? Mir scheint’s wir schlafen, wir träumen noch.« (Ein Sommernachtstraum, IV Akt, I Szene)

    Am Freitagabend ging für mich ein Traum in Erfüllung. Im wahrsten Sinne des Wortes: Denn ich durfte mir zusammen mit zwei weiteren BallettTestern die Hauptprobe von »Ein Sommernachtstraum«, eine Wiederaufnahme des Hamburg Ballett, in der Staatsoper Hamburg ansehen. Nachdem wir sehr freundlich im Foyer der Staatsoper begrüßt wurden, öffnete sich pünktlich um 17:00 Uhr der Vorhang und der Prolog des Stückes begann.

    Das Stück beginnt mit den Hochzeitsvorbereitungen der Vermählung von Hippolyta (Alina Cojocaru) und Theseus (Christopher Evans). Hier bleibt vor allem die 8,5 meterlange Schleppe im Gedächtnis, die Hippolyta trägt, als sie sich, mit dem Rücken gewandt zum Publikum, im Spiegel betrachtet. Nachdem alle Vorbereitungen für die Hochzeit beendet sind, schläft Hippolyta auf einem Sofa ein und beginnt zu träumen.

    Demetrius, Helena, Puck, Lysander und Hermia im Feenwald © Kiran West

    Nach dieser schön inszenierten Einleitung, verwandelt sich das Bühnenbild in einen düsteren Feenwald, in dem sich Elfenkönig Oberon (Christopher Evans), Feenkönigin Titania (Alina Cojocaru) und der Elf Puck (Alexandr Trusch) aufhalten. Auch wenn das Bühnenbild im ersten Moment vielleicht schlicht wirkt, bleibt es nicht lange so. Durch die Tänzer wird der Wald zum Leben erweckt. Zudem bekommt alles durch die glitzernden Kostüme von Oberon und Titania etwas Magisches.

    In diesem Wald trifft sich das junge Paar Hermia (Madoka Sugai) und Lysander (Matias Oberlin). Hermia wird allerdings von Demetrius (Alexandre Riabko) verfolgt, der ebenfalls in sie verliebt ist. Demetrius wird wiederum von Helena (Leslie Heylmann) verfolgt, die in diesen verliebt ist. Elfenkönig Oberon bekommt das alles mit und beauftragt Puck damit Demetrius mit einer Blume zu verzaubern, damit dieser sich in Helena verliebt. Doch anstelle von Demetrius trifft Puck Lysander, der nun zu Hermias Leidwesen nur noch Augen für Helena hat. Ein riesiges Liebeschaos beginnt, das choreografisch sehr charmant dargestellt wird.

    Die Handwerkergruppe in »Ein Sommernachtstraum« © Kiran West

    Ab und zu zieht auch noch eine Gruppe von Männern mit einer Drehorgel durch den Wald, die zu Ehren von Hippolytas und Theseus Hochzeit ein Theaterstück aufführen wollen und im Wald einen Platz zum Proben suchen. Aus Spaß verwandelt Puck den Kopf von dem Anführer der Gruppe Zettel (Marc Jubete) in den eines Esels und Titania verliebt sich, ebenfalls durch Pucks Zauberblume, in diesen.

    Auch wenn der Titel des Stücks nach einem Traum verlauten lässt, ist die Handlung alles andere als einschläfernd! Enden tut das Stück mit einer riesigen Hochzeit, die durch wunderschöne Tänze, dem Grand Pas de deux von Hippolyta und Theseus und dem humorvollen Stück von Zettel und seiner Handwerkergruppe zum wahren Spektakel wird.

    Alles in allem ist die Inszenierung einfach ein (Sommernachts-) Traum! Meiner Meinung nach wird Shakespeares Komödie sehr liebevoll und mit viel Witz und Charme in Szene umgesetzt. Es lohnt sich also auf jeden Fall nicht nur für Shakespeare- und Ballettliebhaber sich von diesem Stück verzaubern zu lassen!

    Paula Wegner, 22 Jahre

    Ich bin Elise, 11 Jahre alt. Ich habe mir das Ballettstück »Ein Sommernachtstraum« angesehen und das ist meine Meinung dazu:

    Am Anfang war es etwas schwierig der Handlung zu folgen, weil die wichtigen Szenen oft gleichzeitig oder ganz schnell hintereinander stattfanden. Der Traum und die Wirklichkeit waren gut voneinander zu unterscheiden, gingen aber auch gut ineinander über. Am Ende wurde es etwas schleppend, da sich circa 40 Minuten nur um die Hochzeit drehten. Trotz dieser Kritik würde ich mir das Ballettstück auch noch einmal ansehen, weil es viel zu sehen und hören gibt.

    Das Ensemble als Feen und Elfen in »Ein Sommernachtstraum« © Kiran West

    Um auf das Hören zurückzukommen: das Orchester, das vor der Bühne im Graben spielte, hörte sich toll an. Die Musik passte perfekt zu der jeweiligen Stelle und weckte immer die gefragte Emotion. Das »Sehen« war auf die Tänzer, die eine tolle Leistung gebracht haben, zurückzuführen. Was mich am meisten beeindruckte: Die Kostüme und die Bühnenbilder, die fantastisch zu der jeweiligen Stelle passten. Immer wieder habe ich mich gefragt, wann die Tänzer den Baum u.a. weggeschoben haben, weil die ganze Zeit etwas passiert ist und man das gar nicht mitgekriegt hat. Außerdem kam mir die Bühne riesig vor, weil sie nicht zu vollgestellt war. Ich war überrascht, dass die Tänzerinnen und Tänzer in solchen Kleidern, besonders dem mit der langen Schleppe, tanzen konnten und es hat mir sehr viel Spaß gemacht dieses Ballett zu sehen. Wie schon gesagt, ich würde das Ballett gerne noch einmal erleben, um alles zu sehen und zu verstehen und vor allem aus Spaß. Ein großes Lob an die Tänzerinnen und Tänzer und an die Organisatoren und Macher dieses Stückes. Danke, dass ich das hier schreiben konnte!

    Elise Weber, 11 Jahre

    Die Neugier hat mich hierhergeführt.

    Es ist mein erstes Mal im Ballett überhaupt und dann gleich zu so einem Hochkaräter. »Ein Sommernachtstraum« kenne ich sehr gut, ich habe selbst schon Lysander im Theater gespielt und weiß, wie verwirrend dieses Stück von Shakespeare sein kann.

    Ich hoffe, dass ich dem Stück gut folgen kann, auch ohne den Gebrauch von Sprache. Auf der Bühne passiert viel zur selben Zeit und ich habe anfangs Orientierungsschwierigkeiten und versuche zu verstehen, wo die wirkliche Handlung stattfindet. Mit meinen Augen probiere ich überall gleichzeitig zu sein; was mich anfangs irritiert, wird zunehmend verständlicher, ich lasse es einfach auf mich wirken. Die beeindruckenden Tanzszenen kann ich noch nicht selbst erkennen, sondern merke es erst in dem Moment, wo die Fotografen wie verrückt auf den Abzug drücken und das Klackern der Kameras von allen Seiten kommt. Ich sitze mittendrin.

    Alina Cojocaru und Christopher Evans als Titania und Oberon © Kiran West

    Dennoch merke ich, wie viel ich wiedererkenne und verstehe. Es sind wirklich beeindruckende Szenen, die sich da abspielen; vor allem die Szenen von Oberon, Titania und dem frechen Puck. Sie haben etwas Mystisches im Vergleich zu den pompösen Szenen der anderen Akteure. Eine ganz andere Facette der Inszenierung sind die Handwerker, die es schaffen dem Ballett auch etwas Witziges zu verleihen. Nach dem langen und großartigen Finale bin ich sprachlos und weiß nicht so recht, was ich darüber sagen soll. Es wirkt ein bisschen so, als hätte ich drei ganz unterschiedliche Arten von Ballett gesehen, die aber am Ende in der Hochzeitsszene zusammengeführt werden.

    Es hat mich überrascht, wie man Shakespeare auch ohne seine beeindruckenden Texte auf die Bühne bringen und wie viel allein der Tanz an Emotionen und auch an Handlung rüberbringen kann.  Das Ballett im Allgemeinen wird es nicht schaffen den Platz des Theaters in meinem Herzen einzunehmen, aber die vielen Inszenierungen von John Neumeier, die ihren Ursprung bei Shakespeare haben, haben mein Interesse geweckt und es wird nicht mein letzter Besuch im Ballett gewesen sein!

    Ole Feldvoss, 20 Jahre

  • Steckbrief: Giorgia Giani

    Steckbrief: Giorgia Giani

    Im »Steckbrief« stellen sich unsere Tänzerinnen und Tänzer vor, hier kommt Giorgia Giani.

    Name: Giorgia Giani
    Geburtsdatum und -ort: 15.12.1994 in Mailand, Italien
    Engagement: Hamburg Ballett seit 2016. Bundesjugendballett 2014-2016

    Lieblingsfarbe: Im Sommer Rot, im Winter Schwarz.
    Lieblingsfilm: »Crazy, Stupid, Love«
    Lieblingssong: »Can’t Help Falling In Love« von Elvis Presley

    Wenn ich keine Tänzerin wäre, wäre ich …
    … wahrscheinlich Tierärztin, wenn ich gut mit Blut könnte. Oder ich wäre Fashion Designerin, Polizistin, Psychologin oder Schauspielerin.

    Giorgia Giani mit Marc Jubete und Lizhong Wang in »Tod in Venedig« (Ballett-Werkstatt »Debüt« 2020) © Kiran West

    Welche ist deine schönste Erinnerung mit dem Hamburg Ballett?
    Ich habe viele schöne Erinnerungen! Meine Premiere als Marie in »Der Nussknacker« war auf jeden Fall einer der wichtigsten und schönsten Momente für mich mit dem Hamburg Ballett.
    Tourneen machen immer Spaß. Ich liebe es, mit der Compagnie zu reisen und auf den schönsten Bühnen der Welt tanzen zu dürfen.

    Giorgia Giani als Marie in »Der Nussknacker«, hier mit Matias Oberlin als Günther © Kiran West

    Du interpretierst regelmäßig Marie in »Der Nussknacker«. Inwiefern spiegelt sich deine eigene Leidenschaft für Ballett in Maries Faszination für die Welt des Theaters wieder?
    Ich liebe es zu tanzen. Wie Marie habe ich mit Ballett angefangen, als ich ein kleines Kind war. Seit dem ersten Moment habe ich mich verliebt. Ich erinnere mich an das erste Mal, als ich ins Theater gegangen bin um »Giselle« zu sehen. Ich war so fasziniert! Ich war erst neun Jahre alt, aber ich wusste schon, dass Ballett das ist, was ich für mein Leben wollte.

    Dies oder Das …

    Comedy oder Drama?
    Comedy.

    Bücher oder Filme?
    Filme.

    Zuhören oder Sprechen?
    Sprechen.

    Früher Vogel oder Nachteule?
    Ich würde sagen, ich bin eher so eine 10-22 Uhr Person 😀

    Sommer oder Winter?
    Sommer.

    Berge oder Meer?
    Meer.

    Familie oder Freunde?
    Familie!

    Tee oder Kaffee?
    Tee.

    Kochen oder Bestellen?
    Bestellen.

    Alster oder Elbe?
    Alster(haus)

    Lisa Zillessen

  • Steckbrief: Nicolas Gläsmann

    Steckbrief: Nicolas Gläsmann

    Im »Steckbrief« stellen sich unsere Tänzerinnen und Tänzer vor, hier kommt Nicolas Gläsmann.

    Name: Nicolas Gläsmann
    Geburtsdatum und –ort: 03.08.1993 in Düsseldorf, Deutschland
    Engagement: Hamburg Ballett seit 2015, Bundesjugendballett 2013-2015

    Lieblingsfarbe: Blau
    Lieblingsfilm: »Catch Me If You Can«
    Lieblingssong: »Ain’t no Grave« von Johnny Cash

    Wenn ich kein Tänzer wäre, wäre ich …
    … ein Sportler oder würde gemeinsam mit Greenpeace Tieren helfen.

    Nicolas Gläsmann, Aleix Martínez und Matias Oberlin in »Beethoven-Projekt« © Kiran West

    Welche ist deine schönste Erinnerung mit dem Hamburg Ballett?
    Meine schönste Erinnerung mit dem Hamburg Ballett ist die Uraufführung von »Ghost Light«.

    Nicolas Gläsmann und Madoka Sugai in »Ghost Light« © Kiran West

    Was macht dich zu einem guten Tanzpartner?
    Wenn ich mit meiner Partnerin tanze, dann versuche ich, dass unsere Bewegungen zu einem werden und durch viele Proben zu verstehen, was meine Partnerin wann braucht.

    Dies oder Das …

    Comedy oder Drama?
    Comedy.

    Bücher oder Filme?
    Filme.

    Zuhören oder Sprechen?
    Zuhören.

    Früher Vogel oder Nachteule?
    Früher Vogel, oder eigentlich etwas zwischen beiden.

    Sommer oder Winter?
    Sommer.

    Berge oder Meer?
    Meer.

    Familie oder Freunde?
    Familie.

    Tee oder Kaffee?
    Kaffee.

    Kochen oder Bestellen?
    Kochen.

    Alster oder Elbe?
    Elbe.

    Lisa Zillessen

  • Auf Tour in China II

    Auf Tour in China II

    Das Hamburg Ballett gastiert zum vierten Mal beim Hong Kong Arts Festival und bringt drei große Ballettproduktionen auf die Bühne: »Der Nussknacker«, »Beethoven-Projekt« und das Galaprogramm »The World of John Neumeier«. Von der zweiten Woche in Hongkong und den ersten Vorstellungen des Balletts »Beethoven-Projekt« außerhalb Hamburgs berichtet Nicolas Hartmann, Assistent der Ballettbetriebsdirektion:

    Unsere zweite Produktion, die wir im Rahmen des Hongkong Arts Festival zeigen, ist das Ballett »Beethoven-Projekt«. John Neumeiers jüngste Ballettkreation wird zum ersten Mal außerhalb Hamburgs gezeigt! Nach unserer ausverkauften Vorstellungsserie von »Der Nussknacker« sind auch die Aufführungen dieses Programms mit Kammermusikstücken – ein Satz aus dem Geistertrio und ein Streichquartettsatz, vier Sätzen aus den »Geschöpfen des Prometheus« und der »Eroica« Sinfonie – sehr gut besucht. Auch mit diesem jüngsten Werk John Neumeiers können wir in Hongkong einen großen Erfolg verbuchen. Für das »Beethoven-Projekt« ist unser Solo-Pianist Michal Bialk angereist, der uns später weiter nach Peking begleiten wird. Unser Erster Dirigent für Ballett, Simon Hewett, leitet die Abende musikalisch.

    Szene aus »Beethoven-Projekt« © Kiran West

    In einem »Pre-Performance Talk« gibt unser Pressesprecher Jörn Rieckhoff eine Einführung in das Ballett. Es kommen viele Nachfragen von den Gästen. Schön zu sehen, wie interessiert unser Publikum ist! Eine weitere Zusatzveranstaltung in Hongkong ist »The Artist Salon«: Am Donnerstag sprach Emma Liu, Radiomoderatorin bei RTHK Radio 4, im wunderschönen Lanson Place Hotel mit John Neumeier eine Stunde lang über seine Sammlung und Stiftung, über seine Herangehensweise bei der Kreation von neuen Balletten und über das »Beethoven-Projekt«.

    Nachdem wir einige kleine Krankheitsausfälle am Anfang der Tournee hatten, sind alle wieder fit. Zwei unserer Tänzer, Sara Ezzel und Matias Oberlin, sind nach Toronto zum Erik Bruhn Preis eingeladen worden und verlassen uns für ein paar Tage. Sie tanzen das Grand Pas de deux aus John Neumeiers »Der Nussknacker« und zeigen außerdem eine neue Choreografie des ehemaligen Tänzers aus dem Bundesjugendballett, Kristian Lever. Das Stück von Kristian Lever mit dem Titel »An intimate distance« gewinnt schließlich den choreografischen Preis des Wettbewerbs – ein toller Erfolg!

    Szene aus »The World of John Neumeier« © Kiran West

    Den Abschluss unseres Gastspiels in Hongkong bilden zwei Vorstellungen der Ballettgala »The World of John Neumeier«: ein besonderes Programm mit vielen Ausschnitten aus einigen der wichtigsten Ballette John Neumeiers, speziell von unserem Chef wie eine Art Retrospektive zusammengestellt. Dieses Mal ist es ganz besonders aufregend, da John Neumeier die Gala live moderiert. Dadurch gewinnt der Abend noch mehr an Emotionalität.

    Am Sonntagmorgen gibt unsere Ballettmeisterin Laura Cazzaniga ein letztes Ballett-Training für fortgeschrittene Amateure im Rahmen des Zusatzprogramms vom Hongkong Arts Festival. Ein sehr talentiertes Mädchen aus dieser Gruppe wird an der Aufnahmeprüfung der Ballettschule des Hamburg Ballett teilnehmen – wir sind gespannt, ob wir sie in unserer Ballettschule wiedersehen.

    Gruppenfoto mit Laura Cazzaniga und den Ballett-SchülerInnen

    Wir haben uns sehr gut aufgehoben gefühlt beim Hongkong Arts Festival. Wir wurden von einem sehr professionellen und herzlichen Team betreut – und die Atmosphäre der Stadt ist einfach beeindruckend: Jeden Abend gibt es eine Licht- und Lasershow von allen Hochhäusern in Hongkong City. Druch unsere Vorstellungen bekommen wir die Shows meist nur durch Zufall mit oder verpassen sie natürlich an einigen Abenden ganz. Aber der Blick vom Theater über das Wasser nach Hongkong Central ist überwältigend. Viele Touristen kommen extra mit einer Fähre rüber, um das Spektakel von unserer Seite zu sehen.

    Skyline mit Lichtershow © Kiran West

    Wir haben außerdem erlebt, dass Hongkong eine sehr große, aufgeschlossene und interessierte Expats-Gemeinde hat, in der man durchaus auf bekannte Gesichter treffen kann. So haben unser Pressesprecher Jörn Rieckhoff und ich zufällig eine gemeinsame alte Bekannte aus unserer Heimatstadt Bremen in Hongkong getroffen, die mit ihrem Mann eine unserer Vorstellungen besuchte. Wie klein die Welt doch sein kann!

    Das Festival endet nun offiziell nach unserer letzten »Gala«-Vorstellung. Für uns heißt es: Auf nach Peking – die dritte Woche unserer China-Tour beginnt!

    Nicolas Hartmann

  • Bei einer Probe von »Brahms/Balanchine«

    Bei einer Probe von »Brahms/Balanchine«

    Zwei Klassen der Erika Klütz Schule für Tanzpädagogik besuchten in dieser Woche Bühnenproben zur Premiere des Ballettabends »Brahms/Balanchine«. Geprobt wurde der erste Teil des Abends, Balanchines Choreografie »Liebeslieder Walzer«. Für unseren Blog haben Lucia und Linn ihre Eindrücke aufgeschrieben.

    Am Donnerstag hatten wir als Schülerinnen und Schüler der Erika Klütz Schule das Glück, bei einer Bühnenprobe des Hamburg Ballett in der Hamburgischen Staatsoper zugucken zu dürfen. Geprobt wurde der erste Teil aus dem Ballettabend »Brahms/Balanchine«, der aus zwei Choreografien George Balanchines besteht und zur Musik von Johannes Brahms am kommenden Sonntag erstmalig in Hamburg aufgeführt wird.

    Als wir den großen, leeren Saal der Staatsoper betraten, hatte die Probe noch nicht begonnen. Bühnentechniker in Turnschuhen und schwarzen Jeans liefen über die Bühne, das Bühnenbild wurde gerade aufgebaut und auch der schwarze Behang der Bühnenwand war noch nicht heruntergelassen. Man konnte deshalb tief in die Bühne hineingucken, deren hinterer Teil aussah wie ein Baumarktlager mit vielen Brettern, Eisenstangen und sogar kleinen Fahrzeugen.

    Auch kam es mir komisch vor, dass Menschen in Straßenkleidung einfach auf der Bühne herumstanden, sich unterhielten und herumliefen, ohne sich dabei dem Zuschauerraum zuzuwenden. Denn eine Bühne, vor allem die einer Oper, hatte ich bisher nur als öffentlichen, besonderen Ort gesehen, auf der es keinen Raum für Alltägliches, Uneinstudiertes und Beilläufiges gibt.

    Es war toll, Edvin Revazov, den ich schon zwei Mal auf der Bühne tanzen gesehen habe, zuzusehen, wie er sich ganz privat am Bühnenrand aufwärmt. Eine Pianistin spielt sich ein, dann kommt ein zweiter Pianist dazu und sie spielen gemeinsam, vollkommen synchron, hören jedoch auch gleich wieder auf. Plötzlich kommt eine Ballerina in ungebundenen Spitzenschuhen, deren Bänder lose auf dem Boden schleifen, über die Bühne gelaufen. Immer mehr bekannte Ballettgesichter tauchen auf wie zum Beispiel Carsten Jung. Auch zwei Sängerinnen und zwei Sänger, ebenfalls in privater Kleidung, stellen sich auf, der Vorhang schließt und öffnet sich, die Probe beginnt.

    Silvia Azzoni und Alexandre Riabko proben ihr Pas des deux © Kiran West

    Auf einmal sind die Tänzerinnen und Tänzer nicht mehr privat, sondern tanzen auf der Bühne so, als ginge es dabei nicht um das Einstudieren eines Stückes in Abstimmung mit der musikalischen Begleitung, sondern als wäre dies nun schon die eigentliche Aufführung. Sie wirken vollkommen eingenommen von ihrem Tanz und Schauspiel, drücken Freude, Leid oder Ernsthaftigkeit durch ihre Mimik aus und nichts an ihren Bewegungen und ihrem Ausdruck verrät, dass sie »lediglich« bei einer Probe sind. Dennoch brechen Tanz, Musik und Schauspiel manchmal nach mehreren Minuten oder schon nach einigen Sekunden schlagartig ab, wenn die Stimme eines Ballettmeisters auf Englisch, verstärkt durch ein Mikrofon, unterbricht und Korrekturen gibt.

    Bei den meisten Korrekturen ging es um die Abstimmung der musikalischen Begleitung auf den Tanz und umgekehrt. Besonders Sänger und Pianisten wurden oft unterbrochen und mussten sich in ihrem Tempo der Choreografie anpassen. Die Konzentration, Professionalität und die Genauigkeit aller Teilnehmer der Probe, bei der ich für 90 Minuten zuschauen durfte, hat mich besonders beeindruckt. Nach genau 90 Minuten wurde die Probe schlagartig beendet, der Vorhang fiel ohne Beifall und alle Beteiligten gingen geschäftig davon, um zur nächsten Tagesordnung überzugehen. Als wäre der eben gezeigte Tanz, Gesang und die Musik, die mich alle so beeindruckt haben, etwas ganz Selbstverständliches.

    Bericht vom 6. Dezember 2018 von Lucia, Schülerin der 2. Ausbildungsklasse der Erika Klütz Schule, staatlich anerkannte Berufsfachschule für Tanzpädagogik.

    Sara Ezzell und Matias Oberlin feilen an ihrem Pas de deux © Kiran West

    Als wir am Donnerstag den 1. Rang der Staatsoper betraten, fiel mir als erstes die Größe der Bühne auf. Bei vorigen Besuchen der Oper habe ich nie hinter die Kulissen sehen können, aber nun sah ich, dass die Bühne zweimal so groß ist als nur der Teil, den man als Zuschauer sieht. Überall liefen Bühnenarbeiter herum und bauten das Bühnenbild auf, welches aus drei großen Flügeltüren und ein paar kleinen Sofas und gepolsterten Stühlen bestand. Während noch an der Aufhängung der Türen getüftelt wurde, betrat der erste Tänzer die Bühne und machte sich warm. Er führte an einem Seitenteil der Bühne ein schnelles Exercise durch. Dabei sah er sehr entspannt aus und machte alles in Ruhe. Als das Bühnenbild gerade stand, huschte die erste Tänzerin in Trainingskleidung über die Bühne. Die Pianistin und der Pianist sowie das Gesangsquartett fanden sich am Flügel zusammen. Nun schien alles bereit und nachdem alle Beteiligten ein gemeinsames Foto machten, ging es los.

    Die Ballettmeister zogen sich in das Parkett zurück, um die Probe gut inspizieren zu können. Die Tänzerinnen zogen sich schnell ihre Röcke an und die Sänger zückten ihre Noten. Der Vorhand ging zu und ich sah noch schnell die Tänzer auf ihre Positionen schreiten. Die Musik begann, der Vorhang ging auf und die Tänzer tanzten Wienerwalzer. Sofort kam man sich vor wie bei einer echten Aufführung. Mir fiel auf, dass die Tänzer und Tänzerinnen in der ersten Hälfte nicht in Ballettschläppchen und Spitzenschuhen tanzten, sondern in Absatzschuhen, was ich sehr ungewohnt fand. Obwohl Kostüme und die richtige Beleuchtung fehlten, war man wie verzaubert und konnte nur noch die schwungvollen, eleganten Bewegungen der Tanzpaare ansehen. Ich war durch das simple Bühnenbild und die Musik sofort in einen edlen Ballsaal aus einer anderen Zeit versetzt.

    Silvia Azzoni trägt besondere Absatzschuhe, sie probt mit Alexandre Riabko © Kiran West

    Insgesamt waren es acht Tänzerinnen und Tänzer, also vier Paare. Die Tänzer tanzten abwechselnd alle zusammen, zu zweit, zu dritt und seltener zu viert. Ich unterscheide sie im Folgenden anhand der Farbe der Trikots und Röcke der Damen: Es gab das Paar mit der Tänzerin im grünlichen Rock. Dieses Paar fiel mir von Anfang an am meisten auf, da der Tänzer so jung aussah und die Tänzerin eine melancholische Rolle darzustellen schien. Bei ihrer Art zu tanzen musste ich an russische Folklore aus unserem Unterricht denken, weil die Tänzerin so traurig und melancholisch wirkte. Mir kam in den Kopf, dass sie ihren Rollenpartner vielleicht mag, ihn aber nicht wirklich liebt. Oder dass sie sich zu ihm hingezogen fühlt, aber nicht mit ihm zusammen sein darf. Er war sehr zuvorkommend und lieb, doch sie wies ihn hin und wieder ab. Am Ende ihres ersten Pas de deux kniet er vor ihr nieder und sie legt ihm die Hand zärtlich aufs Haar. Diese Bewegung ist mir besonders aufgefallen und hat in mir wieder das Gefühl ausgelöst, dass dieses Paar noch jung ist und miteinander sehr vorsichtig umgeht.

    Teil des nächsten Paars war eine Tänzerin im pinken Rock. Sie wirkte sehr selbstbewusst, genau wie ihr Partner, doch hatte ich das Gefühl, dass sie ein wenig kess mit ihm spielte, weil sie oft wegging und sich von ihm bitten ließ, als wäre sie eine kleine Prinzessin. Er war sich dessen bewusst, konnte ihr aber nicht widerstehen. Sie war auch die erste Tänzerin, die mit zwei Männern tanzte und dem anderen Mann hinterher guckte, dann aber doch mit ihrem Partner ging. Meiner Meinung nach hatten sie im zweiten Teil eines der schönsten und zärtlichsten Pas de deux des Stücks.

    Die Tänzerin des dritten Paars trug ein violettes Oberteil, sie und ihr Partner tanzten innig, aber ausgelassener. Sie tanzten wie frisch verliebt. Im Laufe des Stücks hatten sie einen Streit wie mir schien, weil sie jeweils kurz alleine getanzt haben, als hätten sie ein Wortgefecht. Am Ende des Liedes rannte sie ohne ihn von der Bühne, als ob sie verletzt wäre. Bei diesem letzten Paar war auffällig, dass beide temperamentvoll waren und sie mir reifer vorkamen. Sie tanzten manchmal auch ungefasst oder alleine, doch fand ich das sehr harmonisch und trotzdem beieinander. Sie vertrauten sich und spielten trotzdem ein wenig miteinander. Auch als die Tänzerin mit zwei Männern tanzet, hatte ich das Gefühl, dass er ihr vertraute, nicht so wie der Partner der Dame im pinken Rock.

    Patricia Friza und Carsten Jung bei einer Probe von »Liebeslieder Walzer« © Kiran West

    Mir gefiel an der Probe, dass man einmal sehen konnte, wie die Bühne ohne Bühnenbild aussieht und wie schnell die Tänzer bei einer Unterbrechung durch die Regie aus- und genauso schnell wieder in die Rolle wechselten. Das Stück hatte zwar keine offensichtliche Handlung, doch war die Choreografie so raffiniert, dass sehr schöne Bilder und Linien zu sehen waren, besonders als alle acht Tänzer zusammen tanzten. Auch ohne Handlung waren viele Gefühle durch große Sprünge sowie kleine Gesten, Blicke und Neigungen des Kopfes zu erkennen.
    Ich habe hier berichtet, was ich persönlich gesehen und gefühlt habe beim Zuschauen, und möchte mich im Namen der Schüler für diese Gelegenheit bedanken, bei den Profis zugucken zu können.

    Bericht vom 6. Dezember 2018 von Linn, Schülerin der 2. Ausbildungsklasse der Erika Klütz Schule, staatlich anerkannte Berufsfachschule für Tanzpädagogik. Hier geht es zum Bericht des zweiten Probenbesuchs.